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Erhöhen - Pausieren - Überspringen

Die amerikanischen Währungshüter treffen sich kommende Woche ein letztes Mal vor der Sommerpause, um die Geldpolitik festzulegen. Der Straffungszyklus der US-Notenbank dürfte sich dem Ende nähern, Potenzial für Zinssenkungen sehen wir aber nicht.

Datum
Autor
Thomas Wille
Lesezeit
10 Minuten
Erhöhen - Pausieren - Überspringen
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Die Augen der Analysten richten sich derzeit auf die Berichtssaison der Unternehmen für das zweite Quartal 2023, die in der vergangenen Woche mit dem Ergebnis der US-Grossbank JPMorgan Chase begonnen hat. Der Auftakt war vielversprechend, eine erste Bilanz können wir aber erst ziehen, wenn die US-Big-Tech-Konzerne ihre Zahlen vorlegen. Das Highlight ist aus unserer Sicht aber die Sitzung der US-Notenbank (Fed) kommende Woche, denn es ist die letzte, bevor sich die Fed-Mitglieder in die Sommerpause verabschieden. Sie haben richtig gelesen - bis Ende September wird es keinen Zinsentscheid der mächtigsten Notenbank der Welt mehr geben.

Letzter Zinsschritt?

Die Investoren erwarten am 26. Juli einen vorerst letzten Zinsschritt der amerikanischen Währungshüter um 25 Basispunkte, was einem Zielband von 5.25% bis 5.5% entspricht. Danach erwarten die Finanzmärkte Zinssenkungen von 150 Basispunkten bis Dezember 2024. Unsere Hausmeinung bleibt, dass sich die US-Notenbank bereits in der Nachspielzeit ihres Zinserhöhungszyklus befindet und es keinen Unterschied macht, ob nach den massiven Zinsschritten von 500 Basispunkten in den vergangenen 16 Monaten ein weiterer, wahrscheinlich letzter Schritt von 25 Basispunkten folgt. Ob es diesmal zu einer Erhöhung kommt, ob die US-Notenbank pausiert, oder ob sie diesen Termin überspringt und einen nächsten Schritt im September signalisiert, ist aus unserer Sicht bestenfalls nebensächlich. Viel wichtiger ist, dass es keine Straffung des Zinsniveaus auf über 6% geben wird. Dies bleibt aus unserer Sicht ein Randszenario. Die Realzinsen in den USA dürften somit ihren Höhepunkt erreicht haben.

Zinssenkungserwartungen

Es ist spannend zu beobachten, wie die Hoffnung der Anleger auf Zinssenkungsgeschenke in den kommenden Quartalen in den vergangenen Wochen wieder zugenommen hat. Entgegen der Markterwartung gehen wir nach wie vor davon aus, dass es in den nächsten 12 bis 18 Monaten kaum Potenzial für sinkende Leitzinsen geben wird. Ähnlich wie im Frühjahr 2023, als die Anleger mit der Krise der US-Regionalbanken konfrontiert waren und Zinssenkungen erwarteten, sehen wir auch heute keinen Grund, warum es in naher Zukunft zu einer Lockerung der Geldpolitik kommen sollte. Die Mission der Inflationsbekämpfung ist noch nicht beendet. Der US-Arbeitsmarkt signalisiert mit einer Arbeitslosenquote von unter 4% weiterhin Überbeschäftigung und damit Preisdruck.

Keine Geschenke

In der beschriebenen Konstellation wird es keine Notenbankgeschenke für die Anleger geben und der wichtigste Erfolgsfaktor für das zweite Halbjahr bleibt die Selektion. Bei Aktien ist vor allem Qualität gefragt. Die Berichtssaison wird zeigen, welche Unternehmen nicht nur die Erwartungen übertreffen können, sondern auch einen soliden Ausblick für die zweite Jahreshälfte vorlegen.
 

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