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Unternehmertum

Unersättlicher App-etit: Pioniere der Digitalisierung

Apps - die kleinen Programme, die auf unseren mobilen Geräten laufen, haben das digitale Leben geprägt und ihre Erfinder reich gemacht.

Datum
Autor
Steffan Heuer, Gastautor
Lesezeit
3 Minuten

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Ohne sie wären Smartphones nicht wirklich smart: Apps, jene kleinen Programme, die uns eine scheinbar unendliche Auswahl an Spielen, Unterhaltung, Informationen und Produktivitätstools bieten, sind das Herzstück des modernen, vernetzten Lebens. Fast drei Viertel der Weltbevölkerung ab 10 Jahren besitzt ein Mobiltelefon, und allein im Jahr 2022 wurden mehr als 1,2 Milliarden neue Smartphones verkauft. Dementsprechend gering ist die Chance, auf Apps verzichten zu können, um mobiles Banking zu erledigen, die Wettervorhersage abzurufen, Filme und Musik zu streamen oder sich mit einem kleinen Spiel einfach nur die Zeit zu vertreiben.

Und Apps machen süchtig. Im Durchschnitt verbringen amerikanische Verbraucher fast dreieinhalb Stunden pro Tag mit ihren mobilen Apps. Im Jahr 2021 haben Verbraucher weltweit fast 144 Milliarden Apps heruntergeladen, fast die Hälfte davon Spiele. Obwohl Apple 2008 als erster Anbieter einen App Store einführte, um die Attraktivität des iPhones zu steigern, geschieht der Löwenanteil der Downloads auf Android-Geräten, dem alternativen mobilen Universum von Google.

Jährliche App- und Spiele-Downloads zwischen 2015 und 2021 (iOS and Android).

Dabei gibt es Apps schon viel länger, als den meisten bewusst ist. Sie liefen schon auf den ersten klobigen Mobiltelefonen, die weder einen Touchscreen noch großen Speicherplatz besaßen. Einige dieser Mini-Programme der ersten Stunde sind inzwischen zu Kuriositäten für Technik-Fans geworden, während andere bis heute weiterleben und ihren Erfindern beträchtliche Gewinne in die Kassen gespült haben.

MAG/NET lädt Sie zu einem Spaziergang in die Vergangenheit ein, um zu erkunden, was aus einer Handvoll legendärer Apps und ihren Erfindern geworden ist.

Am Anfang war das Spiel: Worm und Snake (1978/1997)

Snake Game
Snake auf einem klassischen Nokia Mobiltelefon (links) feierte jüngst eine Wiederkehr auf Nokias sogenannten Feature Phones. © Keystone / Picture Alliance / Andrea Warnecke

Heute schwer vorstellbar, aber in den späten 1970er Jahren hatten Computer nur 16 Kilobyte Arbeitsspeicher. Seinerzeit heckte Peter Trefonas, ein College-Student in New Orleans, Ideen für Spiele aus, die auf dem damals beliebten TRS-80-Computer laufen sollten. Bei seinen Experimenten, wie sich Spielbewegungen mit der Tastatur steuern ließen, stieß er auf einen Fehler in seinem Code: Wenn sich der Cursor bewegte, hinterließ er eine visuelle Spur auf dem Bildschirm, wie eine Schlange oder ein Wurm, der sich herum schlängelte. "Das an sich war schon interessant", erinnert sich Trefonas an seinen "Aha"-Moment 1978.

Er machte sich an die Arbeit und schrieb das Spiel "Worm" für mehrere Computer, darunter auch für den gerade auf den Markt gekommenen Apple II+. Er programmierte sogar eine Version für zwei Spieler, die sich die Tastatur teilen mussten, und ein Nachfolgespiel namens “Hustle”, bei dem der Wurm immer länger wurde, je mehr Beute er verschlang. "Ich habe ein paar Wochen lang immer hier und da ein paar Stunden programmiert, bis der Code fertig war.”

Peter Trefonas
Ein Bug war die Inspiration für Snake: Schnappschuss des damaligen College Studenten Peter Trefonas.

Trefonas verdiente mit seinem Hobby "recht gutes Geld", indem er vier Versionen seiner Programme über ein Gamer-Magazin verkaufte, das auf Kassetten vertrieben wurde. Zwei Jahrzehnte später ließ ein Ingenieur des Handy-Giganten Nokia "Worm" als "Snake" wieder auferstehen. Da es auf Nokia-Geräten vorinstalliert war, wurde es mit schätzungsweise 350 Millionen Installationen zu einem der beliebtesten mobilen Spiele aller Zeiten. Trefonas wurde von seinem Hobby nicht reich, sondern promovierte in Philosophie und organischer Chemie, bevor er eine illustre Karriere bei Dow Chemical und DuPont einschlug.

