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Market View & Insights
Neue Organisationsformen krempeln die Arbeitswelt um. Weniger Bürokratie und Hierarchie, dafür innovativer, flexibler und kreativer. New Work ist ein Sammelbegriff für verschiedene Konzepte. In der Praxis wird oft eine Mischform angewendet. Das sind die bekanntesten New-Work-Organisationsformen:
Anpassungsfähigkeit genügt nicht: Damit Unternehmen sich auf neue Anforderungen einstellen können, müssen sie schnell sein. Das hatten die Softwareentwickler um Jim Highsmith schon länger realisiert und 2001 in den Bergen von Utah bei einem Skiweekend im "Agile Manifesto" auch niedergeschrieben. Ihnen war aufgefallen, dass bei vielen Projekten die Anforderungen vor Beginn der Entwicklung festgelegt wurden und dass dies oft nicht zum Ziel führte. Mit Agilität ist generell ein kollaborativer, iterativer Ansatz zur Entwicklung eines Produkts gemeint. Arbeitsmethoden wie Scrum oder Kanban strukturieren den Prozess.
Beispiel: Spotify. Beim schwedischen Musik-Streaming-Dienst sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in "Squads" organisiert. Mehrere Squads bilden ein "Chapter", diese wiederum einen "Tribe". "Guildes" sind spartenübergreifende Teams, die nach Bedarf gebildet werden.
Auch bei der LGT kommen neue Organisationsformen zum Einsatz. So entwickelt das Team von Finn Ross ein neues hybrides Produkt für Relationship und Investment Manager. Damit sollen Bankkundinnen und -kunden eine noch bessere Beratung und mehr Performance erhalten. Die Mitglieder von Ross’ Team befinden sich in Adliswil, Liechtenstein, Barcelona und Aachen, wo wiederum klassische agile Teams von acht bis zehn Personen und je einem Scrum-Master arbeiten. "Diese Komplexität auf mehreren Ebenen erfordert eine Skalierung der agilen Organisation", erklärt Ross. Regelmässige analoge Workshops und Hackathons, bei denen Konzepte, Lösungen und Software zu vorgegebenen Themen gemeinsam entwickelt werden, sind für diese Organisationsform ebenfalls erforderlich. "Meine wichtigste Aufgabe ist es, in die Beziehungen im Team zu investieren", sagt Ross.
LGT Advice gehört zu den ersten Projekten bei der LGT, die mit Scaled Agile organisiert sind. Stefan Wolf, Head Transformation and Operations bei LGT, sagt: "New Work ist bei uns schon länger ein Thema. Richtig Schub erhalten haben die neuen Organisationsformen aber ganz klar mit der Covid-19-Pandemie."
Das Konzept basiert auf der Vorstellung, dass die Evolution ein fortlaufender Prozess von Wachstum und Entwicklung ist. Vorbild sind lebende Organismen, die sich einem sich stets verändernden Umfeld anpassen müssen, um zu überleben. Das Modell setzt auf selbstverwaltete Teams und ganzheitliches Denken, auf Selbstorganisation und autonomes Arbeiten. Ausserdem soll sich jeder Mensch als Ganzes zeigen können, mit seinen emotionalen, intuitiven oder spirituellen Aspekten, nicht nur in seiner beruflich-professionellen Rolle. Im Mittelpunkt steht eine gemeinsame Mission, zum Beispiel Kreislaufwirtschaft. Solchen Organisationen gab der belgische Wirtschaftsphilosoph Frederic Laloux in seinem Grundlagenwerk "Reinventing Organizations" den Farbcode""blaugrün", englisch "teal".
Beispiel: Patagonia. Das US-Unternehmen für Outdoorbekleidung fokussiert auf Umweltschutz und entsprechende Werte. Ab 1994 verarbeitete die Firma nur noch Bio-Baumwolle, die dreimal teurer war. Dennoch zahlte sich das finanziell aus - und inspirierte andere Marken, dem Beispiel zu folgen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürfen jederzeit selbständig soziale und ökologische Initiativen ergreifen.
Ein modernes Konzept zur Arbeits- und Prozessoptimierung. Die gesamte Wertschöpfungskette ist rein auf die Bedürfnisse der Kundschaft und kontinuierliche Verbesserung ausgerichtet. Verschwendung wird strikt vermieden, alles, was keinen Mehrwert für die Kundschaft bietet, eliminiert.
Beispiel: Toyota. Der japanische Automobilhersteller entwickelte das Lean-Prinzip und optimierte konsequent sämtliche Arbeitsprozesse.
Ein Organisationsmodell mit flachen Hierarchien, das auf Selbstorganisation und transparenten Entscheidungsstrukturen basiert. Die Holokratie wurde vom Unternehmer Brian Robertson aus Philadelphia auf Basis der Soziokratie (gemeinsame Entscheidung) entwickelt und ist auf transparente und partizipative Beteiligungsmöglichkeiten ausgerichtet.
Beispiel: Zappos. Der Online-Schuhhändler aus Las Vegas schaffte 2013 Titel, Hierarchiestufen und Abteilungen ab. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisierten sich fortan selbst und arbeiteten gleichberechtigt in dynamischen Aufgabenkreisen zusammen. Mit dieser Freiheit und dem anspruchsvollen Selbstmanagement konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchaus umgehen: Zwei Jahre später hatten nur 14 Prozent der Belegschaft gekündigt.
