Start-up-Firmen brauchen oft private Mittel, Kontakte und Know-how von Dritten, um Tritt zu fassen. Sogenannte Business Angels können junge Firmen auf diese Weise unterstützen, wie der Schweizer Firmengründer Gian Reto à Porta aus eigener Erfahrung weiss. Nun ist er vom einstigen Nutzniesser selbst zum Private-Equity-Investor und "Business-Engel" geworden, wie er in einem Hintergrundgespräch darlegt.
Gian Reto à Porta gründete unter anderem das Banken-Start-up Contovista. Der Wirtschaftsinformatiker, Unternehmer und Investor wurde 2022 von der Swiss Private Equity & Corporate Finance Association zum Business Angel des Jahres gekürt. Im selben Jahr hat er mit der Norm Technologies AG ein weiteres Start-up lanciert.
Tilmann Schaal, LGT, führte das Interview
Mit Contovista haben Sie 2013 ein Unternehmen gegründet, das laut Medien eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des datenbasierten Bankings gespielt hat. Bei einem Fokus auf den Dreiklang "Banken, Schweiz, Digitalisierung" konnte für Sie eigentlich nichts schief gehen, oder?
(Lacht) Das tönt jetzt super, und aus heutiger Sicht geschah die Gründung zur richtigen Zeit. Im ersten Jahr hätte ich wahrscheinlich geantwortet, dass wir zu früh dran sind. Aber lieber ein bisschen zu früh sein, denn wenn das Thema aktuell wird, hat man schon einen Zugang zu potenziellen Kunden.
Nicht selten steht ein Jungunternehmen zuerst auf wackligen Füssen. Unterstützung von aussen sorgt dann für mehr Sicherheit. Wie lief das bei Ihnen?
Wir haben früh drei Business Angels bei uns als Investoren dazugeholt. Sie halfen uns insbesondere einzuschätzen, was normal ist und mit welchen Dingen man einfach leben muss. Ihr ehrliches Feedback hat uns extrem geholfen.
Wie war damals in der Schweiz die Situation für Start-ups und Private-Market-Investoren?
Wir hatten seinerzeit viel Glück. Damals musste man sich sehr bemühen, überhaupt Leute zu finden, die Start-ups einigermassen professionell unterstützen. Dagegen gibt es heute für Firmen in der Anfangsphase wirklich viele Organisationen, Events, Support, Clubs …
Wie konnte Contovista dann wachsen?
Die Business Angels haben auch in den nachfolgenden Finanzierungsrunden investiert. Es ging dabei um viel mehr als nur Geld, sondern auch um Wissenstransfer und ihr Netzwerk.
Mittlerweile sind Sie selbst in die Rolle des Investors und Business Angels geschlüpft.
Genau. Nach dem Verkauf von Contovista wurde ich gefragt, ob ich Start-ups unterstützen könnte. Mir macht es Spass, bei unterschiedlichen Firmen reinzuschauen und zu sehen, was funktioniert und was nicht.
Für Schweizer Finanzierer von Jungunternehmen gibt es sicher noch Potenzial.
Als einzelner Investor sind Sie im Wettbewerb mit Banken, Family Offices und Fonds. Oder gibt es da eher eine Rollenverteilung?
Das ist so. Heute gibt es Spezialisten für jede Entwicklungsphase einer Jungfirma. Ich persönlich begleite gerne die ersten Schritte eines Startups, bin manchmal aber auch bei Fonds dabei, die wiederum in Start-ups investieren. So decke ich die fortgeschrittene Phase ab, ohne mich direkt engagieren zu müssen.
Wie hat sich dieses Ökosystem an Kapitalgebern in den vergangenen Jahren in der Schweiz entwickelt?
Mein Gefühl ist, dass Start-ups in der Frühphase mit einem einigermassen guten Team und einer einigermassen guten Idee bis vor eineinhalb, zwei Jahren sehr einfach zu Geld kamen. Nicht immer waren die Produkte oder Dienstleistungen wirklich bahnbrechend. Zudem hat die Verfügbarkeit der Mittel die Bewertungen in die Höhe getrieben, was dann wieder die Endrendite negativ beeinflusste. Seit letztem Jahr ist man deutlich vorsichtiger geworden.
Was in der Schweiz auffällig ist: Wenn ein Start-up schon einen gewissen Erfolg hat und dann Series B-, Series C-Finanzierungen braucht, bekommt es das Geld schlussendlich oft von ausländischen Investoren. Da gibt es für Schweizer Finanzierer sicher noch Potenzial.
All die vielen Marktteilnehmer sind letztlich wegen der Aussicht auf Rendite gekommen. Ist diese Hoffnung berechtigt – und wenn ja – braucht es dazu nicht einen sehr langen Atem?
Einen langen Atem braucht man. Das ist eine andere Asset-Klasse, die anders funktioniert. Das muss man verstehen und die richtigen Leute haben, die die richtigen Investment-Entscheidungen treffen. Schaut man ins Silicon Valley auf das Top-Quartil der Private-Equity-Fonds und vergleicht das mit dem Rest, erkennt man: Der Unterschied ist riesig.
Welche Rollen spielen in diesem System die Banken – gerade im Schweizer Markt?
Meine Erfahrung ist, dass Banken in der ganz frühen Phase als Fremdkapitalgeber keine grosse Rolle spielen. In einer Frühphase kommen sie dann zum Zug, wenn sie über spezielle Vehikel Venture-Kapital zur Verfügung stellen. Oft investieren sie zusammen mit Business Angels, was gut funktioniert. Die Beteiligten wissen dann, wie Start-ups funktionieren. Das ist für das Ökosystem sehr wertvoll.
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