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Market View & Insights
Eine moderne Infrastruktur, das wissen wir nicht erst seit Corona, ist wichtig für Wirtschaft und Gesellschaft. Kommende Infrastrukturinvestitionen bieten auch Anlagechancen.
Home Office, Remote Work, diese Begriffe sind seit Ausbruch der Corona-Pandemie allgegenwärtig. Begonnen als unfreiwilliges Experiment, ist das Arbeiten von zuhause aus rund um den Globus fester Bestandteil der modernen Arbeitswelt geworden. Der plötzliche Übergang zu flexiblen Arbeitsmodellen verdeutlicht, zu welchen Anpassungsleistungen Unternehmen weltweit gezwungen waren.
In der Folge wurden Defizite in der digitalen Infrastruktur schonungslos offengelegt. Regierungen, Institutionen und Unternehmen, die schlecht vorbereitet waren, hatten Mühe, die neuen Herausforderungen zu meistern. Eine Umfrage unter japanischen Führungskräften zeigte zum Beispiel, dass die Befragten Home Office zwar wichtig fanden. Da Dokumente statt digital aber weiterhin in Papierform vorlägen, wurde dessen Realisierung aber erschwert.
Mit ungleich grösseren Herausforderungen kämpfen die Entwicklungsländer. Wie die Vereinten Nationen (United Nations, UN) feststellten, hat rund die Hälfte der Weltbevölkerung keinerlei Zugang zum Internet. Fernunterricht oder das Arbeiten von daheim sind damit so gut wie unmöglich. Damit hat die Coronakrise die Ungleichheit zwischen Arm und Reich verschärft.
Der Zugang zum Internet ist nur ein Beispiel dafür, wie stark die Qualität der Infrastruktur unseren Alltag beeinflusst: Eine gut funktionierende und nachhaltige Infrastruktur ist zentral für eine erfolgreiche Gesellschaft und Wirtschaft. Sie stellt sicher, dass die Bevölkerung einen zuverlässigen Zugang zu essenziellen Ressourcen und Dienstleistungen hat - von Wasser und Energie über Wohnen bis hin zu Transport und Kommunikation.
Allerdings trägt die heutige Infrastruktur massgeblich zum Klimawandel bei. Knapp 80 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen entstehen im Zusammenhang mit der Infrastruktur, ein Grossteil entfällt auf Gebäude, Energie und Transport.
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Damit haben die Infrastruktursysteme einen wichtigen Einfluss auf die Umsetzung der Klimaziele und wirken sich daher auch auf die Umsetzung der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) aus. "Infrastrukturinvestitionen sind ein wichtiges Instrument, um die Produktivität zu steigern, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, menschenwürdige Arbeitsplätze zu schaffen und Ungleichheiten zu beseitigen", heisst es in einem Positionspapier der UN. "Diese Ziele können jedoch nur erreicht werden, wenn Nachhaltigkeitsaspekte im Kern der Infrastruktur verankert sind." Das gilt gerade auch deswegen, weil die wachsende Weltbevölkerung die Infrastruktursysteme zusätzlich belastet.
Insgesamt müssen die Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto null sinken, wenn die Klimavorgaben eingehalten werden sollen. Investitionen in eine nachhaltige Infrastruktur spielen dabei eine zentrale Rolle. So schätzt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dass in den kommenden zehn Jahren global jährlich 6.9 Billionen US-Dollar investiert werden müssen, um allein die UN-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Dabei ist es zentral, dass der Fokus weg von fossilen Brennstoffen geht und die Investitionen in erneuerbare Energiequellen fliessen.
Mittlerweile erkennen immer mehr politische Entscheidungsträger, wie dringlich nachhaltige Infrastrukturinvestitionen sind. Bei den Investitionspaketen zur wirtschaftlichen Wiederbelebung nach der Coronakrise haben Regierungen weltweit auch den Nachhaltigkeitsaspekt im Visier.
Die USA haben zum Beispiel den "Inflation Reduction Act" verabschiedet, der rund 380 Milliarden US-Dollar in grüne Energie und Klimaschutz investieren soll. 1.2 Billionen Euro investiert Europa mit dem "EU Green Deal" und "RePowerEU". Mit den Programmen hoffen beide Akteure bis 2050 Netto-null-Emissionen zu erreichen und die Versorgungssicherheit mit Energie zu erhöhen.
Sicher: Die finanzielle Unterstützung für grüne Infrastrukturprojekte wie grüne Stromerzeugung, -übertragung oder grüne Verkehrsinfrastruktur wächst. Doch fliesst immer noch ein beachtlicher Anteil der Mittel in klimaschädliche Bauten und Systeme. Die G-20-Staaten haben seit Ausbruch der Coronakrise zum Beispiel mehr als 570 Billionen US-Dollar in Energieprojekte investiert, von denen rund 40 Prozent in fossile Energien flossen. "Diese Investitionen sind verpasste Chancen, den Übergang zu einer grüneren Wirtschaft voranzutreiben, die auch in Krisen widerstandsfähig ist", hält die UN dazu fest.
Der Löwenanteil der Infrastrukturinvestitionen wird heute vom öffentlichen Sektor gestemmt. Angesichts der klaffenden Investitionslücke ergeben sich aber auch Chancen für den Privatsektor. Das lässt sich an den Kapitalflüssen in Anlagefonds messen, die in Infrastruktur investieren. Sie haben sich in den vergangenen zehn Jahren vervierfacht. Im Jahr 2021 beliefen sie sich auf rund 130 Milliarden US-Dollar, wie die Nonprofit-Organisation " Global Infrastructure Hub" in ihrem jährlichen Infrastrukturmonitor festhält.
Der Bericht zeigt zudem, dass die Nachfrage nach grünen Infrastrukturprojekten steigt. Dabei stehen Investitionen in erneuerbare Energien bei Anlegern besonders hoch im Kurs. Das grösste Wachstum verzeichnete 2021 aber der Geldzufluss in die Telekommunikationsinfrastruktur. Dort haben sich die Investitionen gegenüber dem Vorkrisenjahr vervierfacht. Der damit einhergehende Ausbau digitaler Lösungen verdeutlicht, wie sehr Wirtschaft und Gesellschaft mobiler gestaltet werden sollen um für künftige Krisen besser gewappnet zu sein.