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Private Banking
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Market View & Insights
Wer in Aktien und Anleihen anlegt, steht wegen der Marktvolatilität (und der Inflation) vor einem Dilemma: Wo finden sich solide langfristige Renditen und wie kann das Portfolio stabil gehalten werden?
In jüngster Zeit war es schwierig, auf den Anlagemärkten den Überblick zu behalten. Selbst bei einem langen Anlagehorizont sorgte die Volatilität an den Aktien- und Anleihenmärkten für Druck bei den Anlegern. Die Inflation schmälert die Renditen von traditionell sicheren Anlageinstrumenten wie Anleihen. Für die Anleger stellt sich daher die Frage, wo sie vernünftige Renditen und einen gewissen Schutz vor den Unwägbarkeiten der Märkte finden können. Die Antwort ist rasch gefunden: An den privaten Aktien- und Anleihenmärkten. Sie sind rasant gewachsen - und der Zugang zu diesen Anlageklassen ist inzwischen deutlich demokratischer als früher. Wer nach Diversifikationsmöglichkeiten sucht, kann private Kreditinstrumente analog zu Anleihen als "Stossdämpfer" einsetzen und hat zudem Aussicht auf langfristig attraktive Renditen.
Anleihen, die nicht an einem öffentlichen Markt gehandelt werden, werden auch als Privatkredite (Private Debt) bezeichnet und stellen Kapital für Unternehmen in Privatbesitz bereit. Die meisten Unternehmen finanzieren ihren Betrieb und ihr Wachstum unter anderem über Fremdkapital. Dieses Fremdkapital kann durch die Ausgabe von Anleihen oder durch Bankkredite beschafft werden, allerdings ist der Zugang zu diesen Kapitalquellen in den letzten Jahren schwieriger geworden. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) sind privat begebene Schuldtitel daher zu einer wichtigen Finanzierungsquelle geworden - und somit auch zu einer wachsenden Anlageklasse für Investoren.
Es ist am besten, Private Debt als eine Untergruppe der Kredit- und Anleihenanlageklasse zu verstehen. Denn private Schuldverschreibungen sind den traditionellen Unternehmensanleihen, die an den öffentlichen Märkten gehandelt werden, sehr ähnlich. Jede Anleihe ist ein Darlehen, zu dessen Rückzahlung sich die Kreditnehmerin oder der Kreditnehmer am Ende eines bestimmten Zeitraums verpflichtet. In der Regel wird dabei eine jährliche oder halbjährliche "Kupon"-Zahlung an die Inhaberin oder den Inhaber der Anleihe zu einem vereinbarten Zinssatz fällig.
Die Illiquiditätsprämie des Private-Debt-Markts ist zwar gesunken, aber nach wie vor positiv.
Private-Debt-Anlagen lassen sich zur Diversifikation von Private Equity oder traditionellen Portfolioallokationen wie festverzinslichen Anlagen einsetzen. Da die Renditen von Private Debt nicht oder kaum mit den Marktbewegungen öffentlich gehandelter Anleihen korrelieren, bieten sie eine potenzielle Quelle der Portfoliodiversifizierung und -stabilität. Gleichzeitig kann Private Debt eine gute eigenständige Allokation in einem Portfolio sein, da die verschiedenen Strategien ein breiteres Spektrum an Risiken und Renditen bieten als einige andere nicht-öffentlich gehandelte Anlageklassen.
Private-Debt-Anlagen zeichnen sich auch durch eine Illiquiditätsprämie aus. Da diese Instrumente nicht öffentlich gehandelt werden, gibt es möglicherweise keinen Sekundärmarkt. Dies wiederum bedeutet, dass Private-Debt-Instrumente bis zur Fälligkeit gehalten werden sollten - was mit einem Renditeaufschlag, der sogenannten Prämie, abgegolten wird. Stephanie Meili, Senior Private Markets Advisor EMEA bei LGT Private Banking, sagt: "Auch wenn die Illiquiditätsprämie des Private-Debt-Markts im Vergleich zu anderen historischen Zeiträumen gesunken ist, ist sie nach wie vor positiv."
Anders als bei zahlreichen Bankkrediten oder auch den meisten öffentlichen Anleihen handelt es sich bei Private Debt um eine zwischen der Gläubigerin bzw. dem Gläubiger und der Schuldnerin bzw. dem Schuldner individuell vereinbarte Transaktion. So lassen sich die Bedürfnisse beider Seiten präziser abdecken, etwa in Hinblick auf die Preisgestaltung, die Bedingungen und die Sicherheiten. Dies bietet auch die Möglichkeit, wirksame Absicherungen vor Verlusten einzubauen. Entscheidend ist, dass diese Anpassungen der Bedingungen zu niedrigeren Ausfall- und höheren Rückzahlungsquoten führen.
"Private Kreditgeberinnen und Kreditgeber sind oft viel näher an den Managementteams des Kreditnehmers dran", erklärt Meili. "Die Parteien sind wesentlich aktiver in den Prozess eingebunden. Bei Bedarf kann daher die Struktur des Darlehens auch während der gesamten Laufzeit angepasst werden, um sicherzustellen, dass die Schuldnerin bzw. der Schuldner den Verpflichtungen nachkommen kann." An den öffentlichen Märkten sucht man eine derartige Flexibilität vergebens: Eine hochverzinsliche Anleihe kann in den Händen Hunderter Anlegerinnen und Anleger sein, sodass sich nachträgliche Anpassungen schwierig gestalten.
