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Unternehmertum

Der Netzwerkeffekt

Welche persönliche Rendite bringt der Besuch einer der besten Business Schools der Welt?

Datum
Autor
Steffan Heuer, Gastautor
Lesezeit
5 Minuten

Zwei Personen auf Fahrrädern fahren an einer Backsteinmauer vor einem Gebäude mit der Aufschrift "Insead" vorbei.
Ob INSEAD, Harvard oder HSG: Die Verbindungen, die man an einer Business School knüpft, können über Kontinente hinweg reichen und sich ein Leben lang auszahlen. © INSEAD

Das Studium an einer renommierten Business School ist eine zeitaufwändige Verpflichtung und eine finanzielle Herausforderung. Aber es ist auch ein sicherer Weg, um seinen Lebenslauf zu verbessern, das Einkommenspotenzial zu steigern und die Karriere zu befördern. Insights hat mit fünf Business School Absolventinnen und Absolventen aus Europa, den USA und Südamerika gesprochen, um herauszufinden, was sie zur Wahl ihres jeweiligen Programms bewog. In einem Punkt sind sich alle einig: Die an ihrer Hochschule aufgebauten Netzwerke zahlen sich ein Leben lang aus. 

Gunjan Bhow
Harvard Business School, Abschluss 1999

Ein Mann in Sakko und Hemd schaut freundlich in die Kamera.
Gunjan Bhow, Harvard Business School, Abschluss 1999

Gunjan Bhow, der mit beiden Beinen fest in der boomenden Tech-Szene des Silicon Valley stand und bereits an der University of California in Berkeley Ingenieurwesen studiert hatte, wollte das Geschäftsleben ausserhalb der Technologiebranche besser verstehen. Deshalb wählte er 1997, mitten im ersten Dotcom-Boom, die Harvard Business School für sein MBA-Programm. "Ich sah mir Stanford an, wollte aber meinen Horizont erweitern. Harvard hat einen weltweiten Ruf und hat historisch immer wieder führende unternehmerische Konzepte hervorgebracht, weit über die USA hinaus", sagt der in Indien geborene Tech-Veteran, der als Manager bei globalen Unternehmen wie Disney und Amazon gearbeitet hat und Global Chief Digital Officer bei der Walgreens Boots Alliance war.

Besonders stolz ist Bhow, dass er während seiner Zeit an der Ivy-League-Universität eine neuartige Expedition von Wirtschaftsstudenten ins Silicon Valley namens "WesTrek" mit organisierte, um es ihnen zu ermöglichen, Start-ups und Risikokapitalgeber zu treffen. "Meine Kommilitonen wollten an diesem Boom teilhaben, aber die schnelllebigen, innovativen Unternehmen in Kalifornien hatten weder Ideen oder Strukturen, um Harvard-Absolventen zu erreichen, noch hatten sie die Geduld, mit den langwierigen Prozessen einer ehrwürdigen Institution zu arbeiten. Also haben wir, ganz unternehmerisch denkend, die Verbindung hergestellt."

Menschen gehen auf ein Backsteingebäude zu, vor dem ein Schild mit der Aufschrift "Harvard Business School" steht.
"Der Name Harvard öffnet Türen", sagt Gunjan Bhow, der an der renommierten Business School studiert hat. © David Degner/NYT/Redux/laif

Trotz seines planerischen Scharfsinns sagt Bhow, dass er beim Thema Networking - einem seiner Hauptziele für das MBA-Programm - weniger methodisch vorging. "Dieses Umfeld zieht extrovertierte Menschen an, die alle ihre eigene, oft sehr gezielte Networking-Strategie haben. Ich bin das Ganze eher sozial angegangen und habe mich mit Leuten getroffen, die ich mochte." Die Kontakte, die er knüpfte, prägen Bhows beruflichen Werdegang bis heute. "Ich verliess die Schule mit zehn oder 20 sehr engen Freunden und weiteren 50 bis 100, die ich sehr gut kenne und auf die ich mich bei jedem geschäftlichen Anliegen verlassen kann."

