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Market View & Insights
Es wird immer deutlicher, dass sich Persönlichkeitsmerkmale erheblich auf Anlageentscheidungen und das Gesamtvermögen von Menschen auswirken können. Welchem Anlegertyp gehören Sie an? Und gibt es noch Spielraum, um Ihre Anlageerträge zu optimieren?
Studien zeigen: So verschieden die Persönlichkeiten, so unterschiedlich die Finanzentscheidungen. Manchmal führen diese zu guten Ergebnissen. Aber oft resultieren sie in Fehlern und Verzerrungen, die dem Vermögen kurz- oder langfristig schaden können. Das gilt vor allem, wenn Anlegerinnen und Anleger keine professionelle Beratung in Anspruch nehmen.
Werfen wir einen Blick auf aktuelle Untersuchungen in diesem Bereich und auf mögliche Folgen für Anlageentscheidungen.
Die Antwort lautet: ja. Bei Untersuchungen an Zwillingen wurden vererbbare Persönlichkeitsmerkmale mit Auswirkungen auf das finanzielle Verhalten festgestellt. Zum Beispiel ergab eine Analyse, dass genetische Faktoren für 20 bis 30 Prozent des Unterschieds bei der Risikotoleranz zwischen Menschen verantwortlich sind. Auf das Investieren bezogen kann dies Folgendes heissen: Manche Menschen wählen weniger riskante Anlagen für ihr Portfolio, vermeiden komplexe Entscheidungen und treffen eine geringere Zahl von Anlageentscheidungen, während anders veranlagte Anlegerinnen und Anleger risikofreudiger sind.
So viel zu den vererbbaren Persönlichkeitsmerkmalen. Laut den Forschungsergebnissen wird die Anlegerpersönlichkeit zudem durch Eigenschaften wie kognitive Fähigkeiten, Lebenserfahrungen, Alter, Intelligenz, Vermögen, Einkommen, Kompetenzen, Wissen und externe Einflüsse beeinflusst.
Das sind wichtige Erkenntnisse, wie der auf Behavioural Finance spezialisierte Forscher Hersh Shefrin von der Santa Clara University erklärt: "Persönlichkeitsmerkmale sind - zusammen mit Attributen wie Alter und Vermögen - entscheidende Bestimmungsfaktoren für wahrnehmbares, effektives Anlageverhalten. Als Schlüssel zum Verständnis sollte man sich fragen, wie gross die emotionale Bindung zur Anlagehandlung und -erfahrung ist - insbesondere ob man ängstlich oder hoffnungsfroh ist bzw. das Bedürfnis hat, sich als Sieger zu fühlen."
Die Kenntnis von emotionalen Tendenzen ist auch bei der Vermögensverwaltung wichtig. Anlageberaterinnen und Anlageberatern können solche Einblicke - nebst einem scharfen Blick auf die Finanzlage von Kundinnen oder Kunden - helfen, die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Dank einer solchen ganzheitlichen Betrachtung lassen sich Verzerrungen und Fehler unter Umständen vermeiden. Das Resultat ist im Idealfall, ein langfristiges Portfolio zusammenzustellen, das optimal auf die Bedürfnisse der Kundschaft zugeschnitten ist und sie ruhig schlafen lässt.
Risikoscheu und Gewissenhaftigkeit sind zwei zentrale Persönlichkeitsmerkmale. Risikoscheu ist ein sehr verbreiteter Charakterzug. Im Investmentbereich äussert er sich in der Bevorzugung weniger riskanter Anlageoptionen, selbst wenn riskantere Wahlmöglichkeiten insbesondere langfristig betrachtet höhere erwartete Renditen bieten. Risikoscheu hat mit den stärksten Einfluss auf Anlageentscheidungen. Forscher haben herausgefunden: Die Wahrscheinlichkeit, dass Anlegerinnen und Anleger Entscheidungen auf Grundlage subjektiver Risikopräferenzen treffen, ist zehnmal so hoch wie die Wahrscheinlichkeit der Entscheidungsfindung auf Grundlage objektiver Rendite- und Volatilitätskennzahlen.
Gordon Clark, emeritierter Professor an der Oxford University, sagt dazu: "Viele Leute sind so risikoscheu, dass sie sich selbst schaden. Ein bewussterer Ansatz würde es ihnen ermöglichen, sich stärker in riskanteren Anlagen wie Aktien zu engagieren, die langfristig viel bessere Renditen abwerfen."
"Sich über die eigenen Neigungen bzw. Voreingenommenheiten bewusst zu sein, kann dabei hilfreich sein. Es kann zum Beispiel dabei helfen, kurzfristige Risiken oder auch Chance zugunsten von besseren langfristigen Möglichkeiten auszublenden. Doch nicht alle Menschen sind risikoscheu. Andere sind zu selbstsicher und gehen auch dann bereitwillig Risiken ein, wenn eigentlich mehr Besonnenheit gefragt wäre. In beiden Fällen muss das individuelle Urteil durch eine professionelle Beratung nachjustiert werden."