Private Kredite bieten den Anlegern mit ihrem Ethos des "Haltens bis zur Fälligkeit" ein Mass an Stabilität, das bei öffentlich gehaltenen festverzinslichen Anlagen nur schwer zu finden ist. Da Private Debt-Anlagen in der Regel nicht verkauft werden, ist die Anlageklasse vor der Art von technischem Verkaufsdruck geschützt, der in Abwärtsmärkten bei traditionelleren, öffentlich gehandelten Anlagen typisch ist. "Liquiditätsengpässe in öffentlichen Märkten führen dazu, dass es im unpassenden Moment zu einer Abkoppelung der Preise von den Fundamentaldaten kommt", erklärt Stephanie Meili. "Dies verwässert einige der wichtigsten Vorteile von festverzinslichen Wertpapieren, nämlich den Erhalt der Liquidität."
Der private Kreditmarkt verdankt sein schnelles Wachstum den Veränderungen auf den Kapitalmärkten seit der globalen Finanzkrise. Strengere Kapital- und Regulierungsanforderungen bedeuten, dass die Banken weniger Appetit auf die traditionelle Kreditvergabe haben, und die öffentlichen Anleihemärkte konzentrieren sich auf grössere Unternehmen. Nach Angaben von Preqin, einem globalen Research-Unternehmen, das Daten zu alternativen Anlagen bereitstellt, haben Anleger rund 1,5 Billionen US-Dollar in private Kreditmärkte weltweit investiert. Damit hat sich das Volumen seit 2007 versiebenfacht. Diese Angaben beziehen sich auf unterschiedliche Private-Debt-Anlagen mit verschiedenen Risikostufen, angefangen bei Venture Capital über sogenannte Special Situations und notleidende Kredite bis hin zu Mezzanine-Instrumenten und direkten Darlehen.
Das Wachstum des Private-Debt-Segments spiegelt das Wachstum und die zunehmende Komplexität der Private-Equity- und Mergers&Acquisitions-Märkte wider. Zum Vergleich: Laut Preqin verfügen Private-Equity-Sponsorinnen und -Sponsoren über nahezu USD 2,5 Billionen, die angelegt werden sollen. Viele Anlagemöglichkeiten werden nicht ohne private Kreditlinien genutzt werden können.
Private Debt wird am häufigsten von mittelständischen Unternehmen in den USA in Anspruch genommen, entwickelt sich aber auch in Europa, wo es viele mittelständische Unternehmen gibt, zu einem bevorzugten Finanzierungsinstrument. Auch in Asien gewinnt Private Debt an Bedeutung.
Wer sich mit Private-Equity-Anlagen auskennt, wird feststellen, dass Private-Debt-Anlagen ähnlich aufgebaut sind wie geschlossene Private Equity Anlagen, allerdings sind die Laufzeiten kürzer, es erfolgen somit raschere Rückzahlungen. Die Investoren stellen in der Regel zu Beginn Gelder zur Verfügung, die dann von den Kreditmanagern, den sogenannten Sponsoren, in den ersten Jahren abgerufen werden (oft vier Jahre bei privaten Krediten im Gegensatz zu sieben bis zehn Jahren bei privatem Beteiligungskapital (Private Equity)). Die Ausschüttungen von Privatkredit-Investitionen beginnen oft innerhalb von drei bis vier Jahren, da die Investition eine Vielzahl von kurz- und mittelfristigen Wertpapieren umfasst. Bei Private-Equity-Engagements beginnen substanzielle Ausschüttungen oft erst in den Jahren fünf bis sieben und setzen sich in den Jahren zehn bis 12 fort.
Jede Anlage birgt ein Risiko, und Privatkredite bilden da keine Ausnahme, so dass sie nur für erfahrene, professionelle Anlegerinnen und Anleger geeignet sind. Private Kreditfinanzierungen werden in der Regel von kleinen und mittleren Unternehmen in Anspruch genommen, die häufig ein schlechteres Rating als "investment grade" haben, so dass ein gewisses Risiko besteht, Kapital zu verlieren. Diese Risiken werden durch die enge Zusammenarbeit zwischen der Schuldnerin bzw. dem Schuldner einerseits und der Gläubigerin bzw. dem Gläubiger andererseits gemindert. Sie kann Probleme aufzeigen, bevor sie kritisch werden. Die Risiken können durch entsprechende Vertragsklauseln abgefedert werden.
Illiquidität ist sowohl eine attraktive Eigenschaft als auch ein Risiko. Illiquide Anlagen wie Private Debt erzielen häufig höhere Renditen, Anleger müssen jedoch bereit sein, diese Anlagen bis zur Fälligkeit zu halten. Aufgrund ihrer Struktur haben diese Anlagen das Potenzial für höhere Renditen, können aber auch höhere Verluste verbuchen. Dennoch können Anleger in festverzinsliche Instrumente an den privaten Kreditmärkten verschiedene Anlagemöglichkeiten, ein Mass an Stabilität und Diversifizierung finden.