Abonnieren Sie unseren Insights Newsletter

Unsere Insights liefern informative, inspirierende und unterhaltsame Einsichten hinter die Kulissen von Finanz und Wirtschaft, aber auch von Gesellschaft oder Kunst. Mit dem monatlichen Newsletter bleiben Sie stets informiert.

 

Unternehmertum

TV-Shows für Startups: Was es bringt, sich in die Höhle der Löwen zu begeben

Halten die Deals von Investorinnen und Investoren, was sie versprechen? Startups erzählen von ihren Erfahrungen.

Datum
Autor
Sabina Sturzenegger, Gastautorin
Lesezeit
5 Minuten

Nahaufnahme eines wilden Löwen mit wilder Mähne
Was macht TV-Shows wie "Höhle der Löwen", "Hai-Becken" und "Dragons Den" aus? Sie wurden für Märkte auf der ganzen Welt adaptiert, um Investitionen für Start-ups anzuziehen. © AdobeStock/Aleksandar

"Ich hätte morgens vor Drehbeginn noch eine Wette gemacht, dass ich nicht in sowas investieren würde. Aber wenn man dann die Story hört, die Begeisterung, die Faszination, die Power, die Marktgrösse, dann entscheidet man sich schon mal anders." Das sind die Worte von Carsten Maschmeyer, als er sich kürzlich in einem Podcast zu seinem Engagement als Investor bei der Fernsehshow "Die Höhle der Löwen" in Deutschland äusserte. 

Ein männlicher Weisser mittleren Alters sitzt in einem bequemen Sessel neben einer Lampe.
Der Unternehmer und Milliardär Carsten Maschmeyer ist einer der fünf Investoren in der deutschen Version des Reality-TV-Formats "Investor trifft Unternehmer" und hat kürzlich in einem Podcast über seine Erfahrungen aus der Show berichtet. © KEYSTONE/DPA/Christian Charisius

Der Finanzunternehmer und Milliardär ist wahrscheinlich der prominenteste "Löwe" im deutschsprachigen Raum und entscheidet jeden Montag Abend auf VOX, ob die Bewerberinnen und Bewerber einen "Deal" von ihm bekommen oder nicht.

Darum geht es bei der TV-Show "Die Höhle der Löwen", kurz DHDL - als Startup mit einer Geschäftsidee an Investments zu kommen. Die Gründerinnen und Gründer präsentieren ihre Idee fünf erfolgreichen Unternehmerinnen und Unternehmern, den sogenannten Löwen und bekommen dann, je nach Gutdünken der Investorinnen und Investoren, einen Deal oder nicht. 

Eine junge blonde Frau sitzt mit gekreuzten Beinen auf einem Tisch und zeigt auf das Handy in ihrer Hand.
Laura Matter ist kurz nach der Gründung ihrer Speed-Dating-Plattform noii in der Schweizer Version aufgetreten. Sie ist ein Fan dieser Shows. © noii

Auch Laura Matter ist ein Fan von DHDL. Sie schaue sich regelmässig die deutsche Ausgabe an, sagt sie. Aber nicht nur das: Die Winterthurerin gründete 2022 die Speeddating-Plattform noii und war kurz danach in der Schweizer Ausgabe der Show. "Für Startups und Jungunternehmer ist es sehr naheliegend, bei "Die Höhle der Löwen" teilzunehmen", sagt Matter. Als sie 2022 bei DHDL auftrat, steckte ihr Produkt noch in den Kinderschuhen: "Wir hatten gerade mal eine Idee und einen Zoom-Link für die Datings", sagt sie. Inzwischen hat noii eine eigene Plattform entwickelt und beschäftigt acht Mitarbeitende.

Dass die Entwicklung von noii so gut lief, sei aber nicht der Sendung geschuldet: "Wir bekamen zwar einen Deal, aber aus dem Investment ist nichts geworden", erklärt Matter. In den Nachverhandlungen, die teilweise sehr viel später stattfanden, fanden sich die Investoren und das Startup nicht mehr. Die Sache verlief im Sand. Matter bereut es trotzdem nicht, dass sie mit noii dabei war: "Wir haben eine wertvolle Erfahrung gemacht und konnten unser Netzwerk ausbauen." 

Eine alte Version des berühmten VW-Bullys, hellblau und weiss lackiert, steht auf dem Land zwischen Feldern
Der CEO von parknsleep sagte, es sei eine "grossartige Erfahrung" gewesen, in der Show aufzutreten, auch wenn sich dies nicht in mehr Besuchen auf unserer Website niedergeschlagen habe. © Parknsleep

Dass ein in der Sendung zugesagtes Investment nicht zustande kommt, ist nicht aussergewöhnlich, wie Lukas Imhof, CEO des Luzerner Startups parknsleep erklärt. Der Mitgründer und CEO der Sharingplattform für Camper-Stellplätze wurde mehrfach gefragt, ob er bei der Show mitmachen wolle. "Beim zweiten Mal sagte ich zu", erzählt Imhof. Er habe sich aber nicht allzu viele Hoffnungen gemacht und parallel dazu auch auf ein Crowdinvesting gesetzt.

