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Market View & Insights
Die amerikanische Geschäftsfrau MacKenzie Scott spendet Milliarden. Sie setzt dabei auf eine elegante Alternative zu Stiftungen. Philanthropiefonds werden für immer mehr Anlegerinnen und Anleger interessant.
2019 liess sich MacKenzie Scott von Jeff Bezos (Amazon) scheiden. Seither hat die Multimilliardärin Meilensteine im Bereich der Philanthropie gesetzt - nicht nur durch ihren Entscheid, die ihr bei der Scheidung zugesprochenen Milliarden zu spenden, sondern auch durch die spezielle Form der Umsetzung.
Um Geld zu spenden waren Stiftungen und Trusts wie die Bill & Melinda Gates Foundation in den USA, die Trusts der Familie Sainsbury in Grossbritannien und die Oak Foundation in der Schweiz für Superreiche lange das Mittel der Wahl.
Nicht aber für MacKenzie Scott. Statt traditionelle Stiftungen nutzt sie sogenannte Donor-Advised Funds (DAFs) und hat seit 2019 auf diese Weise über 14 Milliarden US-Dollar gespendet. Mit dem Effekt, dass solche Strukturen auch bei weiteren Spenderinnen und Spendern immer populärer werden. In den USA sind DAFs seit Jahrzehnten bekannt – und umstritten.
Inzwischen fasst dieses Konzept auch in Europa und anderen Weltregionen Fuss, wobei die Bezeichnungen und rechtlichen Besonderheiten von Rechtsordnung zu Rechtsordnung variieren. Ausserhalb der USA und Grossbritanniens werden vergleichbare Strukturen zumeist als Dachstiftungen bezeichnet, so auch in der Schweiz. Hierbei handelt es sich um eine eingetragene gemeinnützige Stiftung nach dem jeweiligen Landesrecht, die als Dach für Stiftungsfonds dienen.
In ihren Grundzügen decken sich Dachstiftungen mit traditionellen Stiftungen: Spendengelder werden in eine karitative Struktur eingebracht und damit - steuerlich vorteilhaft - aus dem Vermögen der Geberinnen und Geber ausgegliedert. Die Geberin oder der Geber legt einen Zweck fest.
Zumeist handelt es sich hierbei um einen philanthropischen Zweck oder ein karitatives Projekt. Anschliessend tätigt sie oder er eine Reihe von Schenkungen an entsprechende Institutionen, Organisationen und Programme.
Die beiden Strukturen sind allerdings unterschiedlich flexibel: In zahlreichen Ländern müssen traditionelle Stiftungen eisern einen festgeschriebenen Zweck verfolgen, während sich die Fonds einer Dachstiftung leichter an veränderte Umstände anpassen lassen. Die geplante Lebensdauer von traditionellen Stiftungen umfasst zumeist mehrere Generationen.
Aber genau wie in einem Familienunternehmen haben die Nachkommen nicht selten ganz andere Prioritäten und Interessen als die ältere Generation. Ein in einer Dachstiftung angesiedelter Fonds lässt sich in solchen Fällen leichter anpassen. Die Nachkommen von Familien, die ihr philanthropisches Erbe über mehrere Generationen fortführen möchten, geniessen somit grössere Gestaltungsfreiheit und Flexibilität bei der Anpassung des karitativen Zwecks, der Laufzeit und der Bandbreite des Stiftungsfonds.
Fehlt es an Nachkommen, bieten Dachstiftungen auch eine Möglichkeit, komplexe Nachfolgefragen zu regeln. "Für eine traditionelle Stiftung lässt sich nicht immer ohne Weiteres eine Person mit gleichen oder vergleichbaren philanthropischen Interessen finden, die ihre Zeit ehrenamtlich zur Verfügung stellt", so Professor Georg von Schnurbein, Gründungsdirektor des Center for Philanthropy Studies (CEPS) der Universität Basel.
"Eine Dachstiftung bietet die Gewähr, dass die Spendengelder weiterhin nach dem Willen der Geberin oder des Gebers kontrolliert und transparent sowie aktiv verwaltet und eingesetzt werden", wie Prof. von Schnurbein ausführt. Er selbst gehört dem Stiftungsrat der Rütli Stiftung - einer Dachstiftung - an.
