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Market View & Insights
Vier erfolgreiche Gründer erklären, warum sie zu Investoren wurden und anderen Unternehmern helfen, ihre Ideen zu verwirklichen.
Ein Startup kann Geschichte schreiben oder Schiffbruch erleiden. Genau diese riskante Gratwanderung hält Unternehmer auf den Beinen, macht sie zu Langstreckenläufern und Coaches, die andere Gründer inspirieren.
Wer eine Handvoll Unternehmer befragt, die mindestens eine Firma zum Exit geführt haben, werden sie ohne Ausnahme sagen: Nein, es ging dabei nicht ums Geld, sondern um eine verlockende Mischung aus eigener Intuition und der Jagd nach einer Vision. Und nein, sie konnten nicht anders und mussten unmittelbar nach dem Verkauf weitermachen. Wer etwas auf sich hält, lanciert entweder sofort das nächste Startup oder, besser noch, wird zum Investor, um mit mehreren Neugründungen noch mehr Durchschlagskraft zu haben.
Es folgen die sehr unterschiedlichen Geschichten von vier sehr unterschiedlichen Gründern aus aller Welt, die eines gemeinsam haben. Sie alle entschieden sich, nach ihrem Exit Investoren zu werden, um das von ihnen so geliebte Spiel weiterzuspielen und etwas an das unternehmerische Ökosystem zurückzugeben, das ihnen den Erfolg ermöglichte.
Als Frau in der von Männern dominierten Technologiebranche unterwegs zu sein, war Rachel Delacour eine willkommene Herausforderung. 2009 gründete sie im Alter von 29 Jahren gemeinsam mit ihrem Mann die Firma Bime Analystics, motiviert vom persönlichen Frust über bestehende Business Intelligence-Software. "Wir hatten keine Ahnung, wie man ein Startup aufbaut, aber sind unseren eigenen Weg gegangen", gibt sie rückblickend zu.
Der Mut zahlte sich aus, denn 2015 klopfte Zendesk aus San Francisco, deren Online-Plattform Kundendienstfunktionen automatisiert, bei Bime an. Als Delacour die Übernahme mit ihrer Unterschrift besiegelte, war sie buchstäblich am Limit, da die Geburt ihres zweiten Kindes kurz bevorstand. "Mein Fokus war auf dem Baby, auf meinem Team und der Integration unseres Produktes unter dem neuen Eigentümer," erzählt sie. An das nächste Startup oder an Kapitalspritzen für andere Gründer verschwendete Delacour keine Gedanken.
Und dennoch machte sie ohne Pause sofort weiter. "Direkt nach meinem Exit wurde ich zur Investorin, denn nun war ich an der Reihe, anderen Gründern zu helfen. Erst hatten mich andere unterstützt, jetzt war ich gefragt." Dank ihres erfolgreichen Exits ist Delacour zu einem Angel Investor geworden, die ihr Netzwerk, Zugang zu Kapital und anderen Ressourcen nutzen kann, um die Teams und Ideen zu unterstützen, die ihr zusagen.
The Princely House of Liechtenstein, the owner of LGT, has been successfully pursuing entrepreneurial activities for centuries. Entrepreneurial thinking and actions are deeply rooted in LGT’s DNA
Aufgrund ihrer eigenen Erfahrung konzentriert sie sich primär auf Gründerinnen, die fast zwei Drittel ihrer 18 Portfolio-Unternehmen ausmachen. Gleichzeitig verfolgt Delacour den nächsten persönlichen Traum. Mit ihrem Mann und zwei weiteren Partnern gründete sie Sweep, ein Cloud-Startup, mit dem Unternehmen ihren CO2-Fußabdruck verfolgen und managen können. "Ich sehe mich in der Verantwortung, die mir zur Verfügung stehenden Ressourcen einzusetzen, um eine Lösung für den Klimawandel zu finden. Und ich hatte noch nie im Leben mehr Spaß an dem, was ich mache."
Nach 17 Jahren als Mitarbeiter und Berater für diverse Tech-Firmen hatte Pasker 1995 seinen Aha-Moment, als er die wachsende Bedeutung eines neuen Software-Standards namens Java beobachtete. "Ich experimentierte damit herum", erzählt Pasker, "und kam zu der Annahme, dass es eine gute Plattform wäre, um Unternehmensanwendungen mit Datenbanken zu verbinden."
Mit 35 war er einer der Gründer von WebLogic, das bereits drei Jahre später von BEA Systems übernommen wurde (und jetzt zu Oracle gehört). "Dieser Exit war ein großer Tag für mich, und er veränderte die Industrie, denn das Produkt ist bis heute ein wichtiger Teil der Infrastruktur des Internets", so Pasker. "Mein Vertrauen wuchs und ich bekam Appetit, etwas Neues zu starten. Ich hatte Ideen und wollte keine Zeit verlieren."
In kurzer Folge gründete er sein nächstes Unternehmen und wurde 2001 zum "Investor aus Zufall", da ihn ein Bekannter für seine Geschäftsidee begeistern konnte. Nach mehreren solcher kleineren "Friends and Family"-Investitionen fand Pasker schließlich die Rolle, die ihm nach eigener Aussage auf den Leib geschrieben ist: ein Tech-Veteran, der Tüftler mit einer Vision ausfindig macht und sie zum Erfolg führt. "Ich verstehe mich als jemand, der bei Null anfängt und ein Produkt entwickelt. Und ich sehe mich als eine Art Grundschullehrer, der Unternehmer vom ersten Funken einer Idee bis zur nächsten Wachstumsphase begleitet, so dass andere Investoren sie zum Abschluss bringen."
