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Private Banking
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Market View & Insights
Anleger engagieren sich in Unternehmen immer wieder über das Finanzielle hinaus. Nachhaltiger Dialog könnte dabei den lautstarken Konflikt früherer Tage ablösen.
"Love it or leave it": hat ein Shareholder das Gefühl, dass ein Unternehmen, in das er investiert, sein Potential nicht ausschöpft, kann er divestieren. Er kann sich aber auch aktiv dafür einsetzen, dass dieser Zustand verändert wird.
Genau darum geht es in diesem Beitrag: wie sich Anleger grundsätzlich engagieren können, um Unternehmen zu beeinflussen, positiven Wandel voranzutreiben. Neben rechtlichen Grundlagen beleuchten wir auffällige Beispiele aus der Vergangenheit und erklären aktuelle Entwicklungen im Private Banking, die auf eine bessere Mitsprache von Anlegern abzielen.
Im Lauf der Geschichte entstanden verschiedenerlei Rechtsformen für Unternehmen. Dabei wurde auch geregelt, wie die an Unternehmen Beteiligten Einfluss nehmen können. Aktionäre in der Schweiz verfügen heute zum Beispiel über eine Reihe von Vermögens- und Mitgliedschaftsrechten, die sie gegenüber einer Aktiengesellschaft geltend machen können.
Anleger, die dem Unternehmens-Management vertrauen und sich von deren Geschäftspolitik einen finanziellen Gewinn erhoffen, werden sich besonders für Vermögensrechte interessieren. Damit kann ein Unternehmen beispielsweise die Auszahlung von Dividenden regeln.
Investoren, die dem bestehenden Management eines Unternehmens eher skeptisch gegenüberstehen und deutliche Änderungen einfordern, werden sich eher mittels bestimmter Mitgliedschaftsrechte Einfluss verschaffen wollen.
Die Mitwirkungsrechte regeln insbesondere die Teilnahme und das Stimm- oder Antragsrecht der Aktionäre bei der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft.
Die Informations- und Kontrollrechte beinhalten nicht nur das Recht auf den Erhalt des Geschäfts- und Revisionsberichts. Es wird zum Beispiel auch geregelt, wie Aktionäre über diese Berichte hinaus Informationen über das Unternehmen erhalten bzw. einfordern können.
Die Klagerechte bestimmen unter anderem, wie Aktionäre im Konfliktfall ihre Forderungen auf dem Rechtswege einklagen können und inwiefern Unternehmen gegenüber seinen Aktionären verantwortlich ist.
Im Private Banking bleiben diese Rechte nur allzuoft blosse Theorie: "Bisher nehmen Privatanleger aber nur vereinzelt diese Rechte wahr", hat Christopher Greenwald, Head of Sustainable Investing der LGT, beobachtet.
Aktivistische Investoren wie Carl Icahn oder Nelson Peltz haben ein Vermögen damit gemacht, sich gezielt an unterbewerteten Unternehmen zu beteiligen. Nach dem Einstieg drängen sie das Management dann zu einem drastischen Kurswechsel oder versuchen Aktionäre zu überzeugen, Änderungen im Management zu verlangen. Steigt der Wert des Unternehmens in der Folge stark an, wird der Gewinn schnell realisiert.
Carl Icahn als vielleicht prominentester Vertreter aktivistischer Investoren hat sich mit diesem Vorgehen den zweifelhaften Titel des "Corporate Raider" - also Unternehmensplünderers - eingehandelt. Forbes beschreibt ihn noch heute ehrfürchtig als "Amerikas gefürchtetster Trader". Auch wenn sein Vorgehen von vielen kritisch bewertet wird, so wurden er und andere aktivistische Investoren zum Vorbild vieler heutiger Hedge Funds.
Aktivisten aus dem politischen Spektrum, zum Beispiel aus Bürgerrechtsgruppen, der Friedensbewegung oder dem Umweltschutz, entwickelten eine andere Form des aktivistischen Investierens. Auch sie stellen das Management in Frage, wenngleich aufgrund politischer, nicht monetärer Ziele. Sie hatten in den 80er Jahren erkannt, dass die Aktionärsrechte ihnen den Zugang zum Podium der Hauptversammlungen von börsennotierten Unternehmen eröffnete und sie damit Aktionäre wie auch die breite Öffentlichkeit auf ihre Anliegen aufmerksam machen konnten.
Trotz ihrer sehr unterschiedlichen Weltanschauungen verfolgen beide Lager aktivistischer Anleger einen konfrontativen Ansatz, wenn es darum geht, die Unzulänglichkeiten des Managements aufzudecken oder Änderungen im Management zu erzwingen. In den letzten Jahren haben sich jedoch konstruktivere Wege für Investoren herauskristallisiert, mit Unternehmen in Kontakt zu treten.