Die 1983 von Alan Parker, dem Duty-Free-Shopping-Magnaten, gegründete Oak Foundation ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich Familien und ihre Zielsetzungen im Lauf der Zeit weiterentwickeln können. Zusammen mit drei weiteren Stiftungen lancierte Oak im Jahr 2015 eine philanthropische Initiative, die sich Umwelt- und Gesellschaftsfragen widmet. Im Verlauf der darauffolgenden sieben Jahren schlossen sich drei weitere Stiftungen an, unter anderem der Philanthropie-Fonds von Pierre Omidyar, dem Gründer von eBay. Die Initiative trägt den Namen Partners for a New Economy und ist als Fonds der Swiss Philanthropy Foundation angegliedert, einer 2006 gegründeten Schweizer Dachstiftung.
Die Geberinnen und Geber eröffnen innerhalb einer bestehenden Dachstiftung einen Fonds. Die Dachstiftung übernimmt die administrative Arbeit des Backoffice: Sie organisiert die Stiftungsratssitzungen, erstattet Bericht an die Aufsichtsbehörden, sorgt für die finanzielle Berichterstattung und überwacht die karitativen Tätigkeiten der Stiftungsfonds. Für diese Dienstleistungen erhebt sie eine Gebühr, die im Allgemeinen kostengünstiger ist als die Errichtung und der laufende Betrieb einer Privatstiftung.
Die flexiblere Struktur eignet sich auch besser für kleinere Spenden – etwa Spenden von High Net-Worth Individuals (sehr vermögenden Menschen), denen der erforderliche Kapitalaufwand für private Stiftungen zu hoch sind. In der Schweiz wurden im Jahr 2021 365 neue Stiftungen registriert. Daten des Center for Philanthropy Studies (CEPS) zufolge nimmt auch die Anzahl der Dachstiftungen stetig zu. Die 21 im gleichen Jahr gegründeten Dachstiftungen verwalten laut dem Universitätsinstitut Kapitalien in Höhe von CHF 63 Millionen. Diese neue Stiftungsform fasse allmählich auch in der Schweiz Fuss, wobei grössere Dachstiftungen von Skaleneffekten profitierten, bestätigt von Schnurbein.
Dachstiftungen und vergleichbare Strukturen werden mittlerweile nicht nur von vermögenden Personen alimentiert: Nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im März 2020 Covid-19 zur Pandemie erklärt hatte, tat sie sich zunächst schwer mit der Organisation der Nothilfe. Die ersten rund CHF 30 Millionen Spendengelder in diesem Zusammenhang sammelte die WHO über eine Dachstiftung.
Die Vorbehalte der Geberinnen und Geber gegenüber Dachstiftungen beruhen häufig auf Befürchtungen eines Kontrollverlusts. Tatsächlich verhält es sich jedoch so, dass alle Stiftungen und somit auch Dachstiftungen von Stiftungsräten verwaltet werden. Selbst wenn eine Stiftung den Namen des Gebers oder der Geberin trägt, fällt grundsätzlich der Stiftungsrat die Entscheide. Sobald eine Geberin oder ein Geber Mittel steuerwirksam in eine karitative Struktur eingebracht hat, erfolgt ein gewisser Kontrollverlust – unabhängig von dem von ihr oder ihm gewählten Spendenkanal.
In den USA stehen DAFs in der Kritik, da sie in gewissen Fällen Mittel entgegengenommen haben, ohne diese zeitnah für philanthropische Zwecke einzusetzen. In der Schweiz und in zahlreichen weiteren Ländern bestehen Vorschriften, nach denen Dachstiftungen eine gewisse Aktivität vorweisen müssen und somit eingenommenen Spenden weiterzuleiten haben. Zudem unterstehen diese Stiftungen einer Aufsichtsbehörde. So hat beispielsweise die Swiss Philanthropy Foundation seit ihrer Errichtung im Jahr 2006 CHF 318 Millionen für wohltätige Zwecke eingesetzt.
Die Autorin dieses Artikels, LGT Philanthropy Advisory Beraterin Julia Kleiser, und ihr Team beraten, unterstützen und vernetzen Philanthropinnen und Philanthropen - egal, wie viel Erfahrung sie bereits mitbringen.
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