Bhow, der immer noch im Silicon Valley lebt, jetzt aber in den Vorständen globaler Unternehmen wie der BBC und Bupa sitzt, verlässt sich bis heute auf sein Netzwerk, um Antworten und wertvolle Anregungen zu finden: "Der Name Harvard öffnet Türen. Ob man jemand kontaktieren möchte, der über Fachwissen in einem bestimmten Bereich verfügt, ob man jemand vertrauen und mit ihnen Geschäfte machen kann, ob jemand meine Zeit wert ist, diese Fragen kommen gar nicht auf, sobald man sieht, dass dein Gegenüber dieselbe Schule besucht hat."

Jeanne Firth
London School of Economics, Abschluss 2009, PhD 2020

Eine Frau blickt freundlich in die Kamera.
Jean Firth, London School of Economics, Abschluss 2009; PhD 2020 © William Widmer

Die aus Kansas stammende Firth wollte ihr Interesse an globaler Ernährungssicherheit und Gleichberechtigung kompetent weiterverfolgen, nachdem sie ihren Bachelor-Abschluss an einem kleinen Liberal Arts College gemacht hatte. "Mein Ziel war es, eine grosse, forschungsorientierte Einrichtung ausserhalb der USA zu besuchen - eine Hochschule mit einer wirklich globalen Perspektive", erinnert sie sich an ihren Entscheidungsprozess.

Firth entschied sich schliesslich für die berühmte LSE, wo sie angenehm überrascht war, dass nur rund ein Viertel ihrer Klasse aus dem Vereinigten Königreich stammte. "So viele meiner Klassenkameraden und späteren Kollegen kamen aus nicht-westlichen Ländern und brachten ihre Arbeit und ihren persönlichen Kontext in unsere Gespräche ein. Die Tiefe und Breite dieses einjährigen Programms hat mich enorm beeindruckt."

Vier Personen in türkisfarbenen T-Shirts packen Waren in Kartons.
Nicht nur für Business: Auch wer karikativ arbeiten möchte, verbessert seine Berufschancen mit einem Abschluss von einer Business School, sagt Jeanne Firth. © Shutterstock/Drazen Zigic

Firth, die 2009 ihr Programm mit einem Master abschloss, lehrte anschliessend an der LSE und anderen Universitäten, bevor sie 2020 in London promovierte. Heute arbeitet sie als Moderatorin und Trainerin für Gerechtigkeit und multikulturellen Wandel bei Visions Inc., einer internationalen gemeinnützigen Organisation in Massachusetts. "Ich wollte immer Professorin werden, aber während meiner Promotion entschied ich mich, nicht auf den akademischen Arbeitsmarkt zu gehen. Ich wollte für eine gemeinnützige Organisation arbeiten", sagt Firth. "Der Abschluss an einer Uni wie der LSE hat meine Einkommensmöglichkeiten nicht verbessert, die in der Welt der Non-Profit-Organisationen ohnehin nicht besonders lukrativ sind. Aber er steigert die Marktfähigkeit und öffnet einem sofort Türen."

Auch sie ist der Meinung, dass der Netzwerkeffekt den grössten nachhaltigen Einfluss hat. "Die beruflichen, akademischen und sozialen Beziehungen, die ich aufgebaut habe, sind mein Netzwerk auch als Erwachsene geblieben. Mein berufliches Network, das sich über die ganze Welt erstreckt, besteht fast ausschliesslich aus LSE-Kommilitoninnen und Kommilitonen."

Stephan Heinz 
INSEAD, Abschluss 2016

Ein Mann schaut freundlich in die Kamera, im Hintergrund eine Stadt.
Stephan Heinz, INSEAD, Abschluss 2016

Dass Stephan Heinz sich fünf Jahre nach Beginn seiner Karriere als Luftfahrtberater für ein MBA-Programm entschied, verdankt er dem Rat seines Vaters. Heinz Senior hatte 1972 seinen Abschluss am INSEAD gemacht und seinem Sohn immer wieder gesagt, dass die Zeit an der Business School in Fontainebleau, eine Stunde südlich von Paris, das beste Jahr seines Lebens gewesen sei. "Welche bessere Empfehlung kann man bekommen als die des eigenen Vaters?" sagt Heinz. "Ich habe mich an keiner anderen Schule beworben und fand es gut, dass das Programm international war und nur ein Jahr dauerte."

