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Unternehmertum

Neue Wege nach dem Ausstieg: Investieren, beraten oder eine Pause einlegen?

Der grosse Moment ist vorbei, das Startup erfolgreich verkauft. Doch mit dem Ende eines Kapitels beginnt ein neues. Die Zeit nach dem Exit bietet Chancen, sie stellt Gründerinnen und Gründer aber auch vor Herausforderungen und Entscheidungen.  

  • von Sabina Sturzenegger, Gastautorin
  • Datum
  • Lesezeit 6 Minuten

Mensch auf Berggipfel
Der Exit markiert keinen Schlussstrich, sondern einen Neuanfang. Ob man in neue Projekte investieren, sich gesellschaftlich engagieren oder eine Pause einlegen möchte - die Möglichkeiten, den Erfolg sinnvoll zu nutzen, sind vielfältig. © stock/fbxx

Zusammenfassung

  • Neuanfang: Nach dem Verkauf eines Startups beginnt eine neue Phase. Gründerinnen und Gründer sollten sich frühzeitig Gedanken machen, wie sie ihr Vermögen und ihre Zukunft gestalten wollen.
  • Netzwerke: Kontakte und Beziehungen sind nach dem Exit entscheidend. Sie können Türen für neue Investitionen, Beratertätigkeiten oder Business-Angel-Aktivitäten öffnen.
  • Wealth Planning: Die finanzielle Zukunft muss strukturiert geplant werden. Dazu gehören eine klare  Vermögensstruktur, steuerliche Optimierung, die Definition persönlicher Ziele sowie Schutzmassnahmen wie Versicherungen und Nachfolgeplanung.

Gründerinnen und Gründer stehen nach dem Exit aus dem Startup vor der Aufgabe, ihr Vermögen klug zu verwalten. Dabei geht es nicht nur um Investitionen, sondern auch um langfristige Planung und persönliche Ziele. Der Exit markiert keinen Schlussstrich, sondern einen Neuanfang. Ob man in neue Projekte investieren, sich gesellschaftlich engagieren oder eine Pause einlegen möchte - die Möglichkeiten, den Erfolg sinnvoll zu nutzen, sind vielfältig. 

Dominic Berner
Dominic Berner, Relationship Manager bei der LGT

"Der wichtigste Rat nach dem Exit: Finden Sie heraus, was die beste Basis für einen Neustart ist", sagt Dominic Berner, Relationship Manager bei LGT Private Banking. "Viele Gründerinnen und Gründer haben vor dem Exit kaum Zeit, sich mit der eigenen finanziellen Zukunft zu befassen", weiss er. 

Umso wichtiger sei es, während oder gar vor dem Verkaufsprozess Pläne einer persönlichen Struktur zu schmieden. "Setzen Sie sich Meilensteine und arbeiten Sie diese ab. Bauen Sie schnell wieder Strukturen auf, um eine stabile Basis für neue Entscheidungen zu haben."

Beziehungen sind nach dem Exit besonders wichtig

Christian Ortner, Relationship Manager LGT Private Banking, vergleicht die Situation für Gründerinnen und Gründer nach dem Exit mit derjenigen eines Fussballprofis, der bei einem neuen Verein unterschreiben will: "Man hört sich Angebote an und entscheidet dann. Wenn man ein gutes Gefühl hat, sollte man nicht zögern."

Ein starkes Netzwerk öffnet nach dem Exit Türen. Ob als Investor, Beraterin oder in anderer Rolle - Beziehungen sind oft der Schlüssel auch zum Erfolg nach dem Exit. Wer den Kontakt zu früheren Kolleginnen, Investoren und Partnern hält, entdeckt oft die besten Chancen. Das Engagement als Business Angel oder Mentorin bringt nicht nur spannende Projekte, sondern auch persönliche Erfüllung.

Unternehmerin vor Pinboard
Wie weiter? Ein Exit kann neben finanziellen Gewinnen emotionale Herausforderungen mit sich bringen: Viele ausgestiegene Startup-Gründerinnen und -Gründer erleben eine Phase der Leere oder Orientierungslosigkeit. Die richtige Vorbereitung kann helfen. istock/Marco VDM © istock/gremlin

Vom Gründen zum Anlegen

Christian Ortner
Christian Ortner, Relationship Manager bei der LGT

Mit dem vorhandenen Geld beginnt oft die Suche nach Investitionsmöglichkeiten - falls sie nicht schon läuft. Christian Ortner sagt: "Ich empfehle Gründerinnen und Gründern als erstes, drei Gespräche zu führen mit Menschen aus dem eigenen Netzwerk, bei denen das Geld oder ein Teil davon investiert werden kann." 

Neben klassischen Anlagen wie Aktien und Immobilien sollte man als Gründerin oder Gründer auch private Beteiligungen und nachhaltige Investments prüfen. "Finanzexpertinnen und -Experten helfen, Ziele und Risikobereitschaft zu definieren. Zudem sollten Gründerinnen und Gründer steuerliche Fragen klären, um böse Überraschungen zu vermeiden", ergänzt Ortner.

Vom Gründen zur Auszeit 

Ein Exit kann neben finanziellen Gewinnen aber auch ganz andere - emotionale - Herausforderungen mit sich bringen: Viele ausgestiegene Startup-Gründerinnen und -Gründer erleben eine Phase der Leere oder Orientierungslosigkeit. Nach Jahren intensiver Arbeit kann der plötzliche Verlust des gewohnten Tagesrhythmus belastend sein.

