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Schnallen Sie sich an: Flut von US-Arbeitsmarktdaten wird nächsten Fed-Entscheid beeinflussen

Der September bringt häufig erhöhte Volatilität an den Aktienmärkten mit sich. Auch in diesem Jahr stehen einige Ereignisse an, die die Kapitalmärkte beeinflussen werden. Besonders hervorzuheben sind kritische Arbeitsmarktdaten aus den USA sowie die nächste Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC), auf der die US-Notenbank wahrscheinlich einen Zinssenkungszyklus einleiten wird. Angesichts sich verändernder Wirtschaftsindikatoren und der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen verdienen diese Entwicklungen besondere Aufmerksamkeit.

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Autor
Tina Jessop, Senior Economist, LGT Private Banking
Lesezeit
10 Minuten

US Schuldenobergrenze
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Der September ist häufig durch eine erhöhte Volatilität an den Aktienmärkten gekennzeichnet. Auch dieses Jahr stehen mehrere wichtige Ereignisse an, die die Kapitalmärkte beeinflussen werden. Eine Reihe von Arbeitsmarktdaten wird weiteren Aufschluss über den Zustand der US-Wirtschaft geben. Mit besonderer Spannung wird die Sitzung des Federal Open Market Committee (FOMC) am 18. September erwartet. Diese Sitzung, auf der die US-Notenbank (Fed) die Geldpolitik für die nächsten sechs Wochen festlegt, ist von besonderer Bedeutung, da sie im Vorfeld der umkämpften US-Präsidentschaftswahlen im November stattfindet. Aktuell wird am Markt weitgehend davon ausgegangen, dass die Fed einen Zinssenkungszyklus von den derzeitigen Mehrjahrzehnthochs einleiten wird. Allerdings gehen die Meinungen über das Ausmass der Zinssenkungen auf der bevorstehenden September-Sitzung und darüber, ob der Markt die Entwicklung der Fed Funds Rate in den nächsten sechs bis zwölf Monaten richtig einschätzt, weit auseinander. 

Viel Lärm um nichts?

Doch zunächst ein Schritt zurück: Der Arbeitsmarktbericht dieser Woche und ähnliche Arbeitsmarktindikatoren folgen auf einen unerwartet enttäuschenden Arbeitsmarktbericht für Juli. Die Arbeitslosenquote in den USA stieg von 4.1% auf 4.3% und löste damit einen weiteren Rezessionsindikator aus, die "Sahm-Regel". Dieser Wachstumsschreck liess Aktien weltweit ins Trudeln geraten, was durch die geringen Handelsvolumina während der Sommerferien noch verstärkt wurde. Dies führte zu einer deutlichen Neubewertung der geldpolitischen Erwartungen, da die Anlegerinnen und Anleger nun mit aggressiveren Zinssenkungen der Fed bis Jahresende rechneten. Obwohl die Aktien ihre Verluste inzwischen wieder wettgemacht haben, sind die Erwartungen an Zinssenkungen nach wie vor hoch.

Der Prozess der geldpolitischen Normalisierung ist an sich schon eine grosse Herausforderung, ganz besonders jedoch, wenn man sich auf dem Weg zu einer sanften Landung befindet, während gewisse Bereiche der Wirtschaft nach wie vor mit hartnäckiger Inflation zu kämpfen haben. Die Enttäuschung am Arbeitsmarkt im letzten Monat könnte sich als ein Sturm im Wasserglas erweisen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit auf eine Zunahme des Arbeitskräfteangebots (Neu- und Wiedereinsteiger) sowie auf vorübergehende Entlassungen zurückzuführen ist, die wahrscheinlich stark von schlechten Wetterbedingungen beeinflusst wurden. Dauerhafte Entlassungen, die auf einen umfassenderen Personalabbau hindeuten würden, sind mit wenigen Ausnahmen in bestimmten Sektoren nach wie vor nicht in grösserem Umfang zu beobachten. Gleichzeitig trotzen die Verbraucherausgaben weiterhin den höheren Zinssätzen und verschiedene BIP-Nowcasts für das laufende Quartal gehen von einer robusten annualisierten Wachstumsrate von 2 bis 3% aus.

Wir sehen Anzeichen für Zinssenkungen um 100 Basispunkte bis zum Jahresende

Dennoch glauben wir, dass die Fed eher jene Erwartungen für eine Zinssenkung erfüllen wird, die auf der "dovishen" Seite liegen. Diese Annahme wird durch deutliche Anzeichen für eine Verlangsamung des Arbeitsmarktes gestützt. Die Einstellungsabsichten im privaten Sektor haben sich merklich abgekühlt, die Zahl der offenen Stellen nähert sich dem Niveau vor der Covid-19-Krise, und das Lohnwachstum lässt nach. Auf der Konferenz in Jackson Hole betonte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell ausdrücklich, dass die Fed "eine weitere Abkühlung der Arbeitsmarktbedingungen weder anstrebt noch begrüsst", und bestätigte damit implizit die sich verändernde Dynamik des Arbeitsangebots. Darüber hinaus sind wir der Ansicht, dass der inflationsbereinigte Leitzins sehr restriktiv ist und dass eine rechtzeitige Rückkehr zu einem "neutralen" Niveau notwendig ist, um das Risiko einer ausgeprägteren Konjunkturabschwächung oder eines externen Schocks, der sich negativ auf das Vertrauen der Verbraucher und Kleinunternehmen auswirken könnte, zu mindern. Wir erwarten daher eine Senkung um 50 Basispunkte im September, gefolgt von zwei weiteren Senkungen um jeweils 25 Basispunkte auf den FOMC-Sitzungen im November und Dezember.   

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