- Home
-
Private Banking
-
Market View & Insights
Nach der Veröffentlichung von DeepSeek könnten Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen die Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) vorantreiben.
Mehr als zwei Jahre nach der Veröffentlichung von ChatGPT entwickelt sich die Technologie der künstlichen Intelligenz (KI) dank des grossen Interesses von Investorinnen und Investoren sowie umfangreicher Finanzmittel für Entwicklung und Infrastruktur rasant weiter.
Bei KI handelt es sich um eine universell einsetzbare Technologie, die unsere Wirtschaft und Gesellschaft langfristig grundlegend verändern dürfte. Der Weg dorthin wird vermutlich holprig sein, da Innovationen die Wettbewerbslandschaft stetig verändern und im Zeitverlauf immer wieder andere Akteure von diesen Innovationen profitieren.
Vor Kurzem haben wir ein Framework zur Identifikation von Gewinnern und Verlierern eingeführt, mit dessen Hilfe Anlegerinnen und Anleger ihre Portfolios anpassen können, um von der Verbreitung neuer Technologien zu profitieren. Das PEARL-Rahmenmodell der LGT umfasst fünf Unternehmenskategorien, die von einzelnen Entwicklungsphasen neuer Technologien profitieren dürften:
Mit der Einführung von PEARL haben wir Unternehmen identifiziert, die den ersten drei Kategorien zugeordnet werden können. Zu den Pionieren (Pioneers) zählen unter anderem die Entwickler von KI-Modellen; bei den Wegbereitern (Enablers) finden sich unter anderem Halbleiterunternehmen sowie Anbieter und Betreiber von Rechenzentren, während es sich bei den Beschleunigern (Accelerators) um Softwareanbieter und IT-Consultingunternehmen handelt. Da sich die KI-Branche noch in einem frühen Stadium befindet, sind die Reformatoren (Reformers) und Nachzüglern (Laggards) noch nicht klar auszumachen.
Investitionen in das Thema KI sind mit Risiken verbunden. Die grösste Sorge ist derzeit, dass innovative Techniken den Bedarf an Rechenleistung und der damit verbundenen Rechenzentrumsinfrastruktur verringern könnten