Bislang hat Pasker in mehr als 40 Neugründungen investiert, von denen zehn aufgekauft wurden und drei an die Börse gegangen sind. Dabei hat er ein "leises Netzwerk" aufgebaut, dass immer noch von derselben Motivation angetrieben wird: "Ich verstehe Geeks, und sie schätzen es, dass sie jemand versteht."
Als Sohn eines Kleinunternehmers wuchs Martin Junker mit dem Gefühl auf, sein eigens Glück in die Hand nehmen zu müssen. "Uns wurde schon früh vermittelt, dass wir uns Dinge erarbeiten und eigenes Geld verdienen mussten. Mir war klar, dass ich alleine für meine Handlungen verantwortlich war, mit allen Erfolgen wie Misserfolgen."
Mit kreativen Jobs wie einem Wettpool für die Fussball-WM unter seinen Nachbarn lernte Junker, unternehmerisch zu denken, lange bevor er in die Tech-Szene einstieg. Mit 24 gründete er Netzathleten, das ursprünglich als soziales Netzwerk für Sportler gedacht war. Die drei Gründer erkannten jedoch schnell, dass sie ihr Geschäftsmodell insgesamt zwei Mal umstricken mussten, bis sie endlich eine erfolgreiche Strategie gefunden hatten. Die Vermarktungsplattform für mittelgroße Webseiten rund um Sport erregte die Aufmerksamkeit der Mediengruppe RTL Deutschland, die Netzathleten 2011 aufkaufte. Damit war eine unternehmerische "Achterbahnfahrt" zu Ende, wie Junker formuliert: "Ich war erleichtert und stolz, dass sich die ganze Mühe gelohnt hatte."
Diese Erfahrung kam ihm zugute, als er anschließend zum Angel Investor wurde und 2014 die Münchner VC-Firma Venture Stars mitbegründete. Er konzentriert sich bei der Auswahl seiner Investitionen darauf, ob ein Startup einen echten Bedarf erfüllt und Geduld für die Umsetzung mitbringt. Außerdem brauchen Gründer ein Team, das dieselben Werte teilt, und müssen offen für Ratschläge sein. "Wer eine Firma aufbaut, sollte nie nur ans große Geld denken", glaubt Junker.
Bislang hat er in mehr als 20 Unternehmen investiert und ein halbes Dutzend selber mitgegründet. Unternehmertum hat für Junker eine größere Bedeutung angenommen, wie er berichtet: "Als Investor kann man vielen Gründern gleichzeitig helfen, ihre Träume zu verwirklichen und Jobs zu schaffen. Doch anders als beim Serienunternehmer tut man das nicht hintereinander, sondern gleichzeitig."
Hian Goh gibt gerne zu, dass seine erste Geschäftsidee als Student, Computer aus Singapur nach Israel zu exportieren, "hinrissig" war und scheiterte. Seine zweite Gründung, einen Telekommunikations-Dienstleister in China, musste er notgedrungen mit null Gewinn verkaufen. Doch 2013 wendete sich das Blatt, als der US-Medienkonzern Scripps Networks Interactive den vom ihm aufgebauten Asian Food Channel schluckte.
"Ich war mit Ende 30 finanziell unabhängig und hatte eine Menge gelernt: wie man ein Geschäft aufbaut, seinen Cash Flow durch Konjunkturzyklen managt und wie Unternehmen an Akquisitionen herangehen." Während Goh seinen Kabelsender aus Leidenschaft aufbaute, empfand er den Exit als eine zermürbende Zitterpartie. "Es war ein zwei Jahre langer Marathon und ein Wechselbad der Gefühle, weil so oft ein Deal in Sichtweite war und dann wieder platzte." Als der Exit endlich passierte, war er regelrecht enttäuscht: "Wir haben die Geschäfte übergeben, und plötzlich war das Geld auf dem Konto. Auf dem Laptop sah es aus wie ein Rechenfehler in einer Excel-Tabelle."
Er hatte zwar einen Grund zum Feiern, aber konnte sich nicht wirklich darüber freuen: "Ich dachte mir: Das Geld ist auf der Bank, aber mir geht's schlecht." Da Geld seinen Tatendrang nicht befriedigen konnte, schwang sich Goh bereits sechs Monate später wieder in den Sattel. Diesmal als institutioneller Investor mit einer eigenen Firma namens Openspace Ventures. "Mir war klar geworden, dass man so viel mehr Gründer erreichen kann. Und ich glaube, dass ich einen vergleichsweise besseren Job mache, weil ich selber schon einmal in dieser Rolle steckte. Es ist eine erfüllende Erfahrung."
So viele Gründer, so viele Gründe gibt es, weshalb sie nach ihrem Exit zu Investoren werden. Lust am Unternehmertum ist nur ein Faktor neben dem Wunsch, Mentor für andere zu sein. Oft geht es aber auch um philanthropisches Engagement oder die Idee des Social oder Impact Investing. In weiteren Folgen dieser Serie werden wir andere Gründer treffen und ihren Weg nach ihrem Exit beleuchten.