Das Aktionärsengagement ist gewachsen, und parallel dazu auch der Anteil nachhaltiger Investitionen. Diese Bewegung wurde von grossen institutionellen Anlegern angeführt und verfolgt einen kooperativen Ansatz, der sich darauf konzentriert, die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt, die Gesellschaft und seine Corporate Governance (Environment, Social und Governance, kurz ESG) zu verbessern und gleichzeitig seine finanzielle Leistung zu steigern.
"Beim nachhaltigen Investieren nehmen derzeit institutionelle Anleger eine Führungsrolle ein", weiss Christopher Greenwald von der LGT. Diese setzen auf einen aktiven Dialog mit den Unternehmen, in die sie investiert sind. Sie unterstützen Unternehmen auf ihrem Weg der Optimierung und Verbesserung konstruktiv - weshalb diese Art der Einflussnahme oft als Stewardship bezeichnet wird.
Sich als aktiver Eigentümer an einem Unternehmen zu beteiligen, ist ein langfristiges Unterfangen, bei dem die Verbesserung der Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens eine zentrale Rolle spielt. Um ihre Anliegen effektiver einbringen zu können, haben sich institutionelle Anleger zunehmend bemüht, ihre Anliegen durch das so genannte "Collaborative Shareholder Engagement" zu koordinieren. Um die Engagement-Aktivitäten zu skalieren, haben Investoren auch zunehmend die Stewardship-Dienste von spezialisierten Dienstleistern in Anspruch genommen, die auch die Anliegen zahlreicher Investoren bündeln. Warum also haben Privatanleger diese Formen des Engagements bisher nicht stärker genutzt? "Genau hier sehen wir eine Chance", sagt Christopher Greenwald.
"Private Anleger können damit den Impact ihrer nachhaltigen Investments weiter beschleunigen und skalieren, und deshalb arbeiten wir bei der LGT daran, das Angebot für unsere Kunden in diesem Bereich auszubauen." Dabei setzt die LGT auf Kooperation und Weiterentwicklung von Nachhaltigkeitsstandards gemeinsam mit anderen Finanzinstituten.
Seit 2022 ist sie zum Beispiel Mitglied bei Climate Action 100+. Sie ist die grösste globale Investoreninitiative zum Thema Klimawandel. Ziel ist es, die weltweit grössten Treibhausgas-Emittenten zu ermutigen, ihre Emissionen entlang der Wertschöpfungsketten zu reduzieren. Andere Massnahmen sollen Unternehmen helfen, ihre Klima-Berichterstattung zu verbessern oder ihre klimabezogenen Risiken besser zu steuern.
Ein weiterer wichtiger Baustein im gesteigerten Engagement von LGT Private Banking stellt die Zusammenarbeit mit dem Stewardship-Dienstleister Columbia Threadneedle Investments, ehemals BMO Global Asset Management (EMEA), dar. Seit der Lancierung des ersten europäischen sozialen und ökologischen Fonds im Jahr 1984 hat sich Columbia Threadneedle Investments gerade unter institutionellen Investoren einen Namen als zuverlässiger Kooperationspartner gemacht, der seit über 20 Jahren aktiv einen kontinuierlichen Dialog mit dem Management von Unternehmen zu ESG-Themen sucht.
Kundinnen und Kunden der LGT, die sich stark für nachhaltige Anlagen interessieren, haben die Möglichkeit, ihr Vermögen in die Engagement-Aktivitäten von Columbia Threadneedle Investments einzubringen. Die LGT ist eine der ersten Privatbanken in Europa, die ihren Kunden diesen Service anbietet. Wie wichtig die Zusammenarbeit für ein erfolgreiches Engagement ist, wurde kürzlich in einer akademischen Publikation aufgezeigt, die vor einigen Jahren im Rahmen einer Studie über aktives Eigentum veröffentlicht wurde.
"Für unsere Kundinnen und Kunden, die auf nachhaltiges Investieren fokussiert sind, wollen wir den Engagement Service unseres Partners Columbia Threadneedle Investments zukünftig standardmässig anbieten", so Christopher Greenwald zur Zielsetzung der Kooperation. Damit können sich die Kunden sicher sein, dass Nachhaltigkeitskriterien im systematischen Dialog mit dem Top-Management des Unternehmens thematisiert werden. Unter bestimmten Voraussetzungen, so die Pläne, soll auch die systematische Ausübung von Stimmrechten eingeführt werden. Kundinnen und Kunden, die im von der LGT neu eingeführten Fonds "Fokus Nachhaltigkeit" investiert sind, werden die neuen Möglichkeiten nutzen können und so eine neue Ära nachhaltigen Investierens im Private Banking mit vorantreiben - mit zunehmender Wichtigkeit von Stewardship.