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Nachhaltigkeit

Philanthropie oder Impact Investing: Das ist der Unterschied

Wann machen Spenden die Welt besser, und wann Investments? Tom Kagerer, Partner und Investmentspezialist bei LGT Venture Philanthropy, gibt Auskunft.

Datum
Autor
Eloise von der Schulenburg, LGT VP
Lesezeit
10 Minuten

Children learning

Philanthropie und Impact Investing: Braucht die Welt beides? Und wenn ja: Wann macht was Sinn?

Tom Kagerer: Ja, die Welt braucht beides, da es sich um komplementäre Ansätze handelt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Ob dies durch eine Kapitalbeteiligung – wie im Impact Investing – oder eine Spende – wie bei der Philanthropie – geschieht, hängt neben anderen Faktoren oft von der wirtschaftlichen Situation der Zielgruppe ab. Wenn ein Unternehmen in einem Umfeld mit einer hohen Konzentration von Kunden mit ausreichender Kaufkraft tätig ist, ist eine marktbasierte Lösung oft eine gute Strategie. In diesem Fall ist eine Kapitalbeteiligung an einem gewinnorientierten Unternehmen ein guter Weg, um das Wachstum solcher wirkungsvollen Lösungen zu unterstützen. Das ist der Wert der Arbeit der Impact Investing Plattform Lightrock. Wenn Sie aber beispielsweise den Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung in abgelegenen Gemeinden in Liberia verbessern wollen, stehen Sie vor einem ganz anderen Szenario. Die Bevölkerungsdichte ist gering und die Kaufkraft extrem niedrig. Die Menschen sind oft Subsistenzlandwirte; sie bauen Nahrungsmittel an, um zu überleben, und haben kein oder nur ein geringes verfügbares Einkommen. Das ist die Arbeit von uns, LGT Venture Philanthropy.

Tom Kagerer
Tom Kagerer bei der NGO Last Mile Health.


Diese Menschen haben also wahrscheinlich nur sehr wenig oder gar kein Geld, das sie für eine bessere Gesundheitsversorgung oder Bildung ausgeben könnten.

Tom Kagerer: Genau. Es gibt Milliarden von Menschen auf der Welt, die nur ein minimales Einkommen zur Verfügung haben, weshalb ihre Möglichkeiten, für Dienstleistungen zu bezahlen, extrem begrenzt sind. Deshalb konzentriert sich LGT VP auf die Unterstützung von Non-Profit-Organisationen, die Produkte und Dienstleistungen entwickelt haben, die qualitativ hochwertig und für ihre Kunden kostenlos sind.

Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Tom Kagerer: Ja, natürlich. Wir unterstützen zum Beispiel ARMMAN, eine unserer Portfolio-Organisationen, die sich für die Verbesserung der Gesundheit von Müttern und Kindern in Indien einsetzt. Ein Teil des ARMMAN-Modells besteht darin, die hohe Mobiltelefon-Penetration in den abgelegenen Gemeinden Indiens zu nutzen, um Gesundheitsinformationen und aufsuchende Programme über das Telefon bereitzustellen – ein effektives, erschwingliches und äusserst skalierbares Modell. Seit seiner Gründung hat ARMMAN 18 Millionen schwangere Frauen und Familien erreicht.

Was ist mit der Regierung? Müsste sie nicht auch einbezogen werden?

Tom Kagerer: Natürlich – in einem Umfeld, in dem die meisten Kunden kein verfügbares Einkommen haben, haben sich gemeinnützige Organisationen, die Hand in Hand mit den Regierungen arbeiten, als effektiv und effizient erwiesen. Unsere Portfolio-Organisationen arbeiten in der Regel in enger Partnerschaft mit der Regierung, um Dienstleistungen wie eine gute Gesundheitsversorgung oder Bildung anzubieten. Ein gut platzierter Zuschuss für eine Organisation mit einem starken Modell kann einen Katalysatoreffekt auf das gesamte System haben. Sie könnten zum Beispiel eine Organisation haben, die effektiv Gesundheitsdienste in der Gemeinde anbietet. Mit dem richtigen Mass an finanzieller und kapazitätsbildender Unterstützung kann die Organisation ihr Modell so weit ausbauen und skalieren, dass die Regierung es sich ansieht und sagt: "Das funktioniert. Wir können uns dieses Modell leisten, es ist replizierbar und wir wollen es im Rest des Landes einführen." Nun kann die Regierung das Modell der Organisation als Vorlage für die Einführung einer nationalen Strategie für die kommunale Gesundheitsversorgung nutzen.

Last Mile Health
Die liberianische Organisation Last Mile Health hat dabei geholfen, die Ebola-Epidemie einzudämmen.

Ich erinnere mich, von einer Gesundheitsorganisation in Liberia gelesen zu haben, die Sie unterstützen und die diese Art von Entwicklung durchlaufen hat.

