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Market View & Insights
In den Kursen der Anleihenmärkte sind Zinssenkungen und eine sanfte Landung der Wirtschaft bereits eingepreist. Kann vor diesem Hintergrund bei der Anlage in festverzinsliche Wertpapiere eine Barbell-Strategie helfen, vorsichtig zu bleiben?
Bis Oktober 2023 mussten sich Anleiheninvestorinnen und -investoren damit abfinden, dass ihre festverzinslichen Wertpapiere bereits im dritten Jahr in Folge nur niedrige Erträge abwarfen. Sie hofften auf positive Nachrichten im Jahr 2024. Doch als die US-Daten auf einen unerwartet schnellen Rückgang der Inflation hindeuteten, schlug die Marktstimmung um. Innerhalb von zwei Monaten stürzte die als Barometer geltende Rendite der zehnjährigen US-Anleihe von einem Höchststand bei knapp fünf Prozent auf 3.8 Prozent ab. Dies wurde als Zeichen gewertet, dass die US-Notenbank Fed die Zinsen ab dem Jahr 2024 viel früher und schneller senken würde als bisher erwartet.
Noch vor Jahresende war klar, dass der Anleihenmarkt bereits 150 Basispunkte an Zinssenkungen am kurzen Ende einpreiste. Dies entspricht einem Rückgang von 5.33 Prozent auf 3.83 Prozent im Jahr 2024. Simon Weiss, Head of Fixed Income Strategy bei der LGT: "Was wir in 12 Monaten erwartet haben, ist in nur zwei Monaten eingetreten!"
Diese Trendwende von einer pessimistischen Marktpsychologie hin zu einem optimistischeren Ausblick beruhte auf der Einschätzung, dass eine harte Landung der Wirtschaft - also eine Rezession - viel unwahrscheinlicher sei als eine weiche Landung. Die Händlerinnen und Händler hatten gedacht, die Fed würde die Zinsen nur bei einer starken Rezession senken. Ihre Stimmung hellte sich auf, als das Szenario einer sanften Landung sie überzeugte und in Kombination mit der rückläufigen Inflation Zinssenkungen möglich erscheinen liess.
"Auch wir haben für dieses Jahr Zinssenkungen erwartet und rechnen weiter damit", so Weiss. "Wir denken aber, dass 75 bis 100 Basispunkte wahrscheinlicher sind." Es kommt nur sehr selten vor, dass die Fed ihre Leitzinsen bei jeder Monatssitzung um 25 Basispunkte senkt. Genau dies suggerieren aber die derzeit in den Kursen eingepreisten Zinssenkungen um 150 Basispunkte. Laut Weiss stellen aber beide Szenarien eine Herausforderung für die Anleiheninvestorinnen und -investoren dar.
Ein Barbell-Ansatz kann gewisse Chancen eröffnen und gleichzeitig Risiken reduzieren. Diese Strategie beinhaltet Investitionen in längerfristige Staatsanleihe und in Unternehmensanleihen mit kürzerer Laufzeit. Die länger laufenden Staatsanleihen sollten von einer Konjunkturabkühlung und von Zinssenkungen profitieren. Und weil die LGT von einer Erhöhung der Kreditaufschläge (Credit Spreads) in diesem Jahr ausgeht, können sorgfältig ausgewählte, kurzfristige Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating zum derzeitigen Bewertungsniveau Potenzial bieten.
Mehrere Faktoren sprechen für einen vorsichtigen Ansatz. Im Moment liegt eine inverse Zinsstrukturkurve vor. Das heisst, dass die Anlegerinnen und Anleger für kürzerfristige Instrumente höhere Zinsen bekommen als für langfristige. Normalerweise erhalten Investorinnen und Investoren eine Prämie, wenn sie Gelder über längere Zeiträume verleihen. Eine solche inverse Zinsstrukturkurve ist ungewöhnlich, wobei Weiss hier 2024 mit einer Wende - oder unter Anleihengesichtspunkten betrachtet mit einer Normalisierung - rechnet.
Eine Normalisierung der Zinsstrukturkurve würde dazu führen, dass traditionellere Käuferinnen und Käufer - etwa Banken und Finanzinstitute - wieder auf den Markt für längerfristige Anleihen zurückkehren. Denn in diesem Fall erhielten sie wieder eine normalere Prämie für ihr Investment.