Diese mehrdimensionale Struktur, auch Mehrliniensystem genannt, ist eine Mischung aus Stamm- und Projektorganisation. Aufgaben aus einem Projekt werden auf mehrere Abteilungen, Teams und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilt. Da alle Beteiligten sowohl funktional als auch produktorientiert organisiert sind, können sie flexibler auf verschiedene Anforderungen reagieren. Teammitglieder haben neben ihrer traditionellen Abteilungsleitung einen weiteren Vorgesetzten: den Projektmanager, die Projektmanagerin. Er oder sie ist Boss bei allen Aufgaben, die das Projekt selbst betreffen. Wie stark oder schwach die Autorität der Projektleiterinnen und Projektleiter ist, hängt von der Matrixstruktur ab.
Beispiel: Procter & Gamble. Das multinationale Konsumgüterunternehmen kann dank einer Matrixstruktur flexibel auf verschiedene Marktanforderungen reagieren.
Statt traditioneller Aufsichtsmechanismen von oben nach unten hat diese Struktur wenige und flache Hierarchien. Die Teams bilden kleine, multidisziplinäre Einheiten, die unabhängig voneinander arbeiten oder in einem Netzwerk verbunden sind und flexibel zusammenarbeiten, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen.
Beispiel: Starbucks. Die Kaffeekette ist als Netzwerk unabhängiger, lizenzierter Geschäfte strukturiert. Dies garantiert eine schnelle Skalierung, aber auch die Kontrolle über Qualität und Kundenerlebnis in den Filialen.
Dieses System beschreibt die Fähigkeit, sich in einer Organisation synchron zu den Veränderungen des Umfeldes zu verändern und zu bewegen. Fluide strukturierte Unternehmen passen sich permanent in einer sogenannten bidirektionalen Interaktion mit dem Organisationsumfeld an. Die Organisation versteht sich als Knotenpunkt, die Arbeit findet in Projekten und Projektnetzwerken statt und zeichnet sich durch eine hohe Dynamik aus. Oft sind die Arbeiten in Programme und Portfolios aufgeteilt, die oft nur für eine kurze, definierte Zeitspanne bestehen.
Beispiel: Valve Corporation. Das US-Unternehmen entwickelt Software und Videospiele. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können ihre Projekte frei wählen und selbst bestimmen, wann sie woran arbeiten und mit wem.
Der Begriff ist eine Kombination von "Ad Hoc" und "…kratie", dem griechischen Wort für "herrschen“, und bezeichnet eine Organisationsform, die weitestgehend auf Bürokratie verzichtet. Typisch sind demokratische Entscheidungsstrukturen und partizipative Arbeitskultur, in der verschiedene Personen zusammenarbeiten, um die beste Lösung für ein Problem zu finden - und ein gemeinsames Ziel anzusteuern. Auf Autorität oder abstrakte Seniorität wird wenig Wert gelegt. Geführt wird in geteilter Verantwortung, jeder und jede hat die Kompetenz, Massnahmen zu ergreifen. In Branchen mit einem hohen Grad an Unvorhersehbarkeit hat die Adhocracy Vorteile, da sie kurze Wege und schnelle Entscheidungen ermöglicht. Zentral ist jedoch eine gute Kommunikation - und dass alle am gleichen Strick ziehen.
Beispiel: Tesla. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind explizit aufgefordert, sämtliche Normen und Arbeitsabläufe zu hinterfragen, Risiken einzugehen und die Grenzen neuer Technologien auszutesten.
Alle Angestellten arbeiten, als gehöre ihnen die Firma. Sie haben somit ein grosses Interesse am Erfolg des Unternehmens und verbessern laufend die Prozesse und Produkte, um den Erfolg zu steigern. Sie ergreifen selbständig Initiativen und suchen nach Optimierungsmöglichkeiten. Am Unternehmen liegt es, die dafür benötigten Voraussetzungen und Strukturen zu schaffen.
Beispiele: Google und 3M. Der Tech-Gigant Google hat eine Richtlinie namens "Innovation Time Off" eingeführt, die Ingenieure und Ingenieurinnen ermutigt, 20 Prozent ihrer bezahlten Arbeitszeit in Herzensprojekte zu stecken. Der US-Technologiekonzern 3M gibt seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Freiraum und Zeit, eigene Projekte zu verfolgen und innovative Ideen innerhalb des Unternehmens zu entwickeln.
Eine Kombination aus einer stabilen, hierarchischen Struktur und einer agilen, netzwerkartigen Struktur zur Förderung von Innovation und Effizienz. Die Strategie wird von der traditionellen, stabilen Hierarchie vorgegeben, das Netzwerk, das schnell auf Veränderungen und Chancen reagieren kann, ist für den operativen Teil verantwortlich. Beide "Betriebssysteme" arbeiten Hand in Hand. Es geht also nicht um ein "Entweder-oder", sondern um ein "Sowohl-als-auch". Es ist vor allem für sehr grosse Firmen oder Organisationen geeignet. Der Fokus liegt auf "Erreichen", nicht auf "Haben". Im besten Fall haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Vision und holen für die Umsetzung Freiwillige mit ins Boot. Von den Verantwortlichen des Unternehmens wird erwartet, dass sie effektiv führen, nicht bloss managen. Zwingend ist ein partnerschaftlicher Umgang zwischen Hierarchie und Netzwerk.
Beispiel: General Electric. Unter der Führung von Jack Welch, von 1981 bis 2001 CEO, implementierte der US-Mischkonzern das Dual Operating System. Heisst: die Kombination von traditioneller Hierarchie und agilen Praktiken.