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Market View & Insights
Von Turnschuhen bis zu 27-Millionen-Euro-Schränken: Was treibt Sammler an?
Menschen sind doch einfach wundervolle Geschöpfe. Ich meine, warum sammelt jemand zwanghaft Rasenmäher oder Tintin-Ephemera? Was treibt Promis wie Tom Hanks dazu, Schreibmaschinen zu kaufen - das tut er im grossen Stil seit den 1970ern -, was bringt Amanda Seyfried dazu, Tiere zu ersteigern - und zwar keine Plüschtiere, sondern ausgestopfte? Und was veranlasst Coldplay-Bassist Guy Berryman, Autos, Kameras, Synthesizer, Werkzeuguhren - oh, und seltene Kleidung anzuhäufen?
Ah, diese Sammler! Es mag nur wenig Gemeinsamkeiten zwischen den oben genannten Gegenständen geben, aber ihre Besitzer vereint der Drang, Objekte zusammenzustellen und sie zu ordnen. Dieses Bedürfnis reicht bis zu den frühen Menschen zurück. Und auch wenn der Impuls schwierig zu verstehen sein mag: Ihm verdanken viele der grossen Museen und Kunstgalerien der Welt ihre Existenz.
Der Prado und der Louvre entstanden aus konfiszierten königlichen Kunstsammlungen, die einst die Leidenschaft reicher Monarchen waren. Das British Museum, die älteste nationale Kunstsammlung der Welt, begann mit Objekten aus dem Besitz des königlichen Arztes Sir John Sloane, und die National Galery in London mit einem Vermächtnis von 38 Gemälden des russisch-emigrierten Bankiers John Julius Angerstein. Die Fürstlichen Sammlungen Liechtensteins, aufgeteilt auf zwei Palais in Wien und das Schloss Vaduz, spiegeln vier Jahrhunderte Kennertum wider.
Heute wächst eine völlig neue Generation von Sammlern heran, die zunehmend gerne online einkauft - Reise- und Ausstellungsbeschränkungen verstärken diesen Trend noch -, und verschiedensten Interessen frönt, die von digitalen Installationen bis hin zu chinesischer Keramik reichen.
Da sind zum Beispiel die drei Peters-Schwestern aus Florida, alle in ihren Zwanzigern, auch bekannt als @thechickswithkicks, deren Sammlung von über 6 000 Paar Turnschuhen von ihrem Vater in den 1980er Jahren begonnen wurde. Bevor Sie auflachen: Die Schwestern haben ein Paar ungetragene Nike AirForce 1 mit einem Preisschild von etwa 20 000 US-Dollar. Die Sammlung wird auf einen Wert von etwa 2 Millionen US-Dollar geschätzt. Die Schwestern erklären, dass sie zahlreiche Paare im Wert von Zehntausenden von Dollar besitzen. Einige davon entsprechen dem Preis von Luxusfahrzeugen.
Die "Chicks with Kicks" sind mit der Sammlung ihres Vaters aufgewachsen. Sie erzählen MAG/NET: "Unser Vater war immer einen Schritt voraus und bewunderte Turnschuhe als Kunstwerke, bevor sich irgendjemand über ihre Zweckmässigkeit hinaus für sie interessierte." Aufgrund seiner schieren Liebe zu diesem Handwerk begann er, von bestimmten Modellen doppelte Paare zu kaufen, damit er eines tragen und ein anderes behalten konnte. "Während unserer Kindheit erhielt unser Vater wöchentlich Schachteln mit Turnschuhen. Wir waren immer Teil dieses Rituals."
Den Schwestern machte es Spass, seltene Paare aufzuspüren, die ihr Vater ausgesucht hatte. Mit der Zeit wurden Turnschuhe auch zu einer Investition. Als sie begannen, Bilder auf Instagram hochzuladen, entwickelte sich bald ein lukratives Geschäft mit seltenen Sneakers - ausschliesslich auf Instagram. "Wir sahen auch den finanziellen Wert jedes Paares, das unser Vater gekauft hatte." Die Schwestern argumentieren, dass Sammeln nicht entweder Leidenschaft oder Business sein muss: "Oft sind die grössten Geschäftserfolge das Ergebnis echter Leidenschaften."
Was uns zu dem eindeutigsten Motiv für Sammeln bringt: der Investition. Im Laufe der Jahre hat S.D. Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein 700 Werke in die Kunstsammlungen der Familie aufgenommen - darunter das 27 Millionen Euro teure Badminton-Kabinett -, um die Qualität und damit den Wert der Sammlung zu steigern. "Kunstsammeln und Banking passen sehr gut zusammen", bemerkt er, "und wir haben den grossen Vorteil, dass unsere Bank beides vereint." Die Fürsten von Liechtenstein sehen Kunst jedoch nicht nur als Investition. Als eine Familie von leidenschaftlichen Kunstsammlern schätzen sie Gemälde und Statuen wegen der Werte, die sie vermitteln - Tradition, Kompetenz, Langlebigkeit.