Die Teilnahme an der Show im Februar 2023 sei eine "super Erfahrung" gewesen. "Nur schon das Setting, das Studio, Mikrofone, Kameras und schliesslich der Auftritt vor den Löwen, ist lehrreich. Man muss in der Sendung seine Leistung wirklich abrufen können." Klar ist für Imhof aber auch: "Der Auftritt hat uns messbar nichts gebracht, die Conversion in digitale Aufrufe hat nicht funktioniert."

Und auch der in der Sendung angebotene Deal von Löwe Roland Brack sei am Ende nicht umgesetzt worden - in gegenseitigem Einverständnis. Andere Investment-Optionen, etwa das laufende Crowdinvesting auf der Plattform oomnium, seien für parknsleep um ein Vielfaches wertvoller, sagt Imhof: "Als Tourismusunternehmen sind wir mit einer breiten Masse an Teilhabern und Investorinnen besser bedient als mit einem einzigen Investor."

Eine Gruppe junger Leute hebt ihre Hände und hält eine Pflanze. Sie stehen vor der Rampe eines Fabrikgebäudes.
Jil Claire Schulz von feey sagt: "Die Show hat uns drei Dinge gebracht: Medienaufmerksamkeit für unser junges Unternehmen, Geld für Projekte und Zugang zu potentiellen Investoren." © feey

Nochmal anders war das DHDL-Erlebnis von feey: Der Zimmerpflanzenservice aus Flawil nahm 2021 bei der "Höhle der Löwen" teil, und fuhr einen Rekorddeal von 1,2 Mio. Franken für 20 Prozent der Unternehmensanteile ein. Alle fünf Löwen und Löwinnen versprachen, sich finanziell zu engagieren. Jil Claire Schulz von feey erinnert sich: "Unsere Kundschaft und unser Umfeld haben uns regelrecht aufgefordert, bei der Show mitzumachen." Zu dem Zeitpunkt war feey schon eineinhalb Jahre lang im Geschäft und konnte bereits gute Umsätze vorweisen.

Erst nach dem Pitch in der Sendung stieg feey in die "richtigen" Verhandlungen ein. "In der Sendung hatten wir gemeinsam die erste Verhandlungsbasis geschaffen. Danach ging es darum, auch die ernsthaften, rechtlich verbindlichen Details auszuarbeiten." Auch Schulz zieht eine positive Bilanz: "Unser Startup bekam drei Dinge: Mediales Interesse an unserem jungen Unternehmen, Geld für Projekte und Zugang zu Leuten mit Interesse an weiteren Investments." Als Unternehmen dürfe man "Die Höhle der Löwen" nicht als Fernsehsendung betrachten, sondern müsse es als Investment-Verhandlung sehen: "Man muss Bedingungen festlegen und sich gegenseitig finden."

In Grossbritannien ist die Sendung unter dem Namen "Dragons' Den" bekannt. Nach fast 20 Jahren ist sie immer noch so aktuell wie am ersten Tag und passt sich der Entwicklung der Unternehmen und des Unternehmertums an. Mitte der 2000er Jahre waren die Teilnehmer oft verrückte Erfinder, die einen Heureka-Moment erlebt hatten. Innovationen wie der Regenschirm-Automat oder der wasserlose Eierkocher sorgten zwar für Furore im Fernsehen, konnten sich aber - vielleicht zum Leidwesen der investierenden Drachen - auf dem Markt nicht durchsetzen. Mit der Entwicklung der Entrepreneure zu gewieften Gründern mit bankfähigen Unternehmen und einem guten Gespür für Zahlen sind auch die Pitches ausgefeilter geworden. 

Junge blonde Frau in bequemer Kleidung sitzt auf einem rosa Sofa in einer hell erleuchteten Wohnung.
Jasmine Wicks-Stephens wagte sich in das Büro und hoffte auf eine Investition für ihre Kosmetikmarke Faace. Ihr Pitch brachte ihr eine Kapitalspritze von 60.000 GBP ein. © Faace

Jasmine Wicks-Stephens wagte sich in der letzten Staffel in die Höhle des Löwen und hoffte auf eine Investition für ihre Kosmetikmarke Faace, die Hautpflege vereinfachen soll. Ihr Pitch führte zu einer Kapitalspritze von 60'000 GBP. Vorbereitung scheint für diese neue Generation von Unternehmern der Schlüssel zum Erfolg zu sein. "Ich habe mir jede Episode angesehen, die ich online finden konnte", sagt Wicks-Stephens. "Ich habe mir jede Frage notiert, die in der jeweiligen Folge gestellt wurde. Und dann habe ich einen Spickzettel mit meiner Version der Antwort auf jede dieser Fragen gemacht."

