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Market View & Insights
In der Unternehmensnachfolge zeigen sich Generationenunterschiede besonders stark. Wie tickt die Generation Z?
Nach den Millennials steht nun bereits die nächste Generation von Unternehmerinnen und Unternehmern in den Startlöchern: die Generation Z.
Zwischen 1997 und 2012 geboren, betreten die mit Smartphones und sozialen Medien aufgewachsenen "Z-ler" zunehmend als Gründerinnen, Geschäftsführer oder Erbinnen die öffentliche Bühne. Das hat Auswirkungen auf den Generationenwechsel, der schon heute zu den grössten Herausforderungen für Familienunternehmen zählt. Was die Übergabe oft zusätzlich erschwert: unterschiedliche Zukunftsvisionen für das Unternehmen und divergierende Vorstellungen von einer gesunden Work-Life-Balance. Einige junge Nachfolgerinnen und Nachfolger verlassen aufgrund der Spannungen sogar das Familienunternehmen - wie jüngst Verena Bahlsen, Erbin des deutschen Backwaren-Imperiums Bahlsen.
Solche Generationenkonflikte zu bewältigen ist umso wichtiger in einer Zeit, in der sich immer mehr Family Businesses - von LVMH CEO Bernard Arnault, dessen jüngstes Kind gerade Mitte 20 ist, bis hin zu unzähligen anderen Firmeninhabern - auf eine vollständige oder partielle Übergabe an die Generation Z vorbereiten.
Ende 2022 sorgte Verena Bahlsen mit ihrer Ankündigung, die Bahlsen-Gruppe zu verlassen, für Schlagzeilen, nachdem sie erst im Jahr zuvor als Chief Mission Officer ganz in das Unternehmen eingetreten war. Ihren Entschluss postete die 29-Jährige auf LinkedIn: "Ich stand mit unserem CEO in einem deutschen Weizenfeld und hatte eine Panikattacke. In Meetings bin ich oft in Tränen ausgebrochen. Ich war manchmal unfreundlich oder ungeduldig, oder bin anderen ins Wort gefallen, wenn ich ihnen hätte zuhören sollen. Statt offen und umgänglich zu sein, war ich abweisend und schroff."
Was das Beispiel Bahlsen so interessant macht, ist seine Einbettung in grössere Entwicklungen rund um Nachfolgeregelung, Generationenwechsel und den Boom der sozialen Medien. Verena Bahlsen ist 1993 geboren, weshalb sie knapp nicht mehr als GenZ-Vertreterin gilt, wobei Forschende darauf hinweisen, dass sich Generationsunterschiede natürlich nicht von einem Jahrgang zum nächsten radikal ändern, sondern die Entwicklungen schrittweise vonstatten gehen. In den Medien werden die Angehörigen der Generation Z oft als "weich" oder als "Snowflakes" (Schneeflocken) beschrieben – also als wenig resiliente "Sensibelchen". Das ist aber nur die halbe Wahrheit.
Wie Roberta Katz in ihren Studien an der Stanford University zeigte, sind typische Z-ler "selbstbestimmte Menschen, die sich intensiv um andere kümmern, sich für gesellschaftliche Vielfalt einsetzen, äusserst teamorientiert und sozial sind und Flexibilität ebenso schätzen wie Relevanz, Authentizität und einen nicht-hierarchischen Führungsstil."
Das beeinflusst auch ihr Verständnis ihres Familienunternehmens, und die Art und Weise, wie sie es eines Tages führen möchten. "Es ist nicht immer einfach, die Angehörigen der Generation Z davon zu überzeugen, dass ihr Familienunternehmen auch etwas mit ihren Werten, ihren Überzeugungen und ihrer Einstellung zur Work-Life-Balance zu tun hat", sagt Anita Zehrer, Professorin und Leiterin des Zentrums für Familienunternehmen am Management Center Innsbruck (MCI). Sie berät auch Firmen, insbesondere Family Offices. "Ich betreue viele Familienunternehmen in der Tourismusbranche. Dort arbeitet die ältere Generation häufig rund um die Uhr. Die Jüngeren wollen das nicht mehr."
Da die Angehörigen der Generation Z einen nicht-hierarchischen Führungsstil schätzen, nehmen sie auch Entscheidungen, die ihnen von älteren Familienmitgliedern top-down vorgegeben werden, nicht mehr so einfach hin. Sie bevorzugen stattdessen ein horizontal gegliedertes Management mit flachen Hierarchien und viel Teamarbeit. Ihr Wunsch nach "Authentizität" - also danach, ihre eigene Persönlichkeit und ihre Haltung einzubringen -, beeinflusst mitunter nicht nur ihre beruflichen Entscheidungen, sondern auch ihre Kommunikation mit der Aussenwelt. Ein Beispiel für diese direkte, scheinbar freimütige Art, mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren, ist der LinkedIn-Post von Verena Bahlsen, in dem sie ihr "Ringen um Authentizität in dieser Rolle" thematisiert.
