The Strategist

Ein Blick auf das Inflationsziel der Zentralbanken

Das Inflationsziel vieler Zentralbanken ist und bleibt ein integraler Bestandteil der Geldpolitik und der Finanzwelt. Wir nennen vier Gründe weshalb die westlichen Zentralbanken ein Inflationsziel von zwei Prozent anpeilen. Insgesamt sind wir der Ansicht, dass das Risiko im Portfolio nicht erhöht werden sollte, da mit kurzfristigen Anleihen eine attraktive Alternative besteht. 

Datum
Autor
Thomas Wille
Lesezeit
10 Minuten

Ein Blick auf das Inflationsziel der Zentralbanken
© Shutterstock

In den letzten Monaten und Quartalen versuchten Investoren zu erörtern, ob der Höhepunkt hinsichtlich der Inflationsentwicklung in den USA und in Europa bereits überschritten ist. Wird die Lohn- u/o die Dienstleistungsteuerungsrate länger anhalten, als dies den Notenbanken lieb ist? Mit der Veröffentlichung neuer Daten in den USA und der Eurozone wird immer wieder die Hoffnung auf ein bald wiederkehrendes disinflationäres Umfeld genährt. Dies führt dann des Öfteren zu erhöhter Volatilität in risikobehafteten Vermögenswerten. Was aber sowohl für die Zentralbanken als auch die Investoren und die Medien immer im Fokus steht, sind die von den Notenbanken selbst auferlegten Inflationsziele. Ausschlaggebend für die Kapitalmärkte ist, wann diese Ziele erreicht werden können und was der potenzielle volkswirtschaftliche Preis dafür ist?

Die Entstehung des Inflationsziels

Was heute wie der heilige Gral der modernen Geldpolitik wirkt, wurde erst Anfang der 1990iger Jahre initiiert – das zwei Prozent Inflationsziel wichtiger Zentralbanken. Überraschenderweise war weder die US-Notenbank noch die Bank of England bei der Kreierung dieses Ziels an vorderster Front beteiligt, sondern es war die Notenbank von Neuseeland unter der Führung des damaligen Gouverneurs Donald Thomas Brash. Die Reserve Bank of New Zealand (RNBZ) legte 1990 als erste Notenbank ein explizites Inflationsziel mit einer Zielspanne von 0-2% fest. Ziel war es, einen klaren, transparenten und unabhängigen geldpolitischen Rahmen mit einem expliziten Inflationsziel zu etablieren. In den nächsten Jahren folgten dann auch die Bank of Canada wie auch Australiens Notenbank dem Beispiel der Neuseeländer, als sie ein Inflationsziel von ebenfalls zwei Prozent einführten. Auch die Bank of England, die deutsche Bundesbank und die Federal Reserve haben in den folgenden Jahren ein solches Inflationsziel festgelegt.

Warum zwei Prozent?

Die westlichen Zentralbanken peilen aus vier Gründen ein Inflationsziel von zwei Prozent an: 

Preisstabilität: Eine Inflationsrate von zwei Prozent wird von den Zentralbanken als ein Niveau angesehen, welches die im Auftrag definierte Preisstabilität gewährleistet, die für die Förderung von Wirtschaftswachstum und Stabilität entscheidend ist.

Verankerung der Inflationserwartungen: Ein Inflationsziel von zwei Prozent trägt dazu bei, die Erwartungen an die künftige Inflationsentwicklung zu verankern, was die Unsicherheit verringert und die Stabilität der Wirtschaft fördert.

Förderung des Wachstums: Indem die Geldpolitik ein moderates Inflationsniveau anstrebt, können die Zentralbanken dazu beitragen, das Wirtschaftswachstum zu fördern, indem sie ein stabiles und berechenbares Umfeld für die Wirtschaftstätigkeit schaffen.

Vermeidung von Deflation: Das Inflationsziel trägt dazu bei, das Risiko einer Deflation zu verringern, d.h. eines anhaltenden und weit verbreiteten Preisverfalls, der die Wirtschaft schädigen kann.

Insgesamt wird das Inflationsziel von zwei Prozent von den Zentralbanken, Ökonomen und Finanzmärkten als ein wichtiges Instrument zur Förderung von Stabilität und Wachstum in der Wirtschaft angesehen.

Keine absehbare Abkehr von der Zielsetzung

Für die westlichen Notenbanken ist das Inflationsziel auch mit ihrer Kredibilität gleichzusetzen. Während den ersten zwei Dekaden in diesem Jahrhundert ist den Zentralbanken dies meist sehr gut gelungen. Dementsprechend macht es zu diesem Zeitpunkt wohl eher wenig Sinn, darüber nachzudenken oder zu philosophieren, ob in naher oder ferner Zukunft die Währungshüter von dieser Zielsetzung abweichen werden. Einige gewichtige Gründe gäbe es aber: beispielsweise die «De-globalisierung», «Reshoring» oder die Energiesicherheit. 

Wir sind der Ansicht, dass die Notenbanken auch weiterhin nicht davon abrücken werden, die Preisstabilität, um jeden Preis wieder herzustellen, auch wenn der Preis hierfür eine Rezession ist. Vor diesem Hintergrund sollte das Risiko in den Portfolios unseres Erachtens nicht erhöht werden, insbesondere deshalb da auf der Fixed-Income-Seite eine attraktive Alternative in Form von kurzfristigen Anleihen besteht. 

Kontakt aufnehmen