- Home
-
Private Banking
-
Market View & Insights
"Ein Vipernnest aus Shakespeare'schem Verrat" erwartet die Zuschauer von "Succession", doch lässt sich für Unternehmerfamilien wirklich etwas daraus lernen?
"Ihr stürmt hier rein, mit Waffen in der Hand. Und jetzt stellt ihr fest, dass sie sich in verdammte Würstchen verwandelt haben", donnert Medienmogul Logan Roy. Seine gierigen Sprösslinge sind gerade phänomenal gescheitert – sie planten eine feindliche Übernahme von Waystar Royco, dem fiktiven Konglomerat, das ihm in der HBO-Serie Succession gehört. Wie üblich hat er ihre Bemühungen in der letzten Folge der Staffel übertrumpft. Diesmal, indem er sich mit ihrer Mutter verschworen hat. "Wir haben gerade Mom und Dad dabei erwischt, wie sie uns f*cken", seufzt Logans Tochter Shiv.
Den Abspann einer weiteren Folge von Succession ablaufen zu sehen, ist frustrierend. Es wird Monate dauern, bis wir erfahren, wie das abschliessende Tableau ausgeht. Zum Glück für die Zuschauer gab es jüngst beruhigende Nachrichten vom Schöpfer der Serie, Jesse Armstrong. Im Gespräch mit Reportern während der Bafta Awards verriet er, dass die Drehbücher für die vierte Staffel fast fertig sind.
Es gibt viele Gründe, warum diese Serie von Kritikern so gelobt wird. Jede Folge schaltet auf intelligente Weise den nächsten erzählerischen Gang hoch, angetrieben von einem Drehbuch, das aus bissigen Beleidigungen und absurden Sprüchen besteht. Die Handlung ist ein köstliches Vipernnest aus Shakespeare'schem Verrat. Der Soundtrack ist eine viszerale Komposition, die den Zuschauer in die Welt nüchterner Hotelzimmer und grausamer Sitzungszimmer versetzt. Das alles ist ausgezeichnet.
Eine klare Lektion in Sachen Etikette für angehende Konzernprinzen?
Die Prämisse, die der Handlung zugrunde liegt, ist einfach: Ein Patriarch, der kurz vor der Pensionierung steht, und intrigante Erben, die versuchen, sich ihren Weg an die Spitze zu bahnen. Die Parallelen zu realen Wirtschaftsdynastien sind offensichtlich. Keine ist deutlicher als die zum inneren Kreis des News Corp-Eigentümers Rupert Murdoch. Wenn man sieht, wie sich die Handlung vor dem Hintergrund von Privatjets, Davos-Jamborees und New Yorker Palastwohnungen entfaltet, fragt man sich: Hat auch James Murdoch seinem Vater jemals versehentlich kompromittierende Photos über einen vollbesetzten Vorstandstisch hinweg geschickt?
Aber auch wenn dieser Moment eine klare Lektion in Sachen Etikette in der Vorstandsetage für angehende Konzernprinzen enthält, denke ich, dass die neunundzwanzig Folgen der Serie weitere Hinweise für Familien enthalten, die eine Machtübergabe in Erwägung ziehen.
Berater, die Unternehmen bei der Einführung der nächsten Generation unterstützen, sind sich einig: Am besten ist es, den Nachwuchs frühzeitig in die Abläufe des Unternehmens einzuführen. Das bedeutet, dass die Nachfolgenden besser gerüstet sind, wenn sie sich im Laufe ihrer Karriere mit den Feinheiten des Unternehmens vertraut gemacht haben. Umgekehrt sollten sich alternde Gründer, die sich an das Ruder klammern, Logans Ansatz ansehen und das Gegenteil tun. Seine Vormundschaft war so grausam und inkonsequent, dass – bis jetzt – keines seiner zupackenden Kinder in der Lage ist, die Zügel bei Waystar Royco zu übernehmen.