Ein gutes Beispiel für Risikoscheu ist ein vorzeitiger Fokus auf Kapitalerhalt. Er veranlasst Anlegerinnen und Anleger dazu, sich zu früh im Leben - also z. B. in ihren Fünfzigern - aus riskanteren Anlagen zurückzuziehen. Dadurch verzichten sie in den folgenden Jahrzehnten auf wertvolle Anlageerträge.
"Übervorsichtigkeit kann selbst im Alter von 60 und darüber - bei einer angenommenen Lebenserwartung von durchschnittlich weiteren 23 Jahren - selbstschädigend sein", so Clark. Abgesehen davon müssten sich viele Anlegerinnen und Anleger fragen, was sie ihren Hinterbliebenen einmal hinterlassen möchten.
Meir Statman und Carrie Pan von der Santa Clara University fanden bei der Erforschung des Persönlichkeitsmerkmals der Gewissenhaftigkeit heraus, dass dieses mit einer relativ geringen Risikobereitschaft einhergeht. Statman erklärt dazu Folgendes: "Das ist wichtig. Denn Menschen, die beträchtliche Vermögenswerte angesammelt haben, tendieren zu grosser Gewissenhaftigkeit und Selbstbeherrschung. Das hat ihnen in jungen Jahren beim Sparen geholfen. Wenn sie älter werden, fällt es ihnen aber unglaublich schwer, diese Gewissenhaftigkeit aufzugeben, weshalb sie dann geizig wirken."
"Finanzberaterinnen und Finanzberatern fällt es schwer, ihren Kundinnen und Kunden gute alte Gewohnheiten auszureden, die sich ins Negative verkehren. Nach ihrem Tod sind solch gewissenhafte Menschen oft die reichsten auf dem Friedhof. Sie sollten lernen, dass es besser ist, mit warmer statt mit kalter Hand zu geben."
Um Ihre Anlegerpersönlichkeit zu verstehen, ist es hilfreich, einen Blick auf die Entscheidungsfindungsprozesse der vier wichtigsten Anlegertypen zu werfen.
Für Sie ist es wichtig, sowohl Ihren eigenen Anlegertypus als auch Ihre Risikofähigkeit auf Grundlage von Faktoren wie der Vermögensgrösse und dem geplanten Verwendungszeitpunkt zu verstehen. Wenn Ihre Risikobereitschaft deutlich von Ihrer Risikofähigkeit abweicht, sind Sie zur Überbrückung dieser Kluft wahrscheinlich auf weitere Beratung und Aufklärung angewiesen.
Das obige Persönlichkeitsmodell ist nur eines von vielen, und Wissenschaftler entwickeln dauernd neue Modelle. So hat zum Beispiel das US-Forschungsinstitut National Bureau of Economic Research 2023 Verbindungen zwischen Anlageentscheidungen und den fünf grossen Persönlichkeitsdimensionen ("Big Five") Extraversion, Soziale Verträglichkeit, Offenheit, Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus festgestellt.
Der Neurotizismus als Dimension der emotionalen Stabilität wirkt sich besonders stark aus, führt er bei Menschen doch zu einer pessimistischeren Einschätzung von Aktienrenditen und Markteinbrüchen. Personen mit solchen Persönlichkeitsmerkmale tendieren zu erhöhter Wachsamkeit, weshalb sie ihre Portfolios häufig überprüfen. In der Literatur wird dieses Verhalten manchmal als "Erdmännchen-Effekt" bezeichnet.
Beim Verstehen der eigenen Persönlichkeit geht es nicht darum, einen festen Persönlichkeitstyp zu "enthüllen". Die Aufgabe liegt eher darin, sich selbst nach und nach bewusster wahrzunehmen. Ziel ist es, innezuhalten und die eigenen emotionalen Reaktionen auf persönliche und externe Finanzereignisse zu beobachten, bevor man zur Tat schreitet. Wenn Ihnen Fehler unterlaufen, lohnt es sich, über die Rolle Ihrer Persönlichkeit und mögliche Lerneffekte nachzudenken. Auch aus richtigen Entscheidungen können Sie lernen, sollten sich aber vor Selbstüberschätzung hüten.
Unsere Persönlichkeit ist tief verwurzelt. Wer negativen Auswirkungen entgegenwirken möchte, braucht also Übung. Die Unterstützung durch eine professionelle Beratung ist hierfür unverzichtbar. Denn Ihre Kundenberaterin oder Ihr Kundenberater ermittelt Ihre Persönlichkeitsmerkmale, kombiniert dieses Wissen mit einer ganzheitlichen Betrachtung Ihrer Lebensumstände und hilft Ihnen auf dieser Grundlage dabei, eine Strategie zu entwickeln und die bestmöglichen Ergebnisse anzustreben.