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Market View & Insights
Schon heute kommt künstlicher Intelligenz eine Schlüsselrolle in Bezug auf die Bekämpfung des Klimawandels und der Optimierung von nachhaltigen Anlagen zu. Je mehr sie dabei ins Rampenlicht rückt, desto mehr Befürchtungen hinsichtlich der mit ihr verbundenen Risiken werden von fachlicher Seite laut.
Künstliche Intelligenz (KI) beeinflusst unsere Wahrnehmung von Nachhaltigkeit. Die Automatisierung von Aufgaben, die Auswertung umfangreicher Datensätze und die Erstellung von Prognosen mittels KI bieten nicht nur Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung, sondern können auch zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen. KI ist allerdings nicht nur eines der wirkungsmächtigsten Instrumente in diesem Kampf, sondern auch einer der "Hauptschuldigen". Eine echte "grüne digitale Revolution" kann nur stattfinden, wenn Unternehmen und Regierungen ganz bewusste Entscheidungen zu ihrem Umgang mit KI treffen.
KI bezieht sich auf Systeme oder Maschinen, die Aufgaben ausführen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern. In ihrer einfachsten Form ist sie ein Bereich, der, wie IBM es ausdrückt, "Informatik und robuste Datensätze kombiniert, um Problemlösungen zu ermöglichen".
Auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit sind Problemlösungen heute notwendiger denn je. Unsere Welt erlebt zurzeit eine dreifache globale Krise: durch den Klimawandel, die Umweltverschmutzung und den Verlust der Biodiversität. Immer mehr Regierungen und Unternehmen nutzen KI, um diese Probleme anzugehen - etwa zur Abschätzung ihres ökologischen Fussabdrucks, zur Umsetzung von Verbesserungsmassnahmen bei der Übernahme von sozialer Verantwortung und zur Verstärkung von Governance-Effekten.
Und bei Anlagen im ESG-Bereich (Umwelt, Soziales und Governance) kommt KI zum Einsatz, um historische Daten und Echtzeitdaten zu analysieren. So lassen sich Kennzahlen unternehmens-, branchen- und regionenübergreifend messen und vergleichen. Besonders im Umgang mit riesigen Datenvolumen, die bei ESG-Anlagen erfolgskritisch sein können, ist dies äusserst hilfreich.
Im Umweltschutz leistet Energieeffizienz einen wesentlichen Beitrag zur Minderung von Treibhausgasemissionen. Daten aus intelligenten Messgeräten, Wetterprognosen und anderen Quellen bieten den KI-Algorithmen vertiefte Einblicke in die Verhaltensmuster der Konsumentinnen und Konsumenten und ermöglichen es den Nutzenden, die Geräte so einzustellen, dass deren Energieverbrauch minimiert wird. Da rund 38 Prozent aller Emissionen aus Gebäuden stammen und 40 bis 50 Prozent dieser Gebäudeemissionen durch Heiz- oder Kühlsysteme verursacht werden, stellt dies eine skalierbare Chance für die Zukunft dar.
Mithilfe von KI lässt sich auch das Reporting für Scope-1- und Scope-2-Emissionen verbessern, was ebenfalls zu deren Minderung beiträgt. Scope 1 und Scope 2 umfassen alle Emissionen aus der direkten Geschäftstätigkeit eines Unternehmens sowie dessen Energie- und Wärmeverbrauch. Weitere Beispiele sind die Optimierung von Lieferketten, die Förderung von nachhaltigen Produktionsprozessen und die Verbesserung von Klimamodellen.
Schätzungen von der britischen PWC zufolge dürfte der Einsatz von KI im Umweltbereich bis 2030 bis zu USD 5.2 Billionen an die Weltwirtschaft beisteuern. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geht ferner davon aus, dass sich die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 4 Prozent senken lassen - dies entspricht den für 2030 veranschlagten jährlichen Emissionen von Australien, Japan und Kanada zusammen.
In gesellschaftlicher Hinsicht kann KI zu signifikanten Produktivitätsgewinnen führen. Eine vor Kurzem erschienene Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universität Stanford und des MIT kommt zum Schluss, dass "Unterstützung durch KI die Kundenstimmung verbessert, dafür sorgt, dass Vorgesetzte seltener gebeten werden einzugreifen, und die Bindung zum Unternehmen stärkt".
Generative KI-Instrumente lassen sich auch von der Öffentlichkeit nutzen, um das Wissen zu zahlreichen Fragen zu erweitern, was der Gesellschaft ebenfalls zugutekommen dürfte. Wie das Deloitte Center for Health Solutions angibt, zeigen Umfragen, dass die Gesundheitsorganisationen das Potenzial der generativen KI bereits erkannt haben. Rund 75 Prozent der führenden Gesundheitsunternehmen experimentieren derzeit mit generativer KI oder planen, sie unternehmensweit einzusetzen. 82 Prozent der befragten Firmen haben bereits Governance- und Überwachungsstrukturen für generative KI eingeführt oder hegen entsprechende Pläne.