Die Nachfolgeplanung erfordert ein Netzwerk von erfahrenen Mentoren, welche die neuen Chefs unterstützen. Denken Sie an die Rolle von Persönlichkeiten wie Frank Vernon, langjähriger Vertrauter von Logan und stellvertretender Vorsitzender des Unternehmens. Oder Gerri Kellman, die in der dritten Staffel die Rolle des Interims-CEO übernimmt. Diese wehleidigen Lakaien werden von der Familie Roy verächtlich behandelt – Frank wird von Logan in der ersten Folge gefeuert –, aber im wirklichen Leben wären Figuren wie sie für eine kohärente Unternehmensführung von zentraler Bedeutung.
Vor allem würden sie für eine gewisse Kontrolle und Ausgewogenheit sorgen, wenn ein ehrgeiziger neuer Eigentümer ins Büro kommt. In der Serie erscheint die Waystar-Royco-Spitze als die am wenigsten mächtige, aber gemässigtste der Figuren. In echten Familienunternehmen ist das vielleicht gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt?
Nachfolgeregelungen werden selten so umgesetzt, wie sie ursprünglich geplant waren. In manchen Fällen dauert es Jahrzehnte der Weiterbildung und der persönlichen Entwicklung, bis ein Sprössling bereit ist, ein älteres Mitglied eines Familienunternehmens zu ersetzen. Während dieser Zeit ändern sich die Prioritäten, Verantwortlichkeiten und Interessen der Kandidatinnen und Kandidaten.
Die Erbin eines grossen Pharmaunternehmens hätte vielleicht schon Monate nach ihrem Abschluss an der Harvard Business School ein Auge auf den Spitzenjob geworfen. Aber würden sich ihre Ambitionen in einem Jahrzehnt geändert haben? Das ist wahrscheinlich. Die langen Zeiträume, die mit der Nachfolgeplanung verbunden sind, bedeuten, dass Anpassungsfähigkeit und Flexibilität von entscheidender Bedeutung sind.
In der Serie sind die Roys durchaus flexibel. Logan scheint von einem Favoriten zum anderen zu wechseln, wobei er andeutet, dass jeder von ihnen genug Ansehen erworben haben könnte, um sich des Unternehmens würdig zu erweisen. Es gibt schnelle Rollenwechsel, bei denen Mitglieder des inneren Kreises in Jobs katapultiert werden, mit denen sie nicht gerechnet haben. Aber das liegt vor allem an Logan Roys undurchsichtiger Strategie. Wenn es darum geht, seine Söhne und seine Tochter zu führen, wendet er eine Philosophie wie aus dem Drehbuch eines Diktators an – er tadelt, dann lobt er. Er ist unberechenbar, aber gerissen. Er lässt seine Gegner (vor allem seine Kinder) verwirrt zurück, wenn sie versuchen, seinen nächsten Schritt vorherzusehen.
Am Ende der dritten Staffel zeigt sich, dass Logans Liebe zu seinen Söhnen und seiner Tochter verblasst im Vergleich zu seinem Wunsch, die Firma zu kontrollieren – die ihm mehr als Kind erscheint wie seine eigenen Kinder. Dieser Drang, alle Konkurrenten zu Brei zu schlagen, ist vielleicht der Hauptgrund für die Dysfunktion der Hauptfiguren – und ein wichtiger Treiber für den Erhalt der Spannung auch nach der dritten Staffel der Serie. So gesehen ist "Succession" die beste moderne Geschichte über die korrumpierende Wirkung von Macht und Gier. Doch lange bevor diese beiden Faktoren in der realen Welt die Oberhand bei Familienunternehmen gewinnen, sollten die Familienmitglieder womöglich darüber nachdenken, was sie über das Finanzielle hinaus verbindet und was sie kommenden Generationen hinterlassen wollen.
Header Visual © VINCENT TULLO/NYT/Redux/laif.