- Home
-
Private Banking
-
Market View & Insights
Der Treibhauseffekt wurde bereits im frühen 19. Jahrhundert erkannt - aber lange ignoriert. Wie die Dekarbonisierung über die letzten 300 Jahre zunehmend in den Fokus rückte: Ein Blick zurück und nach vorne.
Um 1800, die Weltbevölkerung war gerade auf eine Milliarde Menschen angewachsen, wurden 98.3 % des Energiebedarfs mit einem Mix aus Holz und getrocknetem Dung zum Heizen und Kochen, der Kraft von Tieren, die Lasten trugen und zogen, sowie durch Wind- und Wasserkraft zum Antreiben von Mühlen und Sägewerken gedeckt. Doch mit der zunehmenden wirtschaftlichen Entwicklung wuchs die Nachfrage nach einer noch viel leistungsfähigeren Energiequelle.
Kohle, zumeist aus freiliegenden Flözen gewonnen, wurde zwar seit Jahrhunderten genutzt, machte aber im Jahr 1800 nur 1.7 % des weltweiten Energiemixes aus. Durch die steigende Nachfrage nach Brennstoffen während der industriellen Revolution und das Aufkommen der Dampfmaschine wurde der Abbau von Kohle in immer grösseren Tiefen wirtschaftlich rentabel.
Bald schon wurden enorme Mengen des schwarzen Stoffes verbrannt, um Fabriken, Eisenbahn- und Stromnetze zu betreiben. Um 1900 machte Kohle fast 50 % des weltweiten Energiemixes aus.
Kurz davor, Mitte der 1850er Jahre, bohrte der ehemalige Zugführer Edwin Drake mit einer Dampfmaschine in der Nähe seines Hauses in Titusville, Pennsylvania, in den felsigen Grund. Nach jahrelangen Versuchen fand man eines Tages - man schrieb das Jahr 1859 - Rohöl im Bohrloch. Es war der Beginn des Ölzeitalters, das bald die Massenproduktion von Verbrennungsmotoren und Kunststoffen ermöglichen sollte.
Kohle, Erdöl und Erdgas befeuerten eine neue Weltwirtschaft und bestimmten unsere Lebensart. Doch einige Menschen hinterfragten schon bald die Auswirkungen der ungezügelten Förderung und Verbrennung dieser Rohstoffe. Bereits 1824 beschrieb der französische Physiker Joseph Fourier den natürlichen "Treibhauseffekt" der Erde. In den 1850er Jahren zeigten die amerikanische Wissenschaftlerin Eunice Foote und der irische Physiker John Tyndall unabhängig voneinander, wie Wasserdampf und andere Gase diesen Effekt hervorrufen. Und 1896 stellte der schwedische Chemiker Svante Arrhenius fest, dass die Verbrennung von Kohlenstoff, Öl und Gas den Treibhauseffekt verstärkt.
Im Jahr 1912 veröffentlichte das kleine australische Braidwood Dispatch and Mining Journal einen alarmierenden Artikel über die ungeheure Menge der weltweit verbrannten Kohle und die dadurch in die Atmosphäre gepumpten Milliarden von Tonnen CO2. "Dadurch legt sich die Luft wie eine wärmende Decke über die Erde und erhöht deren Temperatur", hiess es. "Dieser Effekt kann in einigen Jahrhunderten beträchtlich sein."
Doch die Arbeit von Forscherinnen und Forschern wie Arrhenius sowie die grundlegende Theorie, dass der Mensch das Klima tatsächlich beeinflussen könnte, wurden von Wissenschaft und Politik kaum beachtet. Jahrzehntelang förderten und verbrannten die aufstrebenden Volkswirtschaften ungehemmt diese Ressourcen.
1930 hatte die Erdbevölkerung die Marke von zwei Milliarden Menschen überschritten. Gegen Ende dieses Jahrzehnts erkannte der britische Ingenieur Guy Callendar durch die Auswertung der Aufzeichnungen von fast 150 Wetterstationen auf der ganzen Welt, dass die Temperaturen global mit dem Anstieg der CO2-Konzentration gestiegen waren. Er stellte den heute als "Callendar-Effekt" bekannten kausalen Zusammenhang her. Seine Theorie war umstritten und wurde durch den Zweiten Weltkrieg und den dadurch weiter steigenden Energiehunger aus der Diskussion verdrängt. Aber der "Callendar-Effekt" hatte etwas in Gang gesetzt.
Nach dem Krieg häuften sich beunruhigende Beweise. Der amerikanische Ozeanograph Roger Revelle und der österreichische Chemiker Hans Suess stellten 1957 fest, dass die Ozeane das in die Atmosphäre ausgeschiedene CO2 entgegen bisheriger Annahmen nicht aufnehmen können. "Der Mensch führt jetzt ein gross angelegtes geophysikalisches Experiment durch", schrieb Revelle.
Diese Erkenntnis hatte jedoch keine Folgen. Auf der ersten, 1972 in Stockholm (SWE) durchgeführten UN-Umweltkonferenz wurde der Klimawandel kaum thematisiert. Währenddessen explodierte die Weltbevölkerung weiter: 1960 stieg sie auf drei Milliarden, 1975 auf vier Milliarden und 1987 auf fünf Milliarden. Erst 1988, ein Jahr nach dem Verbot von Chemikalien, die die Ozonschicht schädigen, wurde das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) gegründet, das dem Klimawandel auf den Grund gehen sollte.
Endlich gab es einen Rahmen, in dem Massnahmen gegen den Klimawandel ergriffen werden konnten, und auch eine Reihe von Zusagen zur Verringerung der Emissionen wie das Kyoto-Protokoll von 1997. Da jedoch grosse Kapitalgeber und Wirtschaftsunternehmen - und insbesondere die Produzenten und Händler fossiler Brennstoffe - die Tatsache der Erderwärmung und die Notwendigkeit von Gegenmassnahmen bestritten, wurde die Klimadebatte immer mehr auch ein Thema für die Politik.
Das Bewusstsein für ökologische Zusammenhänge ist so alt wie die Menschheit. Der Umweltgedanke war bereits in frühen Religionen von zentraler Bedeutung. In Reaktion auf die Auswirkungen der Verbrennung fossiler Brennstoffe gewann er weitere Verbreitung. Weil die Verbrennung von Kohle, die aufgrund der Holzknappheit als Haushaltsbrennstoff verwendet wurde, die Lungen und das Wohlbefinden seiner Mutter und anderer Adliger belastete, verbot König Edward I. von England im Jahr 1306 ihre Verwendung. Es war wahrscheinlich das erste Gesetz zur Luftreinhaltung der Welt - aber es wurde weitgehend ignoriert, da es an Holz mangelte.
Die Sorge um die Luft- und Wasserqualität nahm im Zug der industriellen Revolution zu und führte zur Gründung der ersten Umwelt-NGOs. Schriftsteller und Aktivisten wie Ralph Waldo Emerson, Ernst Haeckel, John Muir sowie im 20. Jahrhundert Rachel Carson und James Lovelock wiesen auf die enormen Schäden für Ökosysteme und Arten hin. Auch das juristische Konzept der Tier- und Umweltrechte entstand in dieser Zeit schrittweise.
Nachhaltig denken, wirtschaften und investieren sind Kernelemente unserer DNA. Unsere Eigentümerin, die Fürstenfamilie von Liechtenstein, hat früh erkannt, wie wichtig Nachhaltigkeit für unsere Umwelt und Gesellschaft - und damit für unsere Zukunft - ist. Als familiengeführte Privatbank fühlen wir uns dem Pariser Klimaabkommen, den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und einem nachhaltigen Finanzsektor verpflichtet.
Die Ökologiebewegung wurde zu einem weltweiten Phänomen. Zu einem guten Teil ist das auf die Proteste gegen die Verbreitung von Atomwaffen nach dem Zweiten Weltkrieg zurückzuführen, aus denen Organisationen wie Greenpeace hervorgingen. Grüne politische Parteien wurden gegründet, und der Umweltschutz wurde auch zu einem Bestandteil der Gegenkulturbewegung.
Der Aktivismus nahm angesichts des zögerlichen und verspäteten globalen Handelns auf politischer Ebene zu und wandte sich gegen die den Diskurs beherrschende Klimaleugnung. Filmemacher wurden Teil der Bewegung, Prominente wurden zu Aushängeschildern und Aktivisten zu Berühmtheiten. Die jüngeren Generationen - die von jung auf zu Umweltschützern wurden - übten Druck auf Politiker und Unternehmensführer aus.
Die Bemühungen zur Dekarbonisierung haben zu unterschiedlichsten Verfahren geführt, die im Kern darauf abzielen, die CO2-Menge in der Atmosphäre zu begrenzen. Technologien sind zu einem wichtigen Bestandteil dieses Prozesses geworden, angefangen bei der zwar nicht immer reibungslosen, aber doch weit verbreiteten Umstellung auf Elektrofahrzeuge bis hin zum Aufstieg erneuerbarer Energiequellen als tragfähige Alternative zu fossilen Brennstoffen. Auch wenn die Entwicklung in weiten Teilen der Welt nur langsam vorankommen mag: Zu Beginn dieses Jahrhunderts hätte kaum jemand an das Ausmass geglaubt, in dem viele Länder heute auf erneuerbare Energien setzen. Im Vereinigten Königreich zum Beispiel, der Wiege der industriellen Revolution, stammten 2024 bereits 58 % des Stroms aus sauberen Quellen.
Alle Sektoren vollständig zu dekarbonisieren ist ökonomisch nicht gut möglich. Doch auch dafür gibt es neue technische Lösungen: So wird einerseits CO2 aus der Atmosphäre entfernt und gespeichert. Andererseits wird CO2 direkt an der Quelle (am "Schornstein") abgeschieden und gespeichert. Zu den Speichertechniken gehören das Einpumpen des Gases in den Boden, wo es in Gestein umgewandelt wird, sowie das Speichern in ausgeförderten Öl- und Gasreservoirs. Obwohl allgemein anerkannt ist, dass diese Verfahren notwendig sind, um eine Netto-null-Wirtschaft zu erreichen, sind sie mitunter umstritten. Dies liegt zum Teil an dem beträchtlichen Energieaufwand und bisher nicht gelösten Herausforderungen beim Skalieren der Verfahren. Zudem sind die direkte Luftabscheidung und -speicherung sowie andere Technologien zur Kohlenstoffentfernung mit dem problematischen Handel mit Emissionsgutschriften verbunden.
Als LGT wollen wir einen aktiven Beitrag zu den nachhaltigen Entwicklungszielen der UNO (SDGs) leisten. Im Fokus steht dabei unter anderem die Bekämpfung des Klimawandels. Dazu müssen die Nettoemissionen auf null sinken. Wir unterstützen dieses Ziel aktiv in all unseren Geschäftsbereichen - auf der Investmentseite, genauso wie in der Beratung unserer Kundinnen und Kunden sowie im Betrieb.
Mit dem enormen Anstieg der nachhaltigen Energieerzeugung ist auch der Bedarf an Energiespeichern gestiegen. Um die natürlichen Versorgungsschwankungen auszugleichen, wie sie etwa durch jahreszeitliche Schwankungen der Energieversorgung verursacht werden, sind auf allen Ebenen der Infrastruktur - von der häuslichen über die betriebliche bis hin zur nationalen Ebene - Batteriespeichersysteme entstanden, die Energie auffangen und für eine spätere Nutzung vorhalten.
Internationale Tagungen wie die Konferenzen der Vertragsparteien (COP) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), die seit ihrem Beginn 1995 in Berlin immer bedeutender wurden, haben eine politische Dynamik entwickelt, die dazu beiträgt, dass sich Regierungen und Industrie um die Einhaltung der strengeren Emissionsziele bemühen. Wenn die Emissionen nicht kurzfristig gesenkt werden können, ist oft der Kauf von Emissionsgutschriften die einzige Möglichkeit, den Vorgaben zu entsprechen.
Auf Druck von Industrie und Marktwirtschaftlern gegen die Regulierung hatten die USA bereits 1977 ein nationales Emissionshandelssystem eingeführt. Ähnliche Experimente fanden in den 1980er Jahren statt. Das Kyoto-Protokoll von 1997 formalisierte das Konzept auf zwischenstaatlicher Ebene, indem es Mechanismen für den Handel mit Kohlenstoff einführte, darunter den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (Clean Development Mechanism, CDM), dank dem Industrieländer Gutschriften aus Projekten in Entwicklungsländern kaufen können. Das Pariser Abkommen von 2015 festigte die Rolle des marktbasierten Ausgleichs zur Erreichung nationaler Klimaziele.
Doch die Kohlenstoffmärkte, zu denen sowohl - im Rahmen von UN-Vereinbarungen - globale Märkte zwischen Nationen als auch von Unternehmen, Regierungen oder Institutionen genutzte freiwillige Kohlenstoffmärkte gehören, haben sich als unbeständig erwiesen. Sie wurden teils missbraucht und sind immer wieder zusammengebrochen. Im Jahr 2022 rief ein UN-Bericht zu "null Toleranz für Netto-null-Greenwashing“ auf und warnte Unternehmen davor, auf billige Gutschriften mit geringer Integrität zurückzugreifen, statt eigene Massnahmen zur Reduzierung von Emissionen einzuleiten. Die verstärkte Kontrolle und die Bedenken hinsichtlich der Integrität haben die Investoren beunruhigt und zu einem steilen Rückgang des Gesamtwerts der Emissionsgutschriften beigetragen. Dieser sank nach Angaben von Ecosystem Marketplace von 1.9 Milliarden CHF im Jahr 2021 auf 656 Millionen CHF im Jahr 2023.
Andere Strategien zur Dekarbonisierung sind beispielsweise das allgemeinere Konzept des "grünen Wachstums" oder das Bestreben, Wirtschaftswachstum von der Ausbeutung natürlicher Ressourcen und den damit verbundenen Emissionen abzukoppeln, die das Aufblühen von Volkswirtschaften bislang ermöglicht haben. Es widerspricht teilweise die Kritik, dass Nachhaltigkeit von Natur aus schlecht für die Bilanz sei, und will grüne Massnahmen in den Mittelpunkt künftiger politischer Entscheidungen stellen - vom Arbeitsmarkt bis hin zur Entwicklung von Infrastruktur und Bauwesen.
Da die Nationen entscheiden müssen, mit welchen Massnahmen die globalen Klimaziele erreicht werden sollen und welche überhaupt politisch durchsetzbar sind, geht ein Grossteil des bisherigen Fortschritts auf staatliche regulatorische Massnahmen zurück. In der Regel sind diese eine Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche, von Anreizen wie Subventionen bis hin zu Steuern für wenig nachhaltige Verfahren und Materialien.
2025 könnte ein entscheidendes Jahr im deutlich anspruchsvoller werdenden Wettlauf um das Netto-null-Ziel werden, das bis 2050 erreicht werden soll. Es wurde - wie auch die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1.5 °C über dem vorindustriellen Niveau - 2015 im Pariser Klimaabkommen festgelegt.
Nachdem Donald Trump das Pariser Abkommen aufgekündigt hat und der zunehmende Populismus die Skepsis gegenüber den Klimazielen schürt, sind die Aussichten nicht gerade rosig. Der Weltklimarat aber warnt: Das 1.5-Grad-Ziel sei nur dann zu halten, wenn die CO2-Emissionen nach dem zu erwartenden Höhepunkt in diesem Jahr rasch zurückgehen.
Die UNO hat das Klimaversprechen 2025 ins Leben gerufen. Das Programm soll den Ländern helfen, ihre eigenen nationalen Klimazusagen (NDCs) zu verstärken, um sie mit dem globalen 1.5-Grad-Ziel in Einklang zu bringen. Alle Augen werden im November auf Brasilien gerichtet sein, wo zehn Jahre nach Paris die COP30 abgehalten wird - an einem klimapolitisch bedeutsamen Ort: in Belém, dem Tor zu Brasiliens Amazonasgebiet.
Während der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft weiter voranschreitet, werden fossile Brennstoffe voraussichtlich an Wert verlieren. Aber in vielen Regionen befürchtet man nach wie vor, dass die Kapazitäten und Infrastruktur nicht ausreichen werden, um den steigenden Bedarf an erneuerbaren Energien zu decken.
Nach zwei Jahren mit Turbulenzen im Emissionshandel gibt es indessen Zeichen der Hoffnung. Der Integrity Council for the Voluntary Carbon Market (Integritätsrat für den freiwilligen Kohlenstoffmarkt) versucht, die Standards zu erhöhen und das Vertrauen in das System wiederherzustellen. Die gemeinnützige Einrichtung, die unter anderem von Mark Carney, dem ehemaligen Gouverneur der Bank of England, gegründet wurde, erachtet den Emissionshandel als wichtigen Teil der Netto-null-Bilanz. Auf der Klimakonferenz COP29 im November 2024 in Baku wurde ein neuer, viel strengerer UN-Rahmen für den Kohlenstoffhandel auf zwischenstaatlicher Ebene verabschiedet, der in diesem Jahr ein Wiederaufleben der Kohlenstoffmärkte einläuten könnte.
Nachhaltig anlegen lohnt sich für Umwelt, Gesellschaft und Ihr Vermögen. Finden Sie heraus, wie Sie Ihr Portfolio so ausrichten können, dass es attraktive Renditen erwirtschaftet und Ihren Werten entspricht.