LGT Private Banking House View

Januar 2023

In einem unverändert herausfordernden Marktumfeld ist weiterhin Geduld gefragt und Investoren sollten Kurs halten. Auf der Aktienseite bleiben wir defensiv positioniert und im Fixed-Income-Bereich erwarten wir wieder positive Renditen. Im aktuellen Marktumfeld stehen Portfoliobausteine mit einer niedrigen Korrelation zu Aktien und Obligationen hoch im Kurs.

Datum
Autor
Thomas Wille
Lesezeit
10 Minuten

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Das Anlagejahr 2022 geht als Ausreisserjahr in die Geschichtsbücher ein. Rekordhohe Inflationsraten, die in manchen westlichen Volkswirtschaften die Zehnprozentmarke hinter sich gelassen haben, setzten nicht nur Aktien, sondern auch Obligationen stark zu – der Anleihenmarkt konnte aufgrund des enormen Preisdrucks seiner Diversifikationsrolle nicht gerecht werden. Der globale Aktienindex MSCI All-Country World hat im vergangenen Jahr knapp 18% eingebüsst. Auch der Global Aggregate Index, der Referenzindex für globale Investment-Grade-Bonds, musste mit einem Minus von mehr als 16% ordentlich Federn lassen. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass der Fokus vieler Investoren bereits Ende letzten Jahres auf dem neuen Jahr lag. Allerdings sieht es so aus, dass Anleger 2023 mit den gleichen, bekannten Herausforderungen konfrontiert sein werden.

Unverändertes Bild zum Jahresstart

Die Herausforderungen – eine sehr restriktive Geldpolitik der G7-Zentralbanken sowie eine Verschlechterung des Inflations-/Wachstums-Mix – bleiben zumindest zu Beginn des neuen Jahres bestehen. Die Europäische Zentralbank (EZB) und auch die Bank of Japan (BoJ) haben ihre Geldpolitik jüngst verschärft. So hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde für das erste Quartal 2023 einen Abbau der Notenbankbilanz (Quantitative Tightening, QT) in Aussicht gestellt. Japans Notenbankchef Haruhiko Kuroda hat angekündigt, dass die BoJ langsam, aber sicher die Kontrolle der Zinskurve aufgeben wird und die Renditen zehnjähriger japanischer Staatsanleihen bis auf 0.5% steigen zu lassen. 

In den USA bleibt abzuwarten, wie sich der schnellste und steilste Zinserhöhungszyklus seit den Siebzigerjahren auf das Wirtschaftswachstum auswirken wird. Die Daten signalisieren einen massiven Abschwung und auch eine Rezession in der zweiten Jahreshälfte kann nicht mehr ausgeschlossen werden. In der Eurozone hat sich das Bild ebenfalls weiter eingetrübt. Investoren erwarten derzeit einen Anstieg des EZB-Einlagesatzes auf über 3.5%, was einem Anstieg von über 50 Basispunkten gegenüber dem Vormonat entspricht. Der Druck auf die Risikoaufschläge von Staatsanleihen europäischer Peripherieländer wie auch auf die EZB dürfte zunehmen.

Positionierung und Saisonalität

Das volkswirtschaftliche Umfeld bleibt somit herausfordernd, was sich zumindest kurzfristig schon stark in der Positionierung der Marktteilnehmer spiegelt. Einige Indikatoren, wie beispielsweise das Put-Call-Verhältnis, befinden sich auf einem Zehnjahreshoch, was einer extrem «bearishen» Positionierung entspricht und im Moment als ein Kontraindikator gelten dürfte. Die Saisonalität – Dezember bis Februar – ist im historischen Vergleich positiv für risikobehaftete Anlagen. Trotz dieser beiden Lichtblicke bleibt das Umfeld im ersten Halbjahr eine Herausforderung für Anleger und wir erwarten eine entsprechend hohe Volatilität an den Kapitalmärkten.

Im beschriebenen Marktumfeld bevorzugen wir zum Jahresauftakt weiterhin Obligationen gegenüber Aktien. Aufgrund der Investorenpositionierung, der Marktstimmung und der Saisonalität könnte jederzeit eine Rally in Risikoanlagen einsetzen, jedoch ist es unserer Meinung nach zu früh, um die Risiken strategisch zu erhöhen. Solange die führenden Zentralbanken für Gegenwind sorgen, ist Geduld gefragt und Investoren sollten Kurs halten.

Aktienstrategie

Im Vorfeld der Mitte Januar beginnenden Unternehmensberichtssaison ist die Nervosität an den Märkten jeweils hoch. Die Jahresausblicke der Blue-Chip-Firmen dürften eine erste Indikation liefern, wie ausgeprägt die Gewinnrezession in diesem Jahr ausfallen könnte. Die kräftigen Zinserhöhungen der Zentralbanken werden erst in diesem Jahr in der realen Wirtschaft und damit in den Bilanzen und Erfolgsrechnungen der Unternehmen zu sehen sein. Zumindest auf der Aktienseite ist die Zeit für Experimente deshalb nicht gekommen und wir bleiben defensiv positioniert. 

Fixed-Income-Strategie

Nach einem sehr schwierigen Jahr im Fixed-Income-Bereich, in dem zehnjährige US-Staatsanleihen mehr als 16% verloren haben, erwarten wir im laufenden Jahr wieder positive Renditen. Da die wichtigsten Notenbanken weiter an der Zinsschraube drehen dürften, ist eine Erhöhung der Duration noch nicht opportun. Die Volatilität dürfte im historischen Vergleich hoch bleiben, da die Visibilität in Bezug auf die Geldpolitik, insbesondere der EZB und der BoJ begrenzt ist. Vor diesem Hintergrund bevorzugen wir weiterhin kurzfristige Staatsanleihen und haben eine klare Präferenz für Unternehmensobligationen gegenüber hochverzinslichen Anleihen aufgrund des Emittenten-Risikos.

Alternative Anlagen

Im aktuellen Marktumfeld bleiben Portfoliobausteine mit einer niedrigen Korrelation zu Aktien und Obligationen gefragt. Sowohl Hedgefonds wie auch «Liquid Alternatives» sind hier unsere bevorzugten Investitionsmöglichkeiten. Gold gehört langfristig in jede Vermögensallokation. Nach einer Rally von über 10% warten wir für eine weitere Akkumulation auf einen Rückschlag.

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