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Anlagestrategien

Energieeffizienz Weniger ist mehr

Wenn wir die weltweiten Dekarbonisierungs- und Klimaziele erreichen wollen, müssen wir die Nutzung von erneuerbaren Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz zwingend vorantreiben. Unternehmen, die Lösungen für energieintensive Sektoren wie die Industrie, das Transportwesen und den Immobiliensektor anbieten, dürften hiervon profitieren - wie auch ihre Investorinnen und Investoren.

Datum
Autor
Tobias Aellig, Senior Equity Analyst, LGT Private Banking
Lesezeit
5 Minuten

Innenhofansicht eines Gebäudes mit Blick auf einen Baum und den Himmel
Energieeffiziente Lösungen tragen nicht nur zur Erreichung der CO2-Reduktionsziele bei, sondern fördern Innovation in den Unternehmen, die entsprechende Produkte und Prozesse entwickeln und anbieten. © Shutterstock/Fahroni

Die Energiekrise in Folge der russischen Invasion in der Ukraine hat uns allen - mit höheren Energiepreisen und Lieferproblemen - vor Augen geführt, wie wichtig Energieeffizienz ist. Ein zuverlässiger Zugang zu bezahlbarer Energie ist das Rückgrat einer prosperierenden Weltwirtschaft und jeder stabilen Gesellschaft.

Zugleich steht die Menschheit vor einer der wohl grössten Herausforderungen in ihrer Geschichte: dem Klimawandel. Die effizientere Nutzung von Energie gehört nicht nur zu den wirksamsten Methoden, um die CO2-Emissionen zu senken - sie senkt auch die Energiekosten, erhöht die Versorgungssicherheit, unterstützt eine stärkere Konjunktur und kann sich sogar positiv auf die Gesundheit der Menschen auswirken.

Schnellere Verbesserungen sind gefragt

Das UN-Nachhaltigkeitsziel 7 (SDG 7) soll den Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern. Das zugehörige Unterziel 7.3 sieht vor, die weltweite Verbesserung der Energieeffizienz bis 2030 zu verdoppeln; im Vergleich zum Durchschnitt aus den Jahren 1990 bis 2010 der als Ausgangwert gilt. Als Messgrösse für die Verbesserung wird die Energieintensität herangezogen, d. h. die Energiemenge, die erforderlich ist, um ein bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung zu produzieren. Global betrachtet entspricht dies dem Verhältnis zwischen Primärenergie und Bruttoinlandsprodukt.

Dieses Unterziel war von jeher ein ambitiöses Ziel; daran hat sich auch nichts geändert. Und bis jetzt ist es der Welt noch nicht gelungen, es umzusetzen.

Obwohl sich die globale Energieintensität in den letzten Jahren verbessert hat, wurde das Ziel in den Jahren 2010 bis 2020 jährlich um 2.6 Prozent verfehlt. Das bedeutet, dass wir im aktuellen Jahrzehnt eine jährliche Reduktion der globalen Energieintensität um mehr als 3.4 Prozent erzielen müssen, wenn wir SDG 7.3 erreichen wollen.

Eine nächtlich beleuchtete Industrieanlage vor der Skyline.
Industrie, Transportwesen und Immobilien: Schätzungen zufolge sind bis 2030 jährlich 900 Milliarden USD erforderlich, um die Energieeffizienz in den drei Sektoren mit dem grössten Verbesserungsbedarf zu steigern. © Shutterstock/Darunrat Wongsuvan

Eine andere Möglichkeit, das Ziel von SDG 7.3 zu betrachten, besteht darin, aufzuzeigen, wie viel mehr Wirtschaftsleistung jede verbrauchte Energieeinheit erzeugen würde, wenn sich die Energieintensität verbessern würde. Wenn SDG 7.3 im Jahr 2030 erreicht werden könnte, würde der wirtschaftliche Output jeder Energieeinheit um beachtliche 40 Prozent steigen.

Politische und wirtschaftliche Lösungsansätze

Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) hat die jüngste Energiekrise eine Reihe von Ländern und Regionen, auf die 70 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs entfällt, zur Einführung oder Verschärfung ihrer Energieeffizienzpolitik bewogen. Im Oktober 2023 ist die revidierte Energieeffizienz-Richtlinie der EU in Kraft getreten. Sie besagt, dass die Mitgliedstaaten ihren Energieverbrauch bis 2030 um insgesamt zwölf Prozent im Vergleich zum Jahr 2020 senken müssen. In den USA wurden im Rahmen des Inflation Reduction Act aus dem Jahr 2022 rund 90 Milliarden USD zur Steigerung der Energieeffizienz zur Verfügung gestellt. 

