The Strategist

Rest der Welt

Der breit gefasste MSCI ACWI wird von US-Unternehmen dominiert, insbesondere von Tech-Giganten. Die Risikoprämie europäischer Aktien gegenüber US-Aktien ist heute viel höher als vor der Finanzkrise 2007-2008. Innerhalb des globalen Aktienmarktes bleibt im Moment «der Rest der Welt» im Fokus. 

Datum
Autor
Thomas Wille
Lesezeit
10 Minuten

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Kurz nach dem legendären Schwarzen Montag an der Wall Street im Oktober 1987 schuf MSCI seinen wichtigsten globalen Aktienindex, den MSCI All Country World Index (MSCI ACWI), der Schwellenländer und Industrieländer in einem Index zusammenfasst. Ende der 1980er Jahre stand neben der Wall Street vor allem ein Markt im Mittelpunkt: der japanische Aktienmarkt. Der Nikkei 225 stand Ende 1989 bei fast 39 000 Punkten; heute, mehr als 30 Jahre später, liegt er bei 27 700 Punkten. Der Schwerpunkt des MSCI ACWI änderte sich in den 1990er Jahren mit dem rasanten Aufstieg amerikanischer Technologieunternehmen, insbesondere während der Dotcom-Blase, und dem Beginn des World Wide Web. Seit der Finanzkrise von 2007-2008 ist der Anteil der US-Unternehmen an der Marktkapitalisierung des MSCI ACWI kontinuierlich von 40% auf fast 60% gestiegen. Die Marktkapitalisierung wurde in den letzten Jahren stark von US-Big-Tech-Unternehmen – Apple, Amazon, Alphabet (Google), Microsoft und Meta (Facebook) – dominiert, die zeitweise über 25% der Marktkapitalisierung des S&P 500 ausmachten.

Aktienrisikoprämie im «Rest der Welt»

Bei einer derartigen Dominanz ist es wenig überraschend, dass der MSCI World in die Indizes MSCI USA und MSCI World ex-USA aufgegliedert ist, wobei der Index ohne die USA oft als «Rest der Welt» bezeichnet wird. Die Aktienrisikoprämie des S&P 500 ist nach der jüngsten Rally und dem Zinsanstieg auf unter 200 Basispunkte gefallen.

In der übrigen Welt sieht die Situation anders aus. So liegt die Aktienrisikoprämie des MSCI Euroland (die in den letzten 15 Jahren stets höher war als die des S&P 500) jetzt bei 550 Basispunkten und damit fast 300 Basispunkte höher als die Differenz zwischen ihr und der Aktienrisikoprämie des S&P 500 von vor der Finanzkrise 2007-2008. Heute liegt die Aktienrisikoprämie des S&P 500 etwa auf demselben Niveau wie vor der Finanzkrise. Die relative Attraktivität vom Rest der Welt gegenüber den USA bleibt auch nach der Rally der letzten Wochen bestehen. Analysen der europäischen Dividendenrenditen und EV/EBITDA-Multiplikatoren kommen zu ähnlichen Ergebnissen.

Rest der Welt im Fokus

Die makroökonomischen Herausforderungen bleiben auch 2023 bestehen, z.B. das globale Wirtschaftswachstum unter dem Potenzial und die restriktive Geldpolitik der grossen Zentralbanken (die US-Notenbank und die Europäische Zentralbank). Auf dem Aktienmarkt bevorzugen wir weiterhin Aktien aus dem Rest der Welt gegenüber dem US-Aktienmarkt. Auf Sektorebene gefällt uns der defensive Pharmasektor. Da Gold in den letzten Wochen 100 US-Dollar pro Unze verloren hat, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um im Falle einer weiteren Schwäche selektiv Positionen aufzustocken.

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