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Market View & Insights
Viele Gründer bezeichnen ihr Unternehmen als ihr Baby. Beide bedürfen anfangs ständiger Aufmerksamkeit. Später bekommen sie Wachstumsschwierigkeiten und irgendwann sind sie unabhängig - hoffentlich. Doch loszulassen fällt Eltern wie Gründern schwer.
Der Druck auf Startup-Gründer, innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens ihr Unternehmen zu verkaufen, ist besonders in kapitalintensiven Branchen gross. Genauso geht es Gründern, deren Unternehmen in grossem Stil von Venture-Capital- oder Private-Equity-Investoren unterstützt werden; denn mit einem Verkauf oder Börsengang wollen diese in sieben bis zehn Jahren ihren Kapitalgewinn realisieren.
Auch für Bootstrapper, also Gründer ohne grosse externe Kapitalbeteiligung, gibt es viele Gründe und Szenarien, die früher oder später für einen Verkauf sprechen. Man will sich einer neuen Idee zuwenden, einen Burnout vermeiden, oder erkennt, dass das Unternehmen eine Führungskraft mit anderen Fähigkeiten braucht - und manchmal ist es auch eine Kombination aus all diesen Gründen.
Unabhängig davon verpassen Unternehmer bei ihrer ersten Gründung oft die beste Gelegenheit zum Verkauf. Sie lassen sich bei dieser Entscheidung von ihren Emotionen leiten. Das erschwert es, den richtigen Moment zu erkennen. Deswegen halten viele zu lange an ihrem Unternehmen fest.
Genau diese Erfahrung machte Alexandre Douzet, derzeit CEO von Pumpkin Pet Insurance in New York. Eines seiner früheren Startups, HotJobs, ging an die Börse und wurde dann zweimal verkauft - zuerst an Monster.com und dann an Yahoo! - alles innerhalb weniger Jahre.
"Es war fast zu einfach und ich habe das gewissermassen als selbstverständlich angesehen", sagt er heute. Danach gründete er TheLadders.com und bis zu dessen Verkauf arbeitete er dort über 11 Jahre. Rückblickend gesteht er ein, zwei gute Gelegenheiten zum Ausstieg verpasst zu haben, weil er für sein Unternehmen weiteres Wachstum realisieren wollte.
"Ich denke, wir haben das unterschätzt. Wir waren der Ansicht, noch nicht bereit für einen Verkauf zu sein. Wir wollten weiterwachsen und dachten, viel größer sein zu müssen", so Douzet. Aber "was aufwärtsgeht, geht irgendwann auch wieder abwärts. Als junger Unternehmer neigst du eben manchmal dazu, das zu vergessen. Man denkt, dass es immer nur nach oben geht", gibt er zu bedenken.
Denselben Fehler wollte er bei seinem nächsten Unternehmen, Ollie, nicht nochmals machen. Aus dem Direktvertrieb für Tiernahrung stieg er nach viereinhalb Jahren aus. Er erkannte, dass sein Unternehmen Fachkenntnisse in der Lebensmittelherstellung und bei der Kühllogistik benötigte, beides Fähigkeiten, die er nicht besass.
Manchmal zwingen unvorhergesehene Ereignisse Gründer dazu, die Idee eines Verkaufs zurückzustellen und eine schwierige Phase einfach durchzustehen. So erging es Lu Dong, Gründer der chinesischen Marke für Damenwäsche La Miu. Er hatte 30 Millionen Dollar Kapital von Dritten akquiriert, doch folgten auf Jahre des rasanten Wachstums drei mühsame Jahre.
Nach dem Platzen der E-Commerce-Blase im Jahr 2012 in China ging es La Miu wie vielen Unternehmen der Branche. Innerhalb von zwei Monaten musste sich Dong von 200 seiner 300 Mitarbeiter trennen. Trotz der schwierigen Umstände schaffte es La Miu auch ohne zusätzliches Fremdkapital zurück in die Gewinnzone. Doch ohne den anfänglichen Schwung, so Dong, war ein ähnliches Wachstum wie zuvor kaum zu schaffen, selbst in China. Das Unternehmen benötigte eine weitere Kapitalspritze. Der Gründer musste jedoch erkennen, dass Venture-Capital-Firmen nicht an Turnaround-Geschichten interessiert waren.
Letzter Auslöser zum Verkauf von La Miu war dann die Nachricht, dass er bald Vater werden würde. Der Druck der Arbeit, die schlechte Luftqualität in Peking - all das brachte ihn dazu, dem Geschäft und China den Rücken zu kehren. "Ich habe alles dafür gegeben, unsere Mitarbeiter zu halten, unsere Lieferanten zu bezahlen und unsere Kunden wie auch den Aktionären gerecht zu werden. Um alles habe ich mich gekümmert, ausser um mich und meine Familie", so Dong heute.
Offensichtlich ist der ideale Zeitpunkt für den Verkauf eines Startups, wenn es noch im Wachsen begriffen ist. Damit man das als Gründer tatsächlich erkennt, muss man mit einem gewissen Mass Selbstreflexion und Realismus ausgestattet sein. Shilpa Panchmatia hat als Serienunternehmerin zwei Unternehmen verkauft. Heute ist sie Business Coach in London und sieht, dass sich Gründer häufig dagegen sträuben, ihr eigenes Unternehmen realistisch zu bewerten.