Je mehr KI ins Rampenlicht rückt, desto mehr Befürchtungen über die mit ihr verbundenen Risiken werden von fachlicher Seite laut. Berichte der Zeitschrift Nature über entsprechende Forschungen zeigen, dass KI zwar die Erreichung von insgesamt 134 Nachhaltigkeitsvorgaben der 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung begünstigt, dass aber bei 59 dieser Vorgaben nicht auszuschliessen ist, dass sich die Entwicklungen auf dem Gebiet der KI sich negativ auf sie auswirken.
In diesem Zusammenhang verschärft sich die Diskussion in Bezug auf die Frage, ob KI wirklich potenziell förderlich für die Entwicklung ist oder eher dazu beiträgt, dass sich die Ungleichheit in der Gesellschaft noch verstärkt. Zu den meistzitierten Risiken zählen Umweltfolgen (denn KI-Systeme verbrauchen viel Energie), strukturelle Arbeitsplatzverluste sowie das Potenzial für Reputationsschäden, politische Risiken und Marktverwerfungen aufgrund der Verbreitung unzutreffender Informationen.
KI lässt sich zwar im Rahmen von Nachhaltigkeitsbestrebungen einsetzen, doch die für das Training von KI erforderliche IT-Leistung verschlingt ungeheure Energiemengen. Dies wiederum hat negative Auswirkungen auf die Umwelt. Der weltweite CO2-Fussabdruck der Rechenzentren wird auf über 2 Prozent der globalen CO2-Emissionen geschätzt. Dieser Wert dürfte bis 2025 auf 3.2 Prozent steigen, bis 2040 auf 14 Prozent. Das Marktforschungsunternehmen Gartner Inc. prognostiziert, dass "KI in Ermangelung einer nachhaltigen KI-Praxis bis 2025 mehr Energie verbrauchen wird als menschliche Arbeitskräfte, was die Netto-null-Gewinne deutlich zunichtemachen dürfte."
Das World Economic Forum sagte 2023 in seinem Future of Jobs Report voraus, dass bis 2027 bis zu 26 Millionen Arbeitsplätze aufgrund von Digitalisierung und Automatisierung verloren gehen könnten. Insgesamt geht der Bericht davon aus, dass in den nächsten fünf Jahren 83 Millionen Arbeitsplätze abgebaut und 69 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Accenture hält es für möglich, dass 40 Prozent aller Arbeitsstunden durch KI übernommen werden. Nach Ansicht von Branchenfachleuten dürften signifikante strukturelle Arbeitsplatzverluste grosse Belastungen für den Staat mit sich bringen, da dieser gezwungen sein wird, unterbeschäftigte und arbeitslose Menschen finanziell zu unterstützen.
Ein neuerer Bericht des Internationalen Währungsfonds erkennt zwar die Nützlichkeit von KI an, zeigt aber auch eine Reihe von Risiken auf, die ihre Anwendung im Finanzsektor mit sich bringt. Hierzu zählen unter anderem Datenschutzaspekte, Cyberbedrohungen und "das Potenzial zur Schaffung neuer Quellen und Übertragungskanäle für systemische Risiken". Bedrohungen in Bezug auf die Stabilität der Finanzbranche sind ebenfalls nicht auszuschliessen.
Der Autor, Unternehmens- und Technologieberater Bernard Marr schlägt vor, die Umweltfolgen von KI anzugehen und den CO2-Fussabdruck der Unternehmen dadurch zu reduzieren, dass sie ihre Daten an weniger CO2-intensiven Orten speichern, beispielsweise in Rechenzentren, die mit Strom aus Wasserkraft betrieben werden. Da ein Grossteil des Energieverbrauchs von KI-Modellen während der "Trainingsphase" stattfindet, sucht die Wissenschaft zudem nach Möglichkeiten, den Bedarf nach massiven Trainingsdatenmengen zu verringern, wodurch sich Energie einsparen lassen dürfte.
Noch ist KI grösstenteils nicht reguliert - die USA und die Europäische Union (EU) befassen sich jedoch mit der Ausarbeitung von Regulierungen. Die USA haben eine Vorlage für eine KI-Grundrechtecharta erarbeitet und die EU hat ein KI-Gesetz vorgeschlagen. Im Oktober 2023 kündigte der Generalsekretär der Vereinten Nationen die Schaffung eines KI-Beirats an, der sich mit den Risiken und Chancen sowie der internationalen Aufsicht im Bereich der KI befassen wird. Dieses Gremium wird die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf die Schaffung einer KI-Governance proaktiv unterstützen.
Nachhaltig denken, wirtschaften und investieren sind elementare Teile unserer DNA. Unsere Eigentümerin, die Fürstenfamilie von Liechtenstein, hat früh erkannt, wie wichtig Nachhaltigkeit für unsere Umwelt, Gesellschaft und Zukunft ist. Als familiengeführte und nachhaltige Privatbank engagieren wir uns für das Pariser Klimaabkommen, die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und einen nachhaltigen Finanzsektor.