Gratis mit der Welt chatten - ICQ (1996)

Als das israelische Start-up Mirabilis 1996 nach nur zwei Monaten Entwicklungszeit ICQ (eine Anspielung auf den Ausdruck "I seek you") lancierte, war es die erste eigenständige Instant-Messenger-App - lange bevor grosse Anbieter wie Yahoo oder AOL 1998 und 1999 mit Konkurrenzprodukten auf den Markt kamen. Das Startkapital verdankten die vier Gründer, allesamt 25 Jahre jung, dem Vater von einem von ihnen, dem Serienunternehmer Yossi Vardi, der auch Mitveranstalter der jährlichen DLD-Konferenz ist.

Die rasch wachsende Nutzerbasis von ICQ während des ersten Dotcom-Booms weckte das Interesse der Online-Plattform AOL, die den Messaging-Dienst (und das geistige Eigentum dahinter) 1998 für insgesamt 407 Millionen US-Dollar kaufte. Im Nachhinein betrachtet war der Erfolg von ICQ eine Mischung aus gutem Timing und Glück, erinnerte sich Yardi Jahre später: "Wären sie ein Jahr früher zu mir gekommen, nicht '96, sondern '95, hätten zu wenige Leute das Internet genutzt. Im Jahr '97 gab es bereits sieben Konkurrenz-Produkte, und zwei Jahre später waren es bereits 1000. Sie waren also unglaublich gut darin, ein Produkt zu entwickeln, aber sie hatten auch eine Menge Glück mit dem Timing."

ICQ
ICQ war ein Vorreiter in Sachen Instant Messaging - nicht nur auf Mobiltelefonen, sondern auch auf Windows-Computern.

Dem neuen Eigentümer erging es mit der Investition nicht so gut. Nach einer überstürzten Umstrukturierung verkaufte AOL den Messaging-Dienst 2010 für 188 Millionen US-Dollar an russische Investoren, was weit unter dem ursprünglich geforderten Preis lag. Mail.ru (jetzt unter dem Namen VK bekannt) hielt ICQ am Leben und relaunchte den Dienst sogar 2020, um vom Pandemie-bedingten Boom bei Videoanrufen zu profitieren. Selbst Demonstranten in Hongkong fanden Gefallen an der aktualisierten App. Zwei der Mitbegründer, Yair Goldfinger und Erik Vardi, gründeten nach ihrem Exit noch weitere Technologieunternehmen, allerdings mit gemischtem Erfolg.

Sie hatten eine Menge Glück mit dem Timing, erinnert sich Yossi Vardi.

Erkennen Sie die Melodie - Shazam (2000)

Im Jahr 1999 konnte man am Mobiltelefon nur simple Spiele spielen, telefonieren und Textnachrichten schicken. Chris Barton, Student an UC Berkeley, wollte das gemeinsam mit einigen Freunden ändern. Wie wäre es, so ihre Idee, wenn man mit seinem Handy in einer Bar oder einem Club jeden beliebigen Song identifizieren könnte? Theoretisch war das machbar mit dem eingebauten Mikrofon und einer eingehenden Textnachricht, die den Namen des Liedes anzeigte. "Alle Experten für Audiosignal-Verarbeitung sagten uns, dass es unmöglich sei - vor allem, wenn man alle möglichen Lieder trotz massiver Hintergrundgeräusche identifizieren wollte. Aber wir wussten, dass wir die Technik hatten, um das Problem zu lösen", erinnert sich Barton.

Christ Barton
Shazam-Gründer Chris Barton: "Alle Experten sagten uns, dass es unmöglich sei".

Im Jahr 2000 war er Mitgründer von Shazam, das 2002 als kostenpflichtiger Service auf den Markt kam. Der Dienst dümpelte jahrelang vor sich hin, bis Apple im Frühjahr 2008 seinen App Store vorstellte. Shazam schaffte es auf die Liste der handverlesenen Apps, einschließlich eines eigenen Fernseh-Werbespots. Im Jahr 2017, nach mehr als einer Milliarde Downloads, kaufte Apple Shazam für $400 Millionen und hat die App zwischenzeitlich in sein mobiles Betriebssystem iOS integriert. Barton, der von seinem Wohnsitz bei San Francisco aus als Keynote-Speaker zum Thema Innovation auftritt, erfüllt es nach eigenen Worten bis heute “mit Freude”, wenn er in Bars oder in der Supermarkt-Schlange andere Menschen sieht, die seine App nutzen.

Unersättlicher App-etit: Grosse Geschäfte auf kleinen Screens

Bleiben Sie dran bei MAG/NET, um nächste Woche im zweiten Teil der Geschichte “Unersättlicher App-etit” mehr über Skype, Summly, Bumble und Last.fm zu erfahren.

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