Dies wäre auch ein Beitrag zur Wiederherstellung eines traditionelleren Verhältnisses zwischen Aktien und festverzinslichen Wertpapieren, bei dem die Anleihenkurse in Zeiten steigender Aktienkurse fallen. In den letzten Jahren sind beide Anlageklassen im Gleichklang gestiegen und gefallen, wodurch den Anlegerinnen und Anlegern die üblichen Quellen der Portfoliodiversifizierung genommen wurden. "In einem Umfeld mit hohen und weiter steigenden Renditen sowie hoher Inflation können Anleihen nicht als Absicherungsinstrumente dienen, weil es sich nicht auszahlt, Instrumente mit längerer Laufzeit zu halten", so Weiss. "Wenn die Inflation deutlich sinkt, sollte sich die negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen wieder einstellen."
Angesichts der offenen Frage, wie weit und wie schnell die Zinsen fallen werden, sollten die Anlegerinnen und Anleger vorsichtig und flexibel bleiben.
Eine Normalisierung der Zinsstrukturkurve würde auch dazu führen, dass die Anlegerinnen und Anleger ihren Fokus von den Zins- und Durationsrisiken wieder auf das Kreditrisiko richten. Deshalb empfiehlt Weiss den Investorinnen und Investoren, im Rahmen ihrer Barbell-Strategie die Papiere am kurzen Ende sehr sorgfältig auszuwählen. Das heisst, dass der Fokus auf stärkere Unternehmen gelegt werden sollte. "Dieses Jahr werden die Kreditaufschläge voraussichtlich steigen, wenn auch wahrscheinlich nicht so stark wie in einer Rezession."
Vor diesem Hintergrund werden die Anlegerinnen und Anleger auch weiterhin für die Risiken entschädigt, die sie mit Investment-Grade-Unternehmensanleihen am kurzen Kurvenende eingehen, selbst wenn es zu einem stärkeren Abschwung kommt", so Weiss.
Die Risiken einer Barbell-Strategie zum jetzigen Zeitpunkt sind unerwartete Kreditausfälle und das Durations- bzw. Zinsänderungsrisiko. Im weiteren Jahresverlauf empfiehlt Weiss, beide Enden des Barbells auf mögliche Veränderungen hin zu überprüfen. "Ein Grund, das längere Ende im Auge zu behalten, ist, dass wir bei den Kreditrisiken jenseits der kurzfristigen Investment-Grade-Anleihen nur sehr wenig Aufwärtspotenzial sehen", erklärt Weiss. Bei jedem Konjunkturabschwung, und sei er noch so mild, werden die Ratingherabstufungen und Zahlungsausfälle zunehmen, und zwar umso schneller, je weiter unten man sich im Kreditspektrum befindet. "Wir haben derzeit historisch niedrige Ausfallraten, aber das kann sich ändern", so Weiss.
Sollte das Konjunkturszenario, das aktuell in den Anleihenkursen eingepreist ist, nicht eintreten, könnte dies grössere Anlagechancen eröffnen. Wenn die Fed die Zinsen stark und schnell senkt, besteht das Risiko, dass die Inflation nicht weiter sinkt, sondern sogar wieder steigt. Dies könnte der Fall sein, wenn die Arbeitsmärkte angespannt bleiben und die Lohninflation wieder anzieht. In diesem Fall könnte die Fed gezwungen sein, zurückzurudern und die Zinsen wieder anzuheben.
Ein weiteres Risiko könnte auch ganz einfach darin bestehen, dass es mehr Zeit in Anspruch nimmt, bis sich die aktuellen Erwartungen mit dem tatsächlichen Marktszenario decken. "Statt Zinssenkungen im ersten Quartal könnten sie im zweiten Quartal erfolgen", sagt Weiss, "was wir auch erwarten würden. In diesem Fall hätte sich der Markt aufgrund von Übertreibungen übernommen, und die Renditen könnten sich wieder anpassen. Dies würde die Anleihemärkte überraschen und könnte zu einem Anstieg der Renditen führen, was wir wiederum als Einstiegschance für Anlegerinnen und Anleger erachten."
Weiss ruft abschliessend nochmals zur Vorsicht auf. Die Inflation sei zwar erheblich gesunken, liege aber noch immer deutlich über den Zielvorgaben der Zentralbanken. Und er weist darauf hin, dass sich die erheblichen, zur Eindämmung der Inflation vorgenommenen Zinserhöhungen noch längere Zeit auswirken werden. "Wir rechnen nach wie vor für 2024 mit Zinssenkungen. Es fragt sich aber, wie weit und wie schnell die Zinsen sinken. Deshalb sollten die Anlegerinnen und Anleger vorsichtig und flexibel bleiben."
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