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Anlagestrategien

Gut und gesund - die europäischen "Granolas"

Elf Pharma-, Technologie- und Luxusgütertitel, die sogenannten Granolas, sind die Treiber für die Aktienhausse in Europa in diesem Jahr.

Datum
Autor
Maggie Elliott, Gastautorin
Lesezeit
4 Minuten

Eine Person in Arbeitskleidung in einer Werkstatt hält Hammer und Lineal an einem Stück Leder mit der Aufschrift "LV".
Die sogenannten Granola-Aktien - zu denen auch der Louis-Vuitton-Hersteller LVMH gehört - sind das europäische Pendant zu den amerikanischen "Magnificent Seven", den für ihre überdurchschnittliche Wertentwicklung bekannten Technologie- und Digitalaktien. © Keystone/EPA/Teresa Suarez

Anhängerinnen und Anhänger der globalen Aktienmärkte lieben nichts mehr als Spitznamen. Derzeit begeistern die Magnificent Seven (oder Mag7) Anlegerinnen und Anleger: Die Mag7 sind sieben in den USA notierte Technologieaktien, die für ihre überdurchschnittliche Wertentwicklung bekannt sind und den Markt aktuell nach oben treiben. Da die Wertentwicklung in dieser sehr eng umrissenen Gruppe inzwischen auseinanderzulaufen beginnt, wenden sich die Anlegerinnen und Anleger einer neuer Lieblingsgruppe zu: den Granolas.

Mit Müsli, auf Englisch "Granola", haben diese Titel allerdings nichts zu tun: Es handelt sich um elf Pharma-, Technologie- und Luxusgüteraktien, die im letzten Jahr einen durchschnittlichen Kurszuwachs von 15 Prozent erzielt haben und 60 Prozent zum Gesamtanstieg des europäischen STOXX 600-Index beigetragen haben. Inzwischen beträgt ihre Gewichtung im STOXX 600 25 Prozent, d. h. sie sind nahezu gleich dominant wie die Mag7, die ihrerseits 28 Prozent der Marktkapitalisierung des S&P 500 ausmachen. 

Globale Giganten

Hände halten eine Packung medizinischer Spritzen
Die "Granolas" sind mit Pharmawerten wie Novo Nordisk und Konsumgütern defensiv positioniert. © Cydni Elledge/NYT/Redux/laif

Der Spitzname Granolas lässt sich (mit etwas gutem Willen) aus den Anfangsbuchstaben der elf Unternehmen ableiten: GSK, Roche, ASML, Nestle, Novartis, Novo Nordisk, L’Oreal, LMVH, AstraZeneca, SAP und Sanofi. Die Gruppe ist grösstenteils auf Konsumentinnen und Konsumenten ausgerichtet und mit einer Prise Technologie "abgeschmeckt". Die Aktien der Granolas sind an Börsen in ganz Europa kotiert; bei allen Unternehmen handelt es sich aber um internationale Konzerne, die den globalen Wirtschaftskräften ausgesetzt sind.

Während alle Aktienanlagen ein höheres Risiko aufweisen als beispielsweise Anleihen, sind die "Granolas aber eine viel heterogenere Gruppe als die Mag7", erklärt Chris Burger, Senior Equity Analyst bei LGT Private Banking. "Daher ist die Rally in Europa auch breiter abgestützt als die Tech-Rally in den USA. Ihre Diversifikation bildet den Markt zwar nicht perfekt ab, aber in deutlich grösserem Umfang. "Bei den Mag7 wird das Konzentrationsrisiko häufig als Problem angeführt - bei den Granolas ist dies nach Meinung von Chris Burger weniger der Fall.

Durchaus defensiv

Menschen stehen vor Konsumgütern auf einem Förderband, während eine Person einen Bildschirm und einen Scanner bedient.
Oft im Einkaufskorb: Die Mehrheit der "Granolas" ist im Konsumgüter- oder Pharmasektor tätig - und einige zeichnen sich durch regelmässige Dividendenausschüttungen und eine im Vergleich zum Markt unterdurchschnittliche Volatilität aus. © Shutterstock/Pressmaster

Als Vertreter der Sektoren Pharma, Basiskonsumgüter, Nicht-Basiskonsumgüter und Technologie, d. h. von Sektoren, die über die Hälfte der Marktkapitalisierung des STOXX 600 ausmachen, ermöglichen die Granolas eine attraktive Positionierung in den aktuell eher komplexen Märkten. "Die Gruppe ist recht defensiv aufgestellt, da acht der elf Unternehmen in den Bereichen Konsumgüter und Pharma tätig sind", merkt Chris Burger weiter an. "Einige von ihnen lassen sich daher als Bond Proxies (anleihenähnliche Instrumente) einstufen, also als Aktien etablierter Unternehmen mit regelmässigen Dividendenausschüttungen und einer im Vergleich zum Markt unterdurchschnittlichen Volatilität." Allerdings ist jede Investition in Aktien mit einem gewissen Verlustrisiko verbunden.

