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Market View & Insights
Getrieben von Emotionen und Marktgerüchten kaufen oder verkaufen Anlegerinnen und Anleger oft zum ungünstigsten Zeitpunkt. Wer dies vermeiden will, sollte den Fokus mehr auf das Gesamtportfolio statt auf einzelne Transaktionen richten.
Gute Anlageentscheidungen zu treffen ist gar nicht so einfach: Soll man beispielsweise eine Aktie nach einem steilen Kursanstieg verkaufen und die Gewinne mitnehmen? Oder lieber dabeibleiben, da jetzt erst recht ein Kursfeuerwerk bevorstehen könnte?
"Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen." Die ironisch gemeinte Redewendung wird für viele Anlegerinnen und Anleger vertraut klingen. Wer bei unsicheren Zukunftsaussichten wichtige Entscheidungen treffen muss, fällt oft der Befangenheit (in der Fachsprache: Bias) zum Opfer. Die Behavioural Finance, ein Bereich der Finanzwissenschaft, der sich mit dem Einfluss von Emotionen beim Anlegen beschäftigt, hat mehrere psychologisch bedingte Fallstricke identifiziert, die zu Fehlentscheiden beim Anlegen führen können.
Zu den bekanntesten gehört der Herdentrieb, also die Neigung, sich der Mehrheitsmeinung anzuschliessen. Wenn alle kaufen, will man nicht abseitsstehen und mögliche Kursgewinne verpassen. Im Endeffekt führt dies oft dazu, dass Anlegerinnen und Anleger in bereits überbewertete Märkte einsteigen oder bei einem Kurseinbruch zu Tiefstkursen verkaufen.
Bei Verkehrsumfragen glaubt regelmässig die Mehrheit der Befragten, dass nur die anderen schlecht und unvorsichtig fahren. Dieses sogenannte Overconfidence-Bias ist ebenso beim Anlegen bekannt und auch dort nicht ungefährlich. Eine zu optimistische Einschätzung der eigenen Fähigkeiten führt dazu, Risiken zu unterschätzen.
Studien zeigen, dass die Angst vor Verlusten emotional stärker wirkt als die Freude über gleich hohe Gewinne. Dieses Phänomen verleitet oft dazu, dass man bei steigenden Kursen zu früh verkauft, um Verluste zu vermeiden, oder bei einem Markteinbruch zu spät, weil man zu lange auf eine Erholung hofft.
Gute Kursprognosen könnten helfen, Trugschlüsse und Fallstricke zu vermeiden. Zwei der gebräuchlichsten Methoden hierfür sind die fundamentale Wertschriftenanalyse und die technische Chartanalyse.
In der Fundamentalanalyse werden betriebswirtschaftliche und finanzielle Faktoren eines Unternehmens untersucht sowie Branchen- und Marktentwicklungen ausgewertet. Ziel ist es, den "inneren" Wert einer Aktie zu ermitteln. Basierend auf der Annahme, dass der Börsenkurs sich langfristig diesem Wert annähert, versuchen beispielsweise sogenannte Value-Investoren diejenigen Aktien herauszupicken, bei denen der Börsenkurs unter dem inneren Wert liegt.
Die technische Chartanalyse hingegen basiert auf der Auswertung einer Reihe von börslichen Kurs- und Umsatzdaten. Technische Analysten glauben, dass alle relevanten Informationen bereits im Kurs einer Aktie enthalten sind. Durch das Studium von Kursgrafiken versuchen sie, Trends zu erkennen und zukünftige Kursentwicklungen vorherzusagen. Diese Methode ist besonders bei kurzfristig orientierten Investorinnen und Investoren beliebt.
Fundamental- und Chartanalysen zielen darauf ab, beim Kauf und Verkauf einzelner Wertpapiere bessere Entscheidungen zu treffen. Einen alternativen Ansatz, der den Blick mehr auf das Gesamtportfolio richtete, entwickelten ab den 1950er Jahren der Nobelpreisträger Harry Markowitz und andere Ökonomen. Ihre sogenannte Moderne Portfoliotheorie (MPT) basiert auf einer damals revolutionären Erkenntnis: Man kann das Gesamtrisiko eines Portfolios durch die geschickte Kombination verschiedener Anlagen verringern - ohne auf Rendite verzichten zu müssen. Markowitz zeigte, dass sich mit mathematischen Methoden optimal diversifizierte, sogenannt effiziente Portfolios konstruieren lassen, für die bei gegebenem Risiko die erwartete Rendite maximiert oder umgekehrt bei gegebenen Renditeerwartungen das Risiko minimiert werden kann.
Die Erkenntnisse der MPT führten zu einem Paradigmenwechsel: Weg von der Fixierung auf den Kauf und Verkauf einzelner Wertschriften, hin zu einem systematischen Portfoliomanagement. Mittlerweile hat sich dieser Ansatz in der Vermögensverwaltung breit durchgesetzt. Um ein effizientes Portfolio im Sinn von Markowitz zu erstellen, hat sich in der Praxis ein dreistufiges Vorgehen bewährt:
Mit der Konstruktion eines effizienten Portfolios ist es aber nicht getan. Um die langfristige Anlagestrategie einzuhalten, muss das Portfolio laufend an die dynamische Entwicklung von Wirtschaft und Finanzmärkten angepasst werden.
Eine der wichtigsten Aufgaben ist das sogenannte Rebalancing. Nehmen wir beispielsweise an, der Aktienanteil des Portfolios ist in Folge eines weltweiten Markteinbruchs unter die von der Anlagestrategie vorgegebenen 40 % gesunken, und der Anleihenanteil ist entsprechend gestiegen. Rebalancing bedeutet nichts anderes, als durch den Zukauf von Aktien und den Verkauf von Anleihen die angestrebte Vermögensaufteilung wieder herzustellen.
Was aber, wenn man aufgrund sorgfältiger Marktanalysen zum Schluss kommt, dass der Einbruch der Aktienmärkte übertrieben ausgefallen ist und möglicherweise eine grössere Korrektur nach oben bevorsteht? Dann lohnt es sich vielleicht, temporär von der langfristigen Anlagestrategie abzuweichen und die Aktienquote aus taktischen Überlegungen sogar auf mehr als 40 % anzuheben, um von der erwarteten Erholung der Aktienmärkte umso mehr zu profitieren.
Die moderne Portfoliotheorie hat den Weg für ein systematischeres Vorgehen beim Investieren geebnet und die Wichtigkeit der Anlagestrategie aufgezeigt. Diese diszipliniert umzusetzen, kann zudem vor emotionalen Fehlentscheiden bewahren. Die richtige Auswahl und das Timing beim Kauf und Verkauf einzelner Wertpapiere bleiben wichtig, aber der beste Schutz gegen die Unwägbarkeiten der globalen Finanzmärkte sind eine gut diversifizierte Anlagestrategie, kombiniert mit dem Wissen um die psychologischen Fehlerquellen, die es beim Anlegen zu vermeiden gilt.