Die Show positioniert die Investition der Drachen als goldenes Ticket für den grossen Durchbruch. Doch Unternehmer können mehr als nur eine Kapitalerhöhung gewinnen. Teddie Levenfiche, Mitbegründer von Perfect Ted, einer Marke für Matcha-Getränke, beschreibt den unmittelbaren Schub, den sein Deal in der Show ausgelöst hat: "Das Geschäft hat sich über Nacht verändert, als die Folge ausgestrahlt wurde", sagt er. "Als wir in die Wohnzimmer eindrangen, sassen wir noch zu dritt am Küchentisch. Jetzt sind wir über zwanzig."

Dabei ging es nicht nur um Geld, sondern auch um Aufmerksamkeit: "Allein die Tatsache, dass die Leute unsere Marke und unsere Produkte kennen, hat unseren Umsatz gesteigert." Levenfiche beschreibt die rasante Umsatzsteigerung von Jahr zu Jahr nach dem Auftritt von Perfect Ted in der Show im März 2022: "Im ersten Jahr haben wir 200'000 Pfund umgesetzt. Dann sind wir in die Höhle gegangen. Und im nächsten Jahr haben wir 1 Million GBP Umsatz gemacht", sagt er. "Jetzt haben wir einen Umsatz von über 15 Millionen GBP. Das ist wohl ein guter Indikator für die Wirkung."

Eine Gruppe von fünf unterschiedlichen Personen sitzt in einem Fernsehstudio in bequemen Sesseln
Es ist nicht ungewöhnlich, dass Geschäfte nach diesen Shows platzen. Das zeigen Einblicke in die Erfahrungen eines Unternehmers bei Shark Tank, der US-Version der Show. © KEYSTONE/Everett Collection

Dass die versprochenen Deals nach der Show platzen, passiert übrigens oft. Das Magazin Forbes schildert den Fall des Spielzeugherstellers Pinblock. Dessen Gründer, der Ukrainer Vladislav Smolyanskyy, bekam in der US-Version "Shark Tank" nicht nur einen Deal über 100'000 Dollar von Kevin O'Leary, sondern auch dessen Versprechen, ihn mit Branchengrössen wie Mattel in Kontakt zu bringen. O'Leary zog sein Investment nach vier Monaten zurück – Smolyanskyy hatte die versprochenen 100'000 Dollar bereits ausgegeben und war am Boden zerstört. Dennoch kam Pinblock darüber hinweg und verkauft heute die Produkte online. Der Rest ist Show.

Ein Tiger, gekleidet in einen karierten Anzug, mit weißem Hemd und Krawatte, sitzt auf einem Haufen Dollarnoten.
Das ursprüngliche Reality-TV-Format "Unternehmer trifft Investor" wurde 2001 in Japan als "Tigers of Money" eingeführt. © freepik

Seit 2014 gibt es das TV-Format «Die Höhle der Löwen» in der Schweiz. Die Sendung wird von der Streaming-Plattform oneplus ausgestrahlt. Das TV-Format gibt es in über 30 Ländern: In Österreich heisst es «2 Minuten 2 Millionen», in den USA «Shark Tank», die Briten schauen «Dragons‘ Den» und das Original aus Japan ist «The Tigers of Money».

Auch interessant

Ein Mann gibt eine Präsentation in einem Büro
Unternehmertum

Investoren-Pitches werden für Startups immer wichtiger

In unsicheren Zeiten werden Investorinnen und Investoren noch risikoscheuer. Für Startups sind deshalb überzeugende Pitches umso wichtiger. Darauf sollen sie achten.
Bunte Lichter auf einem grossen offiziellen Gebäude im klassizistischen Baustil. Im Vordergrund dunkle Silhouetten von Menschen
Unternehmertum

Kreative Hotspots in aller Welt

Silicon Valley ist nicht alles. Wir stellen sechs globale Tech Hubs vor und erklären, was sie für Gründerinnen, Gründer und Start-ups attraktiv macht.
Mann mittleren Alters im Anzug lehnt sich mit verschränkten Armen vor dunklem Hintergrund an eine Wand
Unternehmertum

"Kamele statt Einhörner"

Schneller Erfolg und hoher Profit sind nicht mehr Leitgedanken des zeitgemässen Unternehmertums. Warum Entrepreneurship mehr zu Nachhaltigkeit, Sinn und Glück tendiert, erklärt Dietmar Grichnik, Professor für Entrepreneurship an der Universität St. Gallen (HSG).
Insights abonnieren