Ist gross bei den Granolas gleichbedeutend mit gut?

Allerdings entwickeln sich nicht all diese Aktien gleichförmig: Einige von ihnen sind wahre Überflieger. Mit seinen Medikamenten zur Gewichtsreduktion und Behandlung von Diabetes ist Novo Nordisk der Star der Gruppe: In den letzten 12 Monaten ist sein Aktienkurs um 70 Prozent gestiegen. Auch die anderen Pharmaunternehmen profitierten von steigenden Unternehmensgewinnen und höheren Gewinnmargen.

Kurzum: Die Granolas können sowohl Stabilität als auch Chancen bieten. "Wenn Sie das Paket mit LMVH, d. h. Nicht-Basiskonsumgütern, und SAP sowie ASML, d. h. Technologie, ergänzen, gibt das Ihrem Portfolio zusätzlichen Pep", folgert Chris Burger. Im Vergleich zu den Mag7 haben die Granolas in der Vergangenheit insgesamt eine geringere Volatilität in der Wertentwicklung gezeigt und höhere Renditen erzielt.

Im Schatten der Mag7

Ein Bildschirm mit Börsenkursen, im Hintergrund Menschen in Anzügen und blauen Jacken, die sich in einem grossen Raum versammeln
Hohe Zinsen und geopolitische Risiken erhöhen die Attraktivität defensiver Aktien. © Keystone/EPA/Justin Lane

Sieht man sich jedoch die Marktkapitalisierung an, stellen die Mag7 die Granolas bei Weitem in den Schatten. Die sieben US-Unternehmen weisen zusammen eine Marktkapitalisierung von 13 Billionen USD auf, während die europäische Gruppe es lediglich auf 3 Billionen USD bringt.

Ist "gross" gleichbedeutend mit "gut"? Burger erklärt, dass "Grösse im Allgemeinen ein Vorteil ist, aber die Granolas haben sich im Laufe der Zeit aufgrund ihrer starken Managementteams sehr stark entwickelt". Es gibt jedoch keine Garantie dafür, dass diese Managementteams an Bord bleiben, so dass die Wertentwicklung in der Vergangenheit keine Garantie für eine zukünftige überdurchschnittliche Wertentwicklung darstellt.

Riskante Small Caps

Die jüngere Geschichte legt den Schluss nahe, dass Small(er) Caps bis zum dominanten Auftritt der Mag7 und der Granolas besser abschnitten als Large Caps. "Small Caps sind per Definition risikoreicher als Large Caps, daher kommt der Risikobewertung bei der Betrachtung der Wertentwicklung eine besondere Bedeutung zu", wie Chris Burger anmerkt.

In Zeiten mit hohen Leitzinsen und zunehmenden geopolitischen Risiken sind defensive Titel generell attraktiv für das Anlegerpublikum. Im aktuellen Hochzinsumfeld haben die kleineren Unternehmen zudem das Nachsehen. 

Finanzinstitute vergeben Mittel tendenziell eher an grössere, weniger zyklische Unternehmen, die langfristige Stabilität bieten. Ein geringeres Wirtschaftswachstum dürfte ebenfalls dazu beitragen, dass die Anlegerinnen und Anleger kleinere, qualitativ schlechtere Unternehmen meiden.

Passiv versus aktiv

Ein Mann in Anzug und Krawatte lächelt freundlich in die Kamera
Chris Burger, Senior Equity Analyst LGT

Ein weiterer Trend ist natürlich der scheinbar unaufhaltsame Aufstieg passiver Investments. Die zunehmende Marktkonzentration im STOXX 600 und S&P 500 zeigt, wie viel Geld in passive, indexorientierte Fonds fliesst, die in der Regel in alle Aktien eines bestimmten Index investieren. 

"Problematisch ist nun, dass der Index aufgrund der zunehmenden Marktkapitalisierung von Unternehmen wie den Granolas relativ teuer ist", argumentiert Chris Burger. Da die Titel unter diesen Umständen für passive Anleger weniger attraktiv werden, "ergeben sich für aktive Anlegerinnen und Anleger neue Chancen".

 

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