INSEAD ermöglichte es ihm, zunächst vier Monate am Campus in Singapur zu verbringen und dann den Rest des einjährigen Kurses in Frankreich zu absolvieren. "Ich wollte ein Netzwerk aufbauen, und meine Erfahrung hat meine Erwartungen bei weitem übertroffen. Man trifft Leute aus der ganzen Welt, aus verschiedenen Branchen, und wir hatten viel Zeit zum Reisen. Wenn man an Orte wie Malaysia oder Myanmar reist, ist das Networking viel produktiver als in einem Kurs", erinnert sich Heinz, der während seines Programms mehr als zwei Dutzend Länder besuchte.

Menschen sitzen vor einer Backsteinmauer, auf der INSEAD steht.
Business School schafft Verbindungen über Hierarchien und Geografien hinweg, sagt Stefan Heinz. © INSEAD

Von seiner Klasse mit rund 80 Studenten steht er nach eigenen Angaben noch immer mit etwa zehn Alumni aus der ganzen Welt in engem Kontakt. Fünfzig seiner INSEAD-Kontakte will er zu seiner Hochzeit im kommenden Jahr einladen. Nach seinem Abschluss 2018 kehrte Heinz zu seiner gewohnten Arbeit in der Airline-Beratung in São Paulo zurück, bevor er sich einem Start-up anschloss. Für dessen LGBT-Business-Community-Plattform führte er verschiedene E-Learning-Programme ein. "Wenn du jemanden triffst, der ebenfalls einen INSEAD-Abschluss hat, egal wie hoch seine Position ist, hast du sofort eine Verbindung, die über Hierarchien und Geografien hinausgeht."

Rico Wyder
Hochschule St. Gallen (HSG), Abschluss 2006

Ein Mann schaut freundlich lächelnd in die Kamera.
Rico Wyder, Hochschule St. Gallen (HSG), Abschluss 2006

Als es darum ging, für das von ihm 2008 mitgegründete Schweizer Start-up potenzielle Vertriebspartner zu finden, wusste Rico Wyder genau, wo er suchen musste: im gedruckten Verzeichnis der Absolventen der berühmten HSG, das auch deren Mobilnummern enthielt. "Als Absolvent kann man jeden mit dem Vornamen ansprechen, und die C-Level-Manager werden einen an die richtige Person verweisen. Viele waren bereit, einem Underdog zu helfen", berichtet er.

2006 war Wyder einer der ersten Absolventen eines neu geschaffenen Bachelor-Studiengangs an der HSG. Er beobachtete, wie viele seiner Klassenkameraden keinen Masterabschluss anstrebten und stattdessen in ihre Start-ups zurückkehrten. Auch er traf die strategische Entscheidung, ein MBA-Studium auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben und arbeitete stattdessen für drei junge Unternehmen in Singapur. 2018 kehrte er in die Schweiz zurück, wo er heute als Head of Sales bei Skillable, einem Anbieter von Lernlösungen, tätig ist. Im Jahr 2020 machte Wyder sein altes Vorhaben wahr und absolvierte einen Doppelmaster in Marketing und Vertrieb an der SDA Bocconi in Mailand und der Esade in Spanien. "Im Nachhinein betrachtet war der Abstand zwischen den beiden Studiengängen etwas zu lang", gibt er zu. "Fünf bis zehn Jahre wären besser gewesen."

Eine Frau spricht in einer informellen Geschäftssituation, auf dem Tisch stehen Laptops, Kaffeetassen und Blumen.
Das Netzwerk der Business School zahlt sich heute auch bei der Rekrutierung von Nachwuchskräften aus, sagt Unternehmer Rico Wyder. © Shutterstock/Jacob Lund

Das Netzwerk, das Wyder während seiner Zeit an der HSG aufgebaut hat, zahlt sich bis heute aus. "Die Leute aus meiner Klasse sind jetzt in ihren 40ern und sind erfolgreich. Wir pflegen unsere Verbindungen, sei es, dass wir jemanden um Rat fragen, einem jungen Gründer helfen oder als Angel-Investor." Ein Abschluss an einer renommierten Wirtschaftshochschule sei zwar immer noch wichtig, aber nicht mehr das einzige Kriterium bei der Suche nach den richtigen Talenten, fügt er hinzu. "Es ist eine Art Abkürzung, die signalisiert, dass man Dinge erledigen und Lösungen finden kann. Aber manchmal bereiten einen vier Jahre bei einer grossen Tech-Firma auch darauf vor".

Karen Huebscher
IMD Lausanne, Abschluss 2000

Eine Frau in Jacke und Bluse schaut freundlich in die Kamera.
Karen Huebscher, IMD Lausanne, Abschluss 2000

Schon als Teenager wusste Karen Huebscher, dass sie ihr Interesse an den Naturwissenschaften mit der Geschäftswelt verbinden wollte. Der Wunsch, eine Brücke zwischen beiden Bereichen zu schlagen, führte sie zunächst zu einem Doktorat in Naturwissenschaften (Molekulargenetik) an der ETH Zürich, gefolgt von einem Postdoc an der University of Cambridge (UK), bevor sie eine Stelle beim Schweizer Pharmamulti Novartis antrat.

Nach dem Wechsel in eine leitende Funktion im Bereich Investor Relations war es für Huebscher an der Zeit, ein geeignetes Executive MBA-Programm zu finden, um die notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse zu erwerben. "Meine erste Wahl war das IMD, das ein zweijähriges Executive-Programm anbietet. Ich ging dorthin, um tiefgreifende und breit gefächerte Fähigkeiten für eine erfolgreiche Karriere zu erwerben und um Leute zu treffen, die bereits Praxiserfahrung gesammelt hatten. Ich habe mich darauf konzentriert, den besten Executive MBA zu finden und nicht einen Vollzeit-MBA", erinnert sich Huebscher.

Zwei Frauen mit Laptop und Notizblock in einer Büroumgebung im Gespräch.
An einer Business School baut man zu Beginn seiner Karriere Kontakte auf, die man bei Problemen über Jahrzehnte offen um Rat fragen kann, sagt Karen Huebscher. © Shutterstock/Jacob Lund

Das anspruchsvolle Programm zu absolvieren, während sie gleichzeitig weiter in ihrem Unternehmen arbeitete, war eine lebensverändernde Erfahrung. "Ein besseres Verständnis von Finanzen, Marketing, Organisationsstrukturen, Lieferketten und Herausforderungen der Menschenführung war nur ein Teil. Darüber hinaus hat das Programm dazu geführt, dass man sich selbst in Frage stellt, dass man sich darüber klar wird, wer man ist und welche Ziele man im Leben verfolgt. Es macht einen auch ein wenig demütig, da man erkennt, dass das Erreichen seiner Ziele die Bereitschaft und Fähigkeit zu lebenslangem Lernen erfordert und dass geschäftlicher Erfolg meist das Ergebnis von grossartiger Teamarbeit ist."

Die Verbindungen, die sie am IMD geknüpft hat, reichen über Kontinente hinweg. "Es ist unglaublich wertvoll, vor allem zu Beginn der Karriere, und man findet neue Freunde, die man bei Problemen jahrzehntelang offen um Rat fragen kann", sagt Huebscher, die eine erfolgreiche Karriere als Führungskraft in der Biowissenschaftsbranche gemacht hat und heute mehrere Vorstandsmandate in börsennotierten und nicht börsennotierten Unternehmen sowie an ihrer alten Business School innehat.

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