Der langsame Wandel bietet viel Raum für Verbesserungen.

Berichten der IEA zufolge werden weltweit rund 600 Milliarden USD pro Jahr für Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in den drei energieintensivsten Sektoren investiert. Bis 2030 dürften diese Investitionen auf 900 Milliarden USD pro Jahr ansteigen. Um jedoch das Netto-Null-Ziel der IEA bis 2050 zu erreichen, müssten die aktuell getätigten weltweiten Investitionen bis 2030 verdreifacht werden, das heisst, auf 1.8 Billionen USD pro Jahr anwachsen. 

Bereiche mit Verbesserungsbedarf: Industrie, Transportwesen und Gebäude

Von unten sieht man einen modernen Kran auf einer Baustelle gegen den Himmel.
In den drei energieintensivsten Sektoren - Industrie, Verkehr und Gebäude - vollzieht sich der Wandel in Richtung Energieeffizienz bisher nur langsam, sagt Tobias Aellig von LGT Private Banking. © Shutterstock/FooTToo

Sektoren mit intensivem Energiebedarf - wie Industrie, Transportwesen und Immobilien - machen über 90 Prozent des weltweiten Energie-Endverbrauchs aus. Verbesserungen in diesen Sektoren sind entscheidend für das Erreichen der Energieeffizienzziele.

Der Industriesektor umfasst sowohl das Bauwesen als auch das verarbeitende Gewerbe; hier dominieren nach wie vor fossile Brennstoffe den Energiemix. Energieintensive Branchen wie die Eisen- oder Stahlindustrie, die Chemie und die Zementherstellung sind Teil dieses Sektors, ebenso wie die weniger energieintensive Nahrungsmittel- und Textilbranche. Der Wandel in Richtung Energieeffizienz vollzieht sich bisher nur langsam. Dies bedeutet aber auch, dass es noch viel Raum für Verbesserungen gibt und dass sich vielversprechende Chancen für die Entwicklung innovativer Lösungen bieten.

Elektrifizierung muss beschleunigt werden

In allen drei Sektoren ist die Elektrifizierung einer der zentralen Faktoren. Die Nutzung von Elektrizität senkt den Energiebedarf, da sich Elektrizität im Allgemeinen effizienter einsetzen lässt als fossile Brennstoffe. Wenn die verwendete Elektrizität zudem aus erneuerbaren Quellen stammt, trägt sie sogar zur Reduktion der CO2-Emissionen bei. 

Frau schaut beim Tanken auf ihr Handy Auto im Hintergrund Naturgebiet
Effizientere Elektromotoren tragen zur Senkung des Energieverbrauchs bei. © Shutterstock/24K-Production

Elektromotoren und motorbetriebene Systeme machen etwa 70 Prozent des industriellen Stromverbrauchs aus; effizientere Motoren tragen somit zur Senkung des Energieverbrauchs bei. In den letzten Jahren haben immer mehr Länder Mindesteffizienzstandards für Elektromotoren eingeführt; diese Standards sind allerdings nur für 60 Prozent der Industriemotoren verbindlich.

Die Umrüstung älterer Motoren auf neue, energieeffizientere Technologien kann in Hinblick auf die Emissionen einen grossen Unterschied machen. Hinzukommt, dass weltweit nur ein Viertel der Motoren mit einer Drehzahlregelung ausgestattet ist, die es ermöglicht, die Motordrehzahl an den Leistungsbedarf anzupassen und so Energieverschwendung zu vermeiden.

Abwärme nutzen statt verschwenden

Der Umgang mit Abwärme gehört ebenfalls zu den Kernaspekten der Energieeffizienz in Branchen wie der Stahl-, Zement- und Aluminiumindustrie. Aufgrund der extrem hohen Temperaturen, die für diese Produktionsprozesse erforderlich sind, entsteht Abwärme, die in anderen Produktionsschritten wiederverwendet oder für die Raumheizung, die Warmwasserbereitung oder sogar für die Fernwärmeversorgung genutzt werden könnte. Zu den Ansätzen zur Steigerung der Energieeffizienz in diesen Branchen gehören der Einsatz alternativer Brennstoffe, die Verbesserung der Anlagen, Prozessoptimierungen und das Recycling.

Höhere Energieeffizienz im Transportwesen

Laut der IEA entfallen 26 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs auf den Strassen-, Schiffs- und Flugverkehr. Trotz enormer technologischer Fortschritte bei der Elektrifizierung und Verbesserung von Personen- und Nutzfahrzeugen, entfallen noch immer mehr als 90 Prozent des Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor auf Kraftstoffe auf Erdölbasis.

