LGT Private Banking House View

Dezember 2023

Das Fed und die EZB werden noch länger an ihrer restriktiven Geldpolitik festhalten müssen. Ohne eine unerwartete rezessive Dynamik sind daher deutliche Zinssenkungen der Zentralbanken in der ersten Jahreshälfte 2024 unwahrscheinlich. Nach der starken Rally in Staatsanleihen haben wir uns entschlossen, unsere Allokation von "Übergewichten" auf "Neutral" zu reduzieren. Wir gehen davon aus, dass die Volatilität an den Aktienmärkten wieder zunehmen wird, da sich die Aussichten für das Wirtschaftswachstum verschlechtern. In unserer Sektoranalyse stufen wir Versorger auf "Übergewichten" hoch.

Datum
Autor
Gérald Moser, CIO & Head Investment Services Europe
Lesezeit
7 Minuten

Renditen
© Shutterstock

In unserer letzten Ausgabe des Jahres 2023 befassen wir uns mit denselben Themen, die unsere Ansichten in den vergangenen Monaten bestimmt haben: Inflation, Renditen und der regelmässige Wechsel des Narrativs. In diesem Jahr ging es vor allem um die Frage, ob die Inflation ihren Höhepunkt erreicht hat und ob dieser hinter uns liegt. Die jüngsten Inflationszahlen aus den USA waren moderater, was zu einem weiteren Umdenken und zu einem starken Anstieg der Staatsanleihen und der Aktienmärkte geführt hat. 

Da die Datenabhängigkeit der Inflationserwartungen weiterhin wichtig ist, konzentrieren wir uns in unserer makroökonomischen Einschätzung auf den Inflationszyklus. Zwar deuten die jüngsten Daten sowohl in der Eurozone als auch in den USA darauf hin, dass die Inflation schneller als erwartet zurückgeht, doch ist es für die Zentralbanken noch zu früh, den Sieg zu verkünden. Insbesondere in Europa wird der Basiseffekt dem Ziel der Europäischen Zentralbank, die Inflation wieder unter 2% zu bringen, entgegenwirken. In unserer Anlagestrategie erörtern wir die Marktentwicklungen und ihre Auswirkungen auf die US-Notenbankpolitik. Während die Marktdynamik im Oktober zu einer Ver­schärfung der finanziellen Bedingungen führte, was das Federal Reserve (Fed) in ihrem Kampf gegen die Inflation unterstützte, hat die jüngste Rally bei den Staatsanleihen die monetären Bedingungen gelockert, eine Entwicklung, die das Fed wahrscheinlich nicht begrüssen wird. Was die Vermögensallokation betrifft, haben wir beschlossen, unsere Empfehlung nach der Rally von «Übergewichten» auf «Neutral» anzupassen. Diese Umschichtung unserer Position in Staatsanleihen wird in unserem Artikel über festverzinsliche Wertpapiere ausführlicher erläutert. Bei diesen Renditeniveaus haben wir immer noch eine positive strukturelle Neigung zu Staatsanleihen, aber die Geschwindig­keit der Rally und die erhöhte Zinsvolatilität legten eine taktische Umstellung auf «Neutral» nahe. 

Auf der Devisenseite schliesslich werfen wir einen genaueren Blick auf das Währungspaar USD/JPY. Die jüngsten Anpassungen der Bank of Japan, wie etwa eine etwas «haw­kischere» Haltung infolge der Beendigung der täglichen Interventionen zur Kontrolle der Renditekurve, würde eine potenzielle Stabilisierung des Wechselkurse um 150 Yen oder sogar leicht darunter nahelegen. Dies wäre umso mehr der Fall, wenn die US-Notenbank effektiv am Ende ihres Zinserhöhungszyklus angelangt ist.

Makroökonomisches Umfeld 

Die monatlichen Inflationsraten, die das «Rauschen» des Ba­siseffekts der jährlichen Inflation vermeiden, liegen weiterhin über dem Niveau, das mit dem Inflationsziel von 2% der US-Noten­bank und der EZB vereinbar ist. Dies deutet darauf hin, dass beide Zentralbanken ihre restriktive Geldpolitik noch länger fort-setzen müssen. Sofern keine unerwartete rezessive Dynamik eintritt, sind entscheidende Zinssenkungen der Zentralbanken in der ersten Hälfte des Jahres 2024 daher eher unwahrscheinlich. 

Anlagestrategie

Nach der Rally in Staatsanleihen haben wir beschlos­sen, unsere Allokation von «Übergewichten» auf «Neutral» zu reduzieren. Wir halten Staatsanleihen aus stra­tegischer Sicht nach wie vor für attraktiv, aber die jüngste Rally war so rasant, dass eine neutrale Haltung aus taktischer Sicht angemessener erscheint. 

Aktienstrategie

Ausgehend von einer pessimistischen Anlegerstimmung und überverkauften Niveaus löste eine moderate Entspannung der geldpolitischen Bedingungen eine Gegenbewegung an den Aktienmärkten aus. Wir rechnen angesichts der eingetrübten Konjunkturaussichten wieder mit höheren Volatilitätsniveaus. Relatives Aufholpotenzial sehen wir dabei im deutlich zurück­gebliebenen Schweizer Aktienmarkt sowie im kapitalintensiven Versorgersektor in Europa. Wir stufen daher Versorger neu auf «Übergewichten» hoch. 

Anleihenstrategie

Nach dem starken Rückgang der Renditen langfristiger Staatsanleihen in den letzten Wochen halten wir eine vorüber­gehende Gegenbewegung für wahrscheinlich. Für unsere aktuelle Positionierung bedeutet dies, dass wir den jüngsten Kursanstieg nutzen, um unsere Positionierung in Staatsanleihen auf «Neutral» zu reduzieren. Mit Ausnahme des Segments der Hochzinsanlei­hen, wo wir insbesondere die finanziell schwächsten Emittenten meiden, sind wir im gegenwärtigen Zeitpunkt in allen anderen Fixed-Income-Bereichen «Neutral» positioniert. Innerhalb der einzelnen Segmente behalten wir unsere Präferenzen bei. So bevorzugen wir im Kreditbereich kurzlaufende Anleihen von Schuldnern guter Bonität und setzen bei Staatsanleihen auf überdurchschnittlich lange Laufzeiten. 

Währungsstrategie

Das Schicksal des japanischen Yen hängt massgeblich von der Politik der Bank of Japan (BoJ) ab. In letzter Zeit gab es Anpas­sungen, die zu einer Stabilisierung des USD/JPY-Wechselkurses beitragen könnten. Es ist denkbar, dass USD/JPY von hier aus moderat nach unten tendieren könnte, auch angesichts der psychologischen Schwelle von 150 Yen. Ein wesentlicher Teil dieser Gleichung hängt auch von den Entwicklungen in den Vereinigten Staaten ab. 

Alternative Anlagen 

Trotz der geopolitischen Krisen hat sich der Goldpreis nicht wesentlich erhöht. Wir gehen zudem davon aus, dass der Seit­wärtstrend, der sich seit dem Höchststand im Mai bei rund USD 2 050 pro Unze entwickelt hat, intakt bleibt, sofern sich der Konflikt im Nahen Osten nicht ausweitet. Angesichts höherer Realrenditen und eines stabilen US-Dollars hält sich der Goldpreis jedoch gut.

 

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