Tom Kagerer: Ja, unsere Portfolio-Organisation Last Mile Health (LMH), deren Effektivität bei der Eindämmung der Auswirkungen der Ebola-Epidemie die Aufmerksamkeit der liberianischen Regierung auf sich zog. LMH hatte in einem einzigen Bezirk gearbeitet, und dieser Bezirk hatte weitaus besser abgeschnitten als alle anderen, weil sich das LMH-Modell der Ausbildung und Ausrüstung von Community Health Workers als unglaublich effektiv erwies, um die lokale Gemeinschaft dazu zu bringen, Gesundheitsprotokolle zu befolgen. Die Regierung startete das National Community Health Assistant Program, um das Modell von LMH im ganzen Land zu verbreiten.

Und wie genau helfen Sie den Organisationen, zu wachsen und das Stadium zu erreichen, in dem eine Regierung auf sie aufmerksam werden könnte?

Tom Kagerer: Was uns von vielen anderen Geldgebern unterscheidet, ist, dass wir flexible, nicht programmatische Mittel bereitstellen. Ein grosser Teil unserer Mittel ist für den Aufbau von firmeneigenen Kapazitäten bestimmt. Normalerweise stellen Geldgeber dafür nur begrenzte oder gar keine Mittel zur Verfügung. Wir bei LGT VP sind überzeugt, dass starke organisatorische Fähigkeiten wie Finanzen, Marketing und Kommunikation, IT und Data Management für eine Organisation entscheidend sind, um qualitativ hochwertige, kosteneffiziente Lösungen in grösserem Umfang umzusetzen.

Und Sie arbeiten in der Regel über viele Jahre hinweg mit Unternehmen zusammen?

Tom Kagerer: Das ist richtig. Unser Vorstand hat uns beauftragt, in einigen wenigen Themenbereichen sehr strategisch zu arbeiten. Wir verbringen viel Zeit mit der Prüfung unserer Organisationen, um diejenigen auszuwählen, die das grösste Potenzial haben, Lösungen mit langfristigen und nachhaltigen Auswirkungen auf gefährdete Gemeinschaften zu entwickeln. In der Regel engagieren wir uns für Organisationen in der Wachstumsphase und versuchen, ihre Wirkung voranzutreiben, da es oft Jahre dauert, bis sie eine signifikante Tiefe und Grösse erreichen. In einigen Fällen, wie z. B. bei unserer Portfolio-Organisation Educate Girls, die wir seit mehr als elf Jahren finanzieren, stellen wir fest, dass wir sie immer noch dabei unterstützen können, die nächste Stufe der geografischen Expansion zu erreichen und Technologien zur Verbesserung ihrer Effizienz einzusetzen. Wenn wir von einer Organisation überzeugt sind, unterstützen wir sie mit dem gesamten Spektrum unserer Ressourcen – finanziell, operativ, in Bezug auf Management, Vernetzung und Kapazitätsaufbau.

Ich habe noch eine letzte Frage. Wir haben vorhin die drei strategischen Bereiche von LGT VP angesprochen: Bildung, Umwelt und Gesundheit. Was sind Ihre Ziele in jedem dieser Bereiche in den nächsten drei Jahren?

Tom Kagerer: Ich denke, wir würden uns nur dann als erfolgreich bezeichnen, wenn wir bis 2023 im Gesundheitsbereich 65 Millionen Menschen einen besseren Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung ermöglichen, unser Bildungsportfolio die Lernergebnisse von mehr als 30 Millionen Kindern verbessert und unser Umweltportfolio deutlich dabei hilft, 30% der globalen Land- und Meeresflächen bis 2030 zu schützen. 

Bilder: © LGT VP

LGT Venture Philanthropy und die Impact Investing Plattform Lightrock waren früher eine einzige Organisation und haben sich 2016 in zwei Einheiten aufgespaltet. Warum?

Während den Anfängen hatte die LGT VP Foundation ein breit gefächertes Mandat, das mehrere Regionen, Themen und Finanzinstrumente umfasste. Sie tätigten einerseits Zuschussinvestitionen in Non-Profit-Organisationen und andererseits Eigen- und Fremdkapitalinvestitionen in For-Profit-Organisationen – alles getrieben von der Mission, die Lebensqualität benachteiligter Menschen zu verbessern. Der Grund für die Trennung in zwei Einheiten war die Erkenntnis, dass ein höheres Mass an Spezialisierung erforderlich war, um in beiden Bereichen noch besser zu werden. Auf der Seite des Impact Investing war es klar, dass für mehr Wachstum ein institutioneller Aufbau und der Zugang zu grösseren Kapitalbeträgen erforderlich waren. Um hingegen die Wirkung ihrer philanthropischen Finanzierung zu maximieren, mussten sie ihre Strategie verfeinern und einen geografisch und thematisch stärker fokussierten Ansatz verfolgen.

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