"Unternehmer, insbesondere Bootstrapper, wollen es oft nicht wahrhaben, wieviel ihr Unternehmen tatsächlich wert ist, in das sie so viel Blut, Schweiss und Tränen investiert haben. Käufer bewerten das meist ganz anders", so Panchamtia.
Ihre eigene Coaching-Firma verkaufte Panchmatia, nachdem sich der Umsatz innerhalb von drei Jahren um 70%, dann um 143% auf schliesslich 230% gesteigert hatte. Sie erkannte den guten Zeitpunkt zum Verkauf und doch fiel es ihr nicht leicht loszulassen. "Es war mein Baby. Aber es war so gross geworden, dass weiteres Wachstum nicht ohne weitere finanzielle Investitionen möglich gewesen wäre. Die Rolle eines CEOs traute ich mir nicht zu und das Unternehmen war zu klein, um einen CEO einzustellen", so ihre Bewertung.
Panchmatia hat darüber hinaus einen guten Rat an diejenigen, die über den Verkauf ihres Startups nachdenken. Man sollte von Anfang an auf den Aufbau und die Prozesse im Unternehmen achten. Denn sollte es einmal zum Verkauf kommen, dann "ist die Buchhaltung in Ordnung und es gibt valide Prognosen zum laufenden Geschäft", so die Unternehmerin. "Und wer Anleitungen, Richtlinien und Verfahren fixiert hat, gibt damit auch sein Wissen über den Markt weiter, welches er mit dem Geschäft aufgebaut hat."
Genau damit hatte der Mitbegründer des Prepaid-Kartenunternehmens givve, Patrick Löffler, zu kämpfen. Er war derart auf das Umsatzwachstum fixiert, dass er andere Faktoren vernachlässigte, zum Beispiel eine solide Finanzübersicht und Geschäftsprognose, die für einen erfolgreichen Verkauf genauso wichtig gewesen wären.
"Wir waren überzeugt, dass ein CFO zu teuer für uns ist. Aber das war ein Fehler", so der Münchner Gründer. Damals entschied er sich, die Buchhaltung erst einmal selbst zu machen. Als der vermeintlich teure CFO dann doch eingestellt wurde, bereuten er und seine Mitgründer, dies nicht schon viel früher getan zu haben. "Es wäre viel besser gewesen, wenn wir einen CFO schon während unseren Finanzierungsrunden gehabt hätten", ist Löffler überzeugt.
Wer einen Exit plant sollte sich nach Möglichkeit einen Berater nehmen.
Patrick Löffler, givve.
Einen anderen Punkt für die Vorbereitung eines Startup-Verkaufs sollten Gründer bereits ein paar Jahre im Voraus ins Auge fassen, rät Douzet. Er hat viel Zeit ins Networking gesteckt und war stets mit Investoren in Kontakt. Gründer sollten bei der Suche nach Käufern die Entwicklungen in der Branche berücksichtigen, sich dabei aber nicht allein auf die eigene Branche fokussieren; denn auch Unternehmen aus angrenzenden Branchen könnten sich zu Interessenten entwickeln.
Externe Unterstützung beim Verkauf kann für Gründer sehr hilfreich sein. "Wer einen Exit plant und das nicht bereits drei- oder viermal gemacht hat, der sollte sich nach Möglichkeit einen Berater nehmen", meint givve-Gründer Löffler. "Das gilt vor allem, wenn das Unternehmen unterschiedliche Gesellschafter hat. Der Berater kann dafür sorgen, dass alle weiterhin am selben Strang ziehen." givve fand nach dem Wechsel vom Consumer Business hin zu Geschäftskunden in die Erfolgsspur, doch weiteres Wachstum war laut Löffler nur mit einer zusätzlichen Kapitalspritze zu erreichen. Mit dem guten Dutzend Investoren war man sich schnell einig, dass es dafür einen großen, strategischen Käufer bräuchte. Doch wie man diesen finden sollte, darüber gingen die Meinungen auseinander. Erst die Zusammenarbeit mit dem Berater einer Boutique-Investmentbank brachte nach langer Suche die Wende hin zum erwünschten Exit.
Kein Startup-Gründer wird behaupten, dass ein Unternehmensverkauf einfach sei, besonders wenn es das erste Mal ist. Löfflers Rat dazu: Wenn der Prozess einmal läuft gibt es kein zurück. "Es klingt simpel, aber man muss sich wirklich sicher sein. Wenn Du es mal angepackt hast, musst Du Dir vornehmen, das bis zum Ende durchzuziehen", so Löffler. "Auch wenn Du durch die Hölle gehst, gehe weiter."
Erstmalige Gründer haben oft Probleme damit, genau zu wissen, wann sie ihr Unternehmen verkaufen sollten und halten schliesslich zu lange daran fest.
Der ideale Zeitpunkt für den Verkauf eines Unternehmens ist in einer Wachstumsphase. Junge Unternehmer neigen einerseits dazu, weiter wachsen zu wollen, obwohl das Potenzial des Unternehmens als auch die Fähigkeiten des Gründers begrenzt sind.
Gründer sollten einige Jahre vorausschauen und sich entsprechend vorbereiten. Sie sollten ins Netzwerken investieren und potenziellen Käufern gegenüber aufgeschlossen sein. Die Prozesse und Strukturen sollten so aufgebaut sein, dass Finanzen und Prognosen ebenso griffbereit sind wie allfällige Anleitungen, Richtlinien und Verfahren - sowie entsprechende Marktinformationen.
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