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Lifestyle

Mein Bristol: Mehr als Banksy

Über Bristols Street Art, Ballonfestivals und Strassenbands: Andrew Davies von LGT Wealth Management nimmt uns mit auf einen Spaziergang durch das kreative Zentrum des englischen Südwestens.

Datum
Autor
Laura Gianesi, LGT
Lesezeit
5 Minuten
Street Art; eine Frau hält einen Strauss Blumen vors Gesicht
Zerstörung ermöglichte, wofür Bristol heute am berühmtesten ist: Street Art. © Sean Ebsworth Barnes

Bristol ist eine junge Stadt. Ich spreche nicht nur von den Leuten (auch wenn die Universitäten natürlich eine ganze Menge Studierende anziehen, die das Bild der Strassen prägen). Es ist äusserst atypisch für britische Städte, dass die meisten dieser jungen Akademikerinnen und Akademiker nach ihrem Abschluss hierbleiben. Das ist wohl der beste Beweis dafür, dass diese entspannte und doch quirlige Atmosphäre der Stadt einen so schnell nicht mehr loslässt. Aber Bristol ist auch in anderer Hinsicht eine junge Stadt. 

Street Art; auf einem Gebäude ist ein Wolf gemalt, auf dem anderen ein Mensch, sie schauen einander an
Jung und urban: Bristol ist stolzer auf seine über 200 Street-Art-Meisterwerke als auf seine Kunstmuseen. © Sean Ebsworth Barnes

Das Herz des mittelalterlichen Bristols lag früher zwischen zwei Flüssen, dem Avon und dem Frome. Heute erinnert jedoch nichts mehr an die Häuser und Strassen aus dem Mittelalter. Eindrückliche Sehenswürdigkeiten wie das Old Dutch House, ein grosser Fachwerkbau aus dem Jahr 1676, sind uns nur von Schwarz-Weiss-Fotografien bekannt. Es war die Nazi-Luftwaffe, welche die Stadt während des "Bristol Blitz" zerstörte. Wegen ihres Hafens und ihrer Flugzeugproduktion wurde unsere Stadt zwischen November 1940 und April 1941 sechsmal bombardiert.

Bristol Fluss und Boote vor der Kathedrale
Das Herz des mittelalterlichen Bristols lag früher zwischen zwei Flüssen, dem Avon und dem Frome. © Sean Ebsworth Barnes

Deshalb findet man heute, wenn man durch das Zentrum schlendert, viele neue, graue Häuser mit Flachdächern aus den 1960er Jahren - nicht gerade eine Augenweide. Diese Zerstörung ermöglichte jedoch die Geburt dessen, wofür Bristol heute am berühmtesten ist: Street Art. Die grauen Strukturen dienen als Leinwand für moderne, farbenfrohe und provokative Kunstwerke. Die Stadt rühmt sich zwar nicht mit hübschen mittelalterlichen Gassen wie York, aber dieser Mangel an historischer Schönheit und ehrwürdiger Erhabenheit verleiht Bristol auch eine Ausstrahlung der Freiheit und Jugend, die sie voll auszunutzen weiss. 

Andrew Davies LGT
"Bristol eine Universitätsstadt, aber wenn diese Studierenden einmal hierhergezogen sind, wollen sie nicht mehr weg", beobachtet Andrew Davies von LGT Wealth Management UK. © Sean Ebsworth Barnes

Da ist natürlich Banksy, der wohl berühmteste Sohn der Stadt. Mir gefällt besonders sein "Mädchen mit dem Stock" von 2016. Schulkinder hatten ein Haus nach ihm benannt, und das Bild war sein Dankesgeschenk. Zusammen mit dem Kunstwerk hinterliess er den Kindern eine Notiz: "It's always easier to get forgiveness than permission" - "es ist immer leichter, Vergebung zu erhalten als Erlaubnis". Ein typischer "Banksy-move". 

Street Art in Bristol: Malerei eines nicht Fantasie-Tiers, halb Maschine, auf einer Hauswand
Die grauen Strukturen werden zur Leinwand für moderne, farbenfrohe und provokative Kunstwerke. © Sean Ebsworth Barnes

Aber es wäre falsch, die lebendige Kunstszene von Bristol auf diesen einen Namen zu reduzieren. Die Stadt ist freidenkerisch und aufgeschlossen. Ganze Strassen wie die Nelson Street sind voller Street Art grosser Namen der Szene, wie Aryz, Nick Walker und Stik. Sie sollten auch die Gloucester Road besuchen, Bristols längste Strasse unabhängiger Läden. Dort gibt es kein Tesco's, kein Starbucks, kein Prêt. Starbucks plante einst, einen Laden zu eröffnen, aber die Menschen protestierten sofort. Internationale street artists sind oft in Bedminster anzutreffen, wo das Upfest, Europas grösstes Street Art-und Graffitifestival, stattfindet. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Bristol eher für seine Street Art als für die Gemälde in seinen Museen bekannt ist – auch wenn die Royal West of England Academy mit schönen Gemälden von Künstlern aus Südengland aufwartet.