Das modische Bestreben, Kunst zu sammeln - das Äquivalent zu Sneakers im 17. Jahrhundert, wenn man so will - entstand erst in der Barockzeit, als sich Gemälde und Objekte von religiöser Andacht zu Weltlicherem hin entwickelten. Künstler wurden gleichzeitig von Handwerkern zu Berühmtheiten.
Der Kunsthistoriker Niko Munz war Kurator für die Ausstellung "Charles der Erste: König und Sammler" an der Royal Academy, die Gemälde aus dem "Mantua-Kauf" von 1627-8 umfasste. "Charles kaufte quasi das künstlerische Erbe eines ganzen Stadtstaates", erklärt er, "aber im Vergleich zu Masken oder Wandteppichen kostete das nicht so viel. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts begannen Gemälde den Geldwert zu entwickeln, den wir heute mit ihnen assoziieren - aber zur Zeit von Charles kostete ein Seidenkleid wahrscheinlich mehr als ein Raffael."
Für Charles ging es nicht um Geld, wie aus dem Inventar hervorgeht, das vom Gutachter seiner Sammlungen zusammengestellt und vom König selbst detailliert ergänzt wurde. "Man spürt, dass es das Ergebnis einer wirklichen Besessenheit ist", sagt Munz, "die Tiefe der Beschreibung, die pingeligen Details... Das ist einzigartig, sogar im Vergleich zu anderen europäischen Höfen."
Heute kann man viele von Charles' Gemälden in London sehen. Nicht weit davon entfernt gibt es zwei sehr andere Orte, die sowohl die langsam zunehmende Attraktivität des Sammelns als auch das allmähliche Auftauchen von öffentlich ausgestellten Sammlungen zeigen.
Das "Sir John Soane's Museum", eine spektakuläre Sammlung architektonischer und künstlerischer Ankäufe, die der gleichnamige Architekt ab den 1790er Jahren zusammenstellte, füllt jeden Zentimeter seiner drei zusammengelegten Häuser in Holborn in Central London.
Soane, ein Selfmademan, sammelte sein ganzes Leben lang für sich selbst und seine Schüler, die während der Napoleonischen Kriege keine klassischen Stätten in Europa besuchen konnten. Helen Dorey, die stellvertretende Direktorin und Inspektorin des Museums, erklärt, dass er dabei ein Ziel verfolgte: "Er wollte die Dinge nicht in einer zeitlichen Reihenfolge ordnen... aber er wollte Künstlern, Bildhauern und Architekten etwas hinterlassen. Das Haus wurde, wenn Sie so wollen, zur Quintessenz einer Zeit, zu einem Schritt zurück in die Antike, zu einer Quelle der Inspiration."
Eine Tube-Fahrt von Soanes Museum entfernt befindet sich eine weltberühmte Sammlung von Pflanzen- und Blumengemälden, die von der Botanikerin Dr. Shirley Sherwood in einer eigenen Galerie im Royal Botanic Gardens in Kew zusammengetragen wurde. Wie Soanes Sammlung basiert sie auf hart erarbeitetem Expertenwissen und der Leidenschaft für Kunst. Im Gegensatz zu Soanes Sammlung stammen die Werke von zeitgenössischen Künstlern.
"Ich fühlte mich von der Integrität der botanischen Malerei angezogen", erklärt Dr. Sherwood, "von der genauen Beobachtung, die sie erfordert, von der Eleganz und der simplen Schönheit der Gemälde. Ich wollte schon immer eine Blume zerpflücken... Auf gewisse Weise war das besser als Fotografie."
Vor 30 Jahren war es selten, zeitgenössische Werke zu sammeln, und sie konnte beobachten, wie Künstler entdeckt wurden und sich etablierten: "Das Internet hat einen grossen Unterschied gemacht", sagt sie, "Ich kann Werke eines Künstlers sammeln, der in Spanien oder Australien lebt. Es ist erschreckend einfach!"
Und obwohl sie keine Meister der Vergangenheit sammelt, fasziniert sie deren Arbeit, insbesondere die der Gebrüder Bauer, zufällig Söhne des Liechtensteiner Hofkünstlers, die von den 1770er bis 1830er Jahren malten. Ihr Frühwerk, darunter das als Codex Lichtenstein bekannte Pflanzenverzeichnis, ist heute Teil der Fürstlichen Sammlungen.
"Ich glaube nicht, dass meine Sammlung mich kontrolliert", sagt Dr. Sherwood nachdenklich, "Als ich bei tausend Gemälden angelangt war, entschied ich, dass es zu umständlich wurde, also hörte ich auf. Etwa zwei Monate lang. Dann musste ich wieder anfangen - und ich sammle immer noch!"
Überall auf der Welt werden Köpfe mitfühlend nicken.
Die Fürsten von Liechtenstein sind seit über 400 Jahren leidenschaftliche Kunstsammler. Sie haben in diesem Zeitraum eine der bedeutendsten privaten Sammlungen mit Hauptwerken europäischer Kunst aus fünf Jahrhunderten aufgebaut.