Tom Diesbrock berät Manager und Gründerinnen, die sich neu orientieren wollen und hat mehrere Bücher geschrieben. Auf dem Portal Business Insider rät der Psychologe: "Eine Auszeit mit neuen Impulsen und Erfahrungen sollte man sich nach dem Exit unbedingt nehmen. Ob das eine Frage von Monaten oder Jahren ist, ist individuell unterschiedlich."

Business Leute beim Reden
Beziehungen sind oft der Schlüssel auch zum Erfolg nach dem Exit. Wer den Kontakt zu früheren Kolleginnen, Investoren und Partnern hält, entdeckt oft die besten Chancen. © istock/gremlin

Manche Gründerinnen und Gründer machen nach dem Exit bewusst eine Pause, um zu reisen und mit der Familie Zeit zu verbringen. Oft helfen diese Pausen, die nächsten Schritte klarer zu sehen. Andere warten nur darauf, wieder neue Probleme zu lösen und ins nächste Unternehmen zu investieren oder sich sogar daran zu beteiligen. Nic Vorsteher, Gründer des österreichischen HR-Startups Prescreen, sagte in einem Talk mit dem Wiener Beratungsunternehmen Brutkasten über seine Zeit nach dem Exit: "Ich hätte mich auch irgendwo in die Berge verziehen können und dort mein Portfolio managen und auf den schönen Zinssatz schauen können. Aber das habe ich nicht getan, sondern gesagt: Jetzt mache ich es nochmal, aber dieses Mal wollen wir was Grösseres erreichen."

Vom Gründen zum Coaching

Lea Sophie Cramer
Lea Sophie Cramer wurde von der Gründerin zur Coachin. © Jonas Holthaus/laif

Andere Gründerinnen entscheiden sich für ein ganz neues Projekt. Ein Beispiel dafür ist Lea-Sophie Cramer: Die erfolgreiche deutsche Gründerin ist in der Szene für viele ein Vorbild. Als Cramer 2019 bei Amorelie endgültig ausstieg, begann sie ein Year of Learning. Daraus entstand schliesslich "Ten more in", ein Coaching-Programm für Frauen in Führungsfunktionen. Wieder andere nutzen die Zeit nach dem Exit, um gesellschaftliche oder philanthropische Ziele zu verfolgen. 

Vom Gründen zum Business Angel

Und natürlich gibt es viele Gründerinnen und Gründer, die nach ihrem Exit als Business Angels oder Venture Capitalists aktiv werden. Sie investieren in junge Unternehmen und bringen ihr Know-how ein. Es kann bereichernd sein, zu sehen, wie die Generation von Startups heranwächst. Gleichzeitig ist es eine hervorragende Möglichkeit, sein Kapital strategisch einzusetzen. Auf Plattformen für Business Angels und in Investorennetzwerken gibt es oft spannende Deals zu entdecken.

Wealth Planning konsequent angehen 

Ob all der spannenden Optionen dürfen Gründerinnen und Gründer aber nicht vergessen, sich mit ihrem Vermögen auseinanderzusetzen und die Vermögensplanung anzugehen. Meist ist die Vermögensstruktur bei Gründerinnen und Gründern ohnehin schon komplex - und wird nach dem Exit noch komplexer: Das Vermögen ist teils in eigenen Unternehmen gebunden und teils in fremden, teilweise befinden sich diese auch in anderen Ländern.

Auch die Familiensituation spielt hier hinein: Viele Founder sind jung, haben gerade erst eine Familie gegründet oder sind in der Planung dazu. Family Governance ist für Gründerinnen und Gründer, die ihre Unternehmen oder Anteile langfristig in Familienbesitz halten möchten, entscheidend und hilft, Konflikte zu vermeiden, Werte zu bewahren und das Vermögen nachhaltig zu entwickeln.

Vier Wealth Planning-Tipps nach dem Exit

  1. Vermögen klar strukturieren: Nach dem Exit sollten Gründerinnen und Gründer eine klare Struktur für ihr Vermögen schaffen. Dabei geht es um Diversifikation in verschiedene Anlageklassen, genügend Liquidität, um flexibel auf neue Chancen oder Verpflichtungen reagieren zu können sowie die klare Trennung von persönlichem und geschäftlichem Vermögen. 
  2. Steuern einplanen: Ein Exit aus dem eigenen Startup kann erhebliche steuerliche Konsequenzen haben. Eine sorgfältige Planung ist entscheidend, um die Steuerlast zu optimieren. Es ist ratsam, mit Steuerberaterinnen und -beratern zusammenzuarbeiten. 
  3. Persönliche Ziele und Lebensstil definieren: Nach einem Exit verändert sich oft der Lebensstil. Das Wealth Planning sollte die individuellen Ziele und Werte berücksichtigen. Priorisieren Sie Ihre persönlichen Werte und schaffen Sie eine Balance zwischen Sicherheit und unternehmerischem Risiko. Definieren Sie, welchen Lebensstil Sie langfristig verfolgen möchten, und passen Sie Ihre Finanzstrategie entsprechend an.
  4. Schutz des Vermögens: Der Schutz des Vermögens vor externen Risiken ist ein zentraler Aspekt im Wealth Planning. Versicherungen, rechtliche Absicherung sowie sogar die Nachfolgeplanung an die nächste Generation sind Themen, die man jetzt vertiefen sollte.

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