Strassenband beim Fluss in Bristol
"Wir haben hier keine riesigen Konzerthallen; die grossen Stars kommen daher nicht nach Bristol. Doch die lokale Musikszene ist sehr lebendig." © Sean Ebsworth Barnes

Ich habe noch nie irgendwo gelebt, wo es ständig so viele Festivals gab. Im Sommer gibt es an jedem Wochenende etwas zu tun - im August zum Beispiel das Bristol International Balloon Fiesta. Der erste britische Heissluftballon startete hier in Bristol am College Green. Das war 1967. Seitdem ist Bristol als die Heissluftballonhauptstadt des Vereinigten Königreichs bekannt. Der wohl ikonischste Teil der Fiesta ist das Nightglow, bei dem die Ballons aufgeblasen werden und im Dunkeln zu Musik glühen. Es gibt auch ein Hafenfest, ein Komödienfestival, ein Essensfestival, ein Tanzmusikfestival... Die Liste scheint unendlich lang. 

Zwei Fotos vom Hafen in Bristol
Am Hafen von Bristol tummelten sich früher See- und Kaufleute. Heute ist er voller Bars, Restaurants, Geschäfte und Märkte. © Sean Ebsworth Barnes

Berühmterweise findet nahe von hier das Glastonbury-Festival statt. Auch das gehört zu unserer Kultur - am Montag nach Glastonbury erwarten die Lehrerinnen und Lehrer nicht einmal, dass die Kinder in die Schule kommen. Wenn Sie in Bristol jedoch auf die Suche nach den grossen Namen der Musikindustrie gehen, werden Sie enttäuscht. Wir haben hier keine riesigen Konzerthallen; die richtig grossen Stars kommen daher nicht nach Bristol. Stattdessen haben wir eine lebendige lokale Musikszene.

Kleiner Hafen in Bristol vor bunten Häusern
"Das Leben hier ist viel angenehmer, es ist nicht so stressig wie in der Hauptstadt, nicht so anonym, nicht so laut." © Sean Ebsworth Barnes

Wie ich eingangs sagte, ist Bristol eine Universitätsstadt, aber wenn diese Studierenden einmal hierhergezogen sind, wollen sie nicht mehr weg. Bristol bietet grossartige Karrieremöglichkeiten, weshalb es einen vielbereisten Pfad von London hinunter nach Bristol gibt - meistens "one-way tickets", versteht sich. Aber nicht nur aus beruflichen Gründen bleiben die Menschen: Das Leben hier ist viel angenehmer, es ist nicht so stressig wie in der Hauptstadt, nicht so anonym, nicht so laut. 

Die Clifton Suspension Bridge über Bristol
Die Clifton Suspension Bridge von 1864 ist eines der Wahrzeichen von Bristol und wird noch immer von bis zu 12'000 Fahrzeugen pro Tag überquert. © Sean Ebsworth Barnes

Mit ihren 500'000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist die Berufsszene vielfältig, aber auch klein genug, dass man einander kennt. Da die Menschen, die sich hier niederlassen, in der Regel bleiben, ist die Gemeinschaft auch äusserst stabil. Unsere Freundinnen und Freunde, unsere Kolleginnen und Kollegen sind langfristige Investitionen, was wahrscheinlich auch der Grund dafür ist, dass die Menschen hier so freundlich sind. 

Mittelalterliche Strassen von Bristol
Die Stadt bietet viele lokale, kleine Shops, Cafés und Pubs. © Sean Ebsworth Barnes

Ausserdem ist Bristol das Tor zu Grossbritanniens Urlaubsgebiet: Im Südwesten finden Sie Devon und Cornwall, Dartmoor, Exmoor, den New Forest National Park... Innerhalb einer Autostunde können Sie im Grunde alles finden, was Sie sich wünschen. Das könnte auch der Grund dafür sein, dass man sagt, dass die Dinge etwas langsamer vonstattengehen als in der Hauptstadt. Die Leute sind entspannter. Hier gibt es eine Uhr, die das perfekt veranschaulicht: Die Uhr auf dem Corn-Exchange-Gebäude aus dem 18. Jahrhundert hat zwei Minutenzeiger - einen für London, einen für Bristol. Der zweite liegt zehn Minuten zurück. Das ist kein Fehler: Bristol hatte früher eine eigene Zeitzone, zehn Minuten hinter London. Erst 1852 übernahm die Stadt die offizielle Zeit. 

Die Uhr auf dem Bristol Stock Exchange Gebäude und ihren beiden Minutenanzeigern, einer von beiden ist 10 Minuten spät
Bristol hatte früher eine eigene Zeitzone, zehn Minuten nach London. © Sean Ebsworth Barnes

If you're going to Bristol, be sure to ...

... sing: "Unfinished Sympathy" von Massive Attack

... drink: "Bristolians" lieben ihren cider. Im Sommer sitzen die Leute draussen am Flussufer, in den Parks oder am Hafen und trinken ein oder zwei Gläser.

... say: "gurt lush" = wirklich nett, grossartig. "That cider is gurt lush." 

... know: Banksy

... spend a day like this: Streeet Art-Spaziergang, Einkaufen und Mittagessen in Clifton, Spaziergang zur Avon-Schlucht, Fahrt mit der Hafenfähre, Pre-theatre dinner, Theater im Bristol Old Vic, Drinks im Milk Thistle

Hotelschild von The Grand in einer schönen Strasse in Bristol mit sandsteinfarbigen Fassaden
Bristol beherbergt eine erstaunliche Vielfalt architektonischer Stile: von brutalistisch bis viktorianisch, von georgianisch bis mittelalterlich. © Sean Ebsworth Barnes

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