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Makroökonomische Datenpunkte: Signal oder Rauschen?

In der zweiten Hälfte des Jahres 2024 traten wichtige wirtschaftliche Trends zutage, die den globalen Wirtschaftsausblick prägten. Auf beiden Seiten des Atlantiks kehrte die Desinflation zurück, der US-Arbeitsmarkt kühlte weiter ab mit langsamerer Schaffung von Arbeitsplätzen und sinkender Lohninflation, und die Zentralbanken begannen allmählich, ihre zuvor ultra-restriktive Geldpolitik zu lockern. Allerdings haben jüngste Datenpunkte dieses grössere Bild in Frage gestellt, die Märkte verunsichert und die Inflationsängste neu entfacht. Was sagen uns diese jüngsten Datenpunkte über die breiteren Trends?

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Autor
Dr. Wolfgang von Hessling, Chefökonom EMEA, LGT Private Banking
Lesezeit
10 Minuten

Makroökonomische Daten
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Bemerkenswert ist, dass ein starker US-Arbeitsmarktbericht im September über 250'000 neue Arbeitsplätze zeigte, wodurch die Arbeitslosenquote auf 4.1% sank. Dies wurde gefolgt von wieder steigenden Inflationserwartungen, verschärft durch einen Verbraucherpreisindex, der zwar eine Verlangsamung um 10 Basispunkte zeigte, aber die Prognosen einer stärkeren Verlangsamung um 20 Basispunkte verfehlte. Darüber hinaus hat ein überraschend robuster ISM Services Purchasing Managers’ Index (PMI) von etwa 55 Punkten einige Anlegerinnen und Anleger dazu veranlasst, sich zu fragen, ob die weit verbreitete Ansicht eines verlangsamenden US-Wachstums noch gültig ist. Diese kurzfristigen Überraschungen stellen zwar eindeutig die Marktannahmen auf die Probe, signalisieren jedoch nicht unbedingt eine grundlegende Änderung der breiteren wirtschaftlichen Entwicklung.

Der Kontext ist wichtig bei der Interpretation von Daten

Bei makroökonomischen Daten ist es entscheidend, ihre Botschaften mit Vorsicht zu geniessen, je nachdem, wie isoliert sie sind. Einzelne Datenpunkte tragen oft mehr Rauschen als Signal, da sich Volkswirtschaften durch langfristige Zyklen - Expansion, Höhepunkt, Kontraktion und Tiefpunkt - bewegen, die Monate oder sogar Jahre dauern. Während die Märkte zu Recht auf neue Informationen reagieren, kann eine einzelne Datenveröffentlichung nicht unbedingt als wirtschaftlicher Wendepunkt interpretiert werden. Um festzustellen, ob ein Indikator eine bedeutende Veränderung signalisiert, ist es wichtig, langfristige Trends zu betrachten, gleitende Durchschnitte zu verwenden, um kurzfristige Schwankungen zu glätten, und Daten auf Konsistenz zu überprüfen. Zum Beispiel hat eine starke Einstellungszahl mehr Gewicht, wenn sie mit einem robusten Lohnwachstum einhergeht. Schliesslich bietet die Analyse einer breiten Palette von Indikatoren einen umfassenderen und ausgewogeneren Blick auf die Wirtschaft als die zu enge Fokussierung auf einige wenige.

Breitere Trends bestätigen die wirtschaftliche Verlangsamung

Im grösseren Bild haben die jüngsten Daten den Wirtschaftsausblick nicht grundlegend verändert. Die Inflation in den USA, obwohl sie nicht so schnell abkühlt wie erwartet, sinkt weiterhin, was die Federal Reserve (Fed) auf einem Lockerungskurs hält. Der Arbeitsmarkt, trotz des starken Beschäftigungswachstums im September, schwächt sich weiter ab, wie sich in einer sinkenden Bereitschaft zur Beschäftigung, einem langsamer werdenden Lohnwachstum und einer steigenden Teilzeitbeschäftigung zeigt. Schliesslich ist der starke Services PMI weniger aussagekräftig angesichts seiner historischen Volatilität, da er vor nur zwei Monaten noch in der Kontraktion war und in starkem Kontrast zur schwachen Stimmung im verarbeitenden Gewerbe steht. Insgesamt ändern diese Datenpunkte nicht das Bild des verlangsamten Wachstums, des sich abschwächenden Arbeitsmärkts und allmählicher Desinflation in den kommenden Monaten. Indem wir uns auf breitere Trends konzentrieren, anstatt auf jede neue Datenveröffentlichung zu reagieren, können wir die Komplexitäten des aktuellen wirtschaftlichen Umfelds besser navigieren.

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