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"Dot Plot" signalisiert straffe Geldpolitik

Die US-Notenbank hat in ihrem Zinserhöhungszyklus eine Pause eingelegt. Doch eine Lockerung der Geldpolitik zeichnet sich vorerst nicht ab. Das zeigt ein Blick auf die Zinsprognosen der amerikanischen Währungshüter, die im "Dot Plot" zusammengefasst werden.

Datum
Autor
Thomas Wille
Lesezeit
10 Minuten
Gebäude der US-Notenbank
© shutterstock

Die Notenbanksitzungen der beiden führenden Zentralbanken, der US-Notenbank (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB), sind in der vergangenen Woche ohne grosse Überraschungen über die Bühne gegangen. Nach der erwarteten Zinserhöhung um 25 Basispunkte stellte EZB-Chefin Christine Lagarde für den Juli eine weitere Anhebung in gleichem Umfang in Aussicht. Mit Blick auf den Zinsentscheid im September gab sie sich hingegen zurückhaltend. An den Finanzmärkten sind weitere Zinsschritte um jeweils 0.25 Prozentpunkte bereits eingepreist: Investoren erwarten mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% eine Zinserhöhung im Juli, und mit einer Wahrscheinlichkeit von 65% eine weitere Straffung im September. Wir teilen diese Einschätzung.

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Die US-Notenbank hat nach mehreren Jumbo-Zinsschritten in den vergangenen fünf Quartalen wie erwartet eine Pause eingelegt. Die Kommunikation des Fed bleibt aber "hawkish" - und deutet also eine weiterhin straffe Geldpolitik an -, denn die Zinsprojektionen der Fed-Mitglieder wurden leicht nach oben korrigiert. Der sogenannte "Dot Plot" signalisiert nun einen Leitzins von 5.62% für das laufende Jahr, was noch zwei weitere Zinsschritte von jeweils 25 Basispunkte bedeuten würde. Doch was ist der "Dot Plot" und ist er überhaupt relevant?

Einblick in die Überlegungen des Fed

Der "Dot Plot" ist eine grafische Darstellung der individuellen Zinsprognosen der 18 Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC). In der Regel wird er viermal im Jahr zusammen mit den Wirtschaftsprognosen der US-Notenbank veröffentlicht. Jeder Punkt in der Grafik entspricht der Projektion eines einzelnen FOMC-Mitglieds für den Leitzins zu verschiedenen Zeitpunkten, unter anderem für das laufende Jahr, das kommende Jahr sowie auf längere Sicht. Das Punktdiagramm gibt somit Einblick in die Überlegungen des Offenmarktausschusses zum künftigen geldpolitischen Kurs. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass der "Dot Plot" weder eine offizielle geldpolitische Aussage ist noch einen bestimmten Zinspfad festlegt.

Die Aussagekraft des "Dot Plot" ist mit einer gewissen Vorsicht zu geniessen, denn vor 18 Monaten, im Dezember 2021, signalisierte er einen Zinssatz von 1.36%, gegenüber 5.62% heute. Auch die FOMC-Mitglieder haben nur eine begrenzte Sicht und sind abhängig von der Entwicklung der Wirtschaftsdaten, wie Fed-Chef Jerome Powell immer wieder betont. Dennoch hat die Jahresend-Prognose einen interessanten Informationsgehalt: Der Offenmarktausschuss signalisiert aus heutiger Sicht klar, dass, sofern die jetzige Pause beendet wird, der nächste Zinsschritt nach oben und nicht nach unten stattfinden wird.

Zinsen bleiben länger hoch

Die Fed-Kommunikation bestätigt, dass die Zinsen länger hoch bleiben müssen, um die hartnäckig hohe Kerninflationsrate in Richtung des Notenbankziels von 2% zu drücken. Ein Marktumfeld geprägt von schwachem Wirtschaftswachstum und erhöhtem Preisdruck ist nicht für alle Unternehmen gleich gut zu meistern. Die Aktienauswahl wird daher in den kommenden Monaten ein zentraler Erfolgsfaktor für jedes Portfolio sein.

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