Ein Containerschiff im Hafen wird bei Sonnenuntergang beladen.
Die Energieeffizienz in der Schifffahrt und in der Luftfahrt ist ein komplexeres Problem, da beide Sektoren schwer zu elektrifizieren und zu dekarbonisieren sind. © istock/querbeet

Unterstützt durch politische Regelungen und Entscheidungen ist der Trend zu Elektrofahrzeugen bereits deutlich erkennbar. Elektroautos sind wesentlich energieeffizienter als Autos mit Verbrennungsmotor. Bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor werden nur zwischen 20 und 30 Prozent der zugeführten Energie in nutzbare Antriebsleistung umgewandelt, bei Elektroautos sind es 85 bis 90 Prozent. Der Wirkungsgrad wird sich voraussichtlich weiter verbessern, wenn die Technologien zur Steuerung, Regelung und Umwandlung von elektrischem Strom weiter verbessert werden.

Dekarbonisierungsbedarf bei Schiffen und Flugzeugen

Die Energieeffizienz in der Schiff- und Luftfahrt stellt ein komplexeres Problem dar, da beide Sektoren schwer zu elektrifizieren und zu dekarbonisieren sind. Batterien sind wahrscheinlich keine Lösung - die Grösse und das Gewicht von Batterien, mit denen sich ein grosses Frachtschiff betreiben liesse, dürften keinen Raum mehr für die Fracht lassen. Alternative Treibstoffe können jedoch zu einer Reduktion der Emissionen beitragen. Weitere Lösungen sind beispielsweise Turbolader, effizientere Antriebssysteme und die Optimierung der Schifffahrtswege dank vermehrter Digitalisierung und Automatisierung.

Gebäude intelligenter heizen und kühlen

Während der Grossteil der in Gebäuden verbrauchten Energie derzeit für die Raum- und Wassererwärmung sowie für den Betrieb elektronischer Geräte aufgewendet wird, gewinnt die Kühlung aufgrund des Klimawandels zunehmend an Bedeutung. Die Energieeffizienz und die Dekarbonisierung von Gebäuden lassen sich auf zwei Arten fördern, die sich ergänzen: Heiungs-, Lüftungs- und Kühlsysteme (HVAC-Systeme) lassen sich elektrifizieren und optimieren; ferner kann die Gebäudehülle renoviert und besser gedämmt werden. 

Da eine Sanierung jedoch kostspielig sein kann, konzentrieren sich die Bemühungen derzeit hauptsächlich auf die HVAC-Systeme. Wichtig ist dabei vor allem, die richtige HVAC-Grösse für das jeweilige Gebäude zu finden. Ein überdimensioniertes System beansprucht überproportional viel Energie. Ebenfalls führen Flächentemperiersysteme, wie z.B. Fussbodenheizungen, in der Regel zu einem geringeren Energieverbrauch.

Energieeffiziente Lösungen tragen zu den SDGs bei und fördern Innovationen

Ein Mann in Anzug und Krawatte lächelt in die Kamera.
Tobias Aellig, LGT Private Banking

Auch die Digitalisierung spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle: Die gewünschte Raumtemperatur kann digital gesteuert und individuell an die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer angepasst werden. Selbst ein ultramodernes HVAC-System ist nicht effizient, wenn es rund um die Uhr eine maximale Heiz- oder Kühlleistung erbringen muss. Stattdessen sind die Gebäudeautomations- und -Kontrollsysteme so zu optimieren, dass sie nur dann arbeiten, wenn die Räume genutzt werden.

Eine weitere Möglichkeit, Energie effizient zu nutzen, bieten Wärmepumpen. Sie entziehen der Umgebung Wärmeenergie und nutzen diese zum Heizen und oft auch zum Kühlen von Räumen. Eine Wärmepumpe benötigt zwar ebenfalls Energie für den Betrieb, und ihre Effizienz hängt von der Art der Pumpe, ihrer Konstruktion und dem Temperaturunterschied zwischen dem Rauminneren und der Umgebung ab. Wird die Pumpe jedoch mit Strom statt mit fossilen Brennstoffen betrieben, ist die erzeugte Wärmeenergie um ein Vielfaches höher als der Stromverbrauch.

Grosse Nachfrage nach innovativen Produkten und Prozessen

Die Reduktion der CO2-Emissionen ist nach wie vor eines der obersten Ziele der UN-Nachhaltigkeitsziele. Energieeffiziente Lösungen zur Bewältigung der Herausforderungen in den Bereichen Industrie, Transportwesen und Gebäude tragen zur Erreichung der Zielvorgaben bei und kommen zudem Unternehmen zugute, welche die hierfür erforderlichen innovativen Produkte und Prozesse entwickeln und bereitstellen.

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