Allerdings weiss jeder in den sozialen Medien, wie schwer es - vor allem im geschäftlichen Kontext - ist, wirklich "authentisch" zu sein. So kann die Verletzlichkeit einer Person, die in ihrem beruflichen Profil über persönliche Probleme spricht, von anderen leicht für "zu viel Information" gehalten werden. Das gilt für Unternehmerinnen und Unternehmer jeden Alters und ist besonders heikel für Familienunternehmen, wo die Grenzen zwischen Marke und persönlicher Identität ohnehin verschwimmen (was Bahlsen in ihrem LinkedIn-Post so beschreibt: "Mein Selbstverständnis ist so eng mit Bahlsen, meinem Erbe und unserer Marke verwoben ..."). Das bringt eigene Probleme mit sich: Die Familie und ihre Angehörigen geraten während des Generationenwechsels selbst ins Rampenlicht, was in der kritischen Phase der Übergabe den Druck von aussen erhöht. Für die Angehörigen der Generation Z kann dies dazu führen, dass sie hin- und hergerissen sind zwischen der Notwendigkeit, die Marke zu repräsentieren, und ihrem Wunsch, "authentisch" zu sein, indem sie sich beispielsweise in den sozialen Medien zu ihren Problemen und Herausforderungen äussern.
Die Fokussierung auf die Unterschiede zwischen der Generation Z und früheren Generationen darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch generationsübergreifende Gemeinsamkeiten gibt. In seinem kürzlich im New Yorker erschienenen Artikel "The Year in Quiet Quitting" argumentiert Cal Newport, dass die Generation Z - wie andere vor ihr - gerade entdeckt, wie schwierig es ist, Beruf und Privatleben miteinander zu vereinbaren. Das jüngst als "Quiet Quitting" (stille Kündigung) beschriebene Phänomen, wonach Mitarbeitende sich am Arbeitsplatz nur so viel wie absolut nötig engagieren, ist tatsächlich "der erste Schritt, den eine jüngere Generation unternimmt, um sich ein differenzierteres Bild von dem Stellenwert zu machen, den die Arbeit in ihrem Leben einnimmt", schreibt er. "Bevor wir uns verächtlich über ihre Mühen äussern, sollten wir uns daran erinnern, dass wir alle einmal in so einer Lage waren." So gesehen ist die Ankündigung von Verena Bahlsen vielleicht eher der Versuch, die für sie richtige Work-Life-Balance zu finden, als ein Beispiel für das wankelmütige Verhalten, das den Z-lern als Generation "Snowflake" gerne zugeschrieben wird.
Anstatt mit dem Finger auf die jüngere Generation zu zeigen, sollten sich Familienunternehmen auf diejenigen Faktoren konzentrieren, die sie selbst beeinflussen können. "Entscheidend sind Vertrauen und Kommunikation", sagt Zehrer und betont, dass der Gedankenaustausch während der gesamten Übergabe nicht abreissen sollte. "Man muss sich klar machen, dass diese Kommunikation in mehreren Phasen stattfindet: zunächst mit sich allein, dann in der Paarbeziehung, auch innerhalb der Familie, dann mit den Mitarbeitenden und schliesslich mit dem gesamten Unternehmen bzw. Konzern."
Es geht nicht nur darum, was gesagt wird, sondern wie es gesagt wird. "Die Generationen unterscheiden sich auch hinsichtlich ihrer Kommunikationsstile, was zu Konflikten und Missverständnissen führen kann", sagt Anita Zehrer. "Ich habe Familienunternehmen erlebt, in denen die jüngere Generation per WhatsApp kommunizierte, nicht jedoch mit dem Vater, der das Unternehmen noch leitete. Er bevorzugte persönliche Besprechungen." Die unterschiedliche Art des Austauschs beschränkt sich aber nicht nur auf die Wahl einer bestimmten Plattform: Ältere Familienmitglieder schätzen es zweifellos, wenn sich die jüngeren nur im privaten Raum - und nicht etwa auf TikTok - zur geplanten Nachfolgeregelung äussern. Auf diese Weise können solche Familienunternehmen während der Übergabe besser und länger unterstützt werden. Die Z-ler legen ihrerseits Wert darauf, auf Augenhöhe über ihre Vision für das Unternehmen und ihre privaten Bedürfnisse sprechen zu können - auch wenn sie die Jüngeren sind.
Zehrer empfiehlt den Firmen auch, sich bei der Übergabe externe Unterstützung zu holen. "Es hilft, wenn eine aussenstehende Person die ganze Sache in die Hand nimmt. Das können Steuerberater, Anwältinnen oder Unternehmensberater sein, die sich auf solche "weichen" Themen und Faktoren spezialisiert haben, denn hier geht es nicht nur um die Übertragung des Unternehmens. Es geht auch um persönliche Themen, um Emotionen und Psychologie - Aspekte, die dabei nur selten berücksichtigt werden. Nach meiner Erfahrung ist die jüngere Generation viel eher als die ältere dazu bereit, Hilfe und Unterstützung von aussen anzunehmen."
Letztendlich geht es darum, die Unternehmensziele gemeinsam zu formulieren, die Kommunikation zu verbessern und empathisch miteinander umzugehen. All das hilft Familienunternehmen, die Unterschiede zwischen den Generationen zu überbrücken. Schliesslich steht am Ende nicht im Fokus, die andere Generation zu belehren. Sondern das Unternehmen und seine Werte über Generationen zu erhalten.