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Credit Suisse AT1-Ausfall - Ein Jahr danach

Ein Jahr ist vergangen seit dem Ausfall der Credit Suisse AT1-Anleihen. In unserem Artikel werfen wir einen Blick auf die Lehren, die aus diesem Bankenkrisenfall gezogen wurden und untersuchen die Bedeutung von nachrangigen Bankenanleihen für Anlegerinnen und Anleger.

Datum
Autor
Simon Weiss, Head Fixed Income Strategy LGT Private Banking Europe
Lesezeit
10 Minuten

Credit Suisse
© Shutterstock

Es war ein denkwürdiger Sonntagabend am 19. März 2023, als der Bundesrat in Begleitung von Vertretern der Schweizerischen Nationalbank und der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), sowie der jeweiligen Verwaltungsratspräsidenten der UBS und der Credit Suisse (CS) vor die Medien trat und die Fusion der beiden Unternehmen verkündete. Faktisch kam dies einer Übernahme der CS durch die UBS gleich. 

Von besonderer Relevanz für die Anleihenmärkte, die aufgrund der US-Regionalbankenkrise ohnehin schon nervös waren, war eine von der FINMA angeordnete Massnahme, welche die vollständige Abschreibung des zusätzlichen Kernkapitals (AT1) der Credit Suisse in Höhe von CHF 16 Milliarden zur Folge hatte. Unmittelbar danach war unklar, wie weitreichend die Folgen sein würden. Erschwerend kam hinzu, dass das Vorgehen der FINMA nicht nur die traditionell respektierte Kapitalhierarchie missachtete, indem Aktionärinnen und Aktionäre im Unterschied zu AT1-Halterinnen und -Haltern einen geringen Restwert erhielten, sondern auch, dass die nachrangigen Anleihen der Credit Suisse nur eine permanente Abschreibung ohne die Möglichkeit einer Umwandlung in Aktienkapital oder einer späteren Aufwertung vorsahen und sich damit von den europäischen Anleihen unterschieden.

Etwas mehr als ein Jahr nach dem vollständigen Ausfall der AT1-Anleihen der Credit Suisse stellen wir fest, dass sich der europäische Markt für nachrangige Bankenanleihen in guter Verfassung befindet. Die Kreditrisikoprämien für nachrangige Bankenanleihen sind auf ein Niveau zurückgekehrt, das wir anfangs 2023, also vor dem Ausfall der CS-Anleihen, gesehen haben. Im europäischen Kontext hat sicherlich geholfen, dass die dortigen Aufsichtsbehörden schnell klargestellt haben, dass sie in einem ähnlichen Fall die Kapitalhierarchie respektieren würden und die Ausfallklausel nur im Falle einer vollständigen Abwicklung auslösen würden. Dies steht zwar in einem gewissen Widerspruch zum ursprünglichen Zweck des "going concern"-Kapitals, Verluste aufzufangen, um den Fortbestand eines Finanzinstituts zu ermöglichen, stärkt aber umgekehrt die Position der Anleihegläubiger, die den Totalverlust ihres Kapitals nur als "ultima ratio" befürchten müssen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die europäischen Banken, abgesehen vom Fall der Credit Suisse, die Marktverwerfungen ohne nennenswerte Verluste überstanden haben.

Was haben wir aus der Episode Credit Suisse gelernt?

Aus einer Krise, wie wir sie im vergangenen Jahr erlebt haben, lassen sich verschiedene Schlussfolgerungen ziehen, die für alle Beteiligten von unterschiedlicher Relevanz sind:

  • Speziell an das Management von Banken richtet sich die Erkenntnis, dass Reputation und Kundenvertrauen für den langfristigen Erfolg entscheidend sind, aber auch, dass in einer Vertrauenskrise die Ursache eines Problems irrelevant wird.
     
  • An die Adresse der Regierungsbehörde gerichtet lässt sich sagen, dass die Liquidität im Falle eines Bankenruns auch bei objektiv soliden Kapitalisierungs- und Liquiditätskennziffern schnell zum Problem werden kann. Aber auch die Erkenntnis, dass die regulatorischen Leitplanken in der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich einen deutlich besseren Eindruck hinterliessen als dies in der Schweiz der Fall war.
     
  • Nicht zuletzt ziehen wir für die Anlegerinnen und Anleger den Schluss, dass es leider keine hundertprozentige Sicherheit gibt, wie das Beispiel der Umgehung traditionell respektierter Kapitalhierarchien zeigt. Ausserdem gilt für Investitionen in Einzelanleihen, dass das Lesen und Verstehen der Anleiheunterlagen von entscheidender Bedeutung sein kann.

Nachrangige Bankenanleihen werden ihre Relevanz als Teil der Kapitalstruktur beibehalten 

Ein Jahr nach dem Zusammenbruch der Credit Suisse präsentiert sich der Markt für nachrangige Bankanleihen in einer soliden Verfassung. Auch wenn kurz nach dem CS-Ausfall die Verunsicherung gross war, sind wir heute davon überzeugt, dass diese Anleihekategorie in der Kapitalstruktur der europäischen Banken ihren Platz behalten wird.

Aus Sicht der Investorinnen und Investoren drängt sich ein neuer Aspekt auf, der künftig in die Risikobetrachtung einfliessen sollte. Grundsätzlich lassen sich die Risiken nachrangiger AT1-Anleihen in drei Bereiche unterteilen: 1) möglicher Kapitalausfall, 2) Aussetzung der Kuponzahlung und 3) Verlängerungsrisiko. Während es seit Einführung der "neuen" AT1-Strukturen im Jahr 2013 nur zu zwei Ausfällen bei europäischen Emittenten gekommen ist (Banco Popular 2017 und Credit Suisse 2023), wurde das Risiko einer bedingten Laufzeitverlängerung in den letzten Jahren in einem steigenden Zinsumfeld verstärkt diskutiert. Die Vergangenheit hat jedoch immer wieder gezeigt, dass europäische Banken im Gegensatz zu amerikanischen Instituten, die in der Regel den wirtschaftlichen Aspekt stärker gewichten, ihre Verbindlichkeiten zum frühestmöglichen Zeitpunkt zurückzahlen. Mit Ausnahme von Marktphasen, in denen eine Refinanzierung aufgrund hoher Risikoaversion schlicht nicht möglich ist, sind Investorinnen und Investoren nur geringen Verlängerungsrisiken ausgesetzt.

Wir kommen daher zu dem Schluss, dass die Entscheidung, in AT1-Anleihen zu investieren, nicht allein darauf basieren sollte, ob die im Vergleich zu "normalen" Anleihen zusätzlich eingegangenen Risiken angemessen entschädigt werden. Vielmehr sollte der Fokus darauf liegen, ob die inhärente Volatilität, die ein integraler Bestandteil jeder AT1-Anleihe ist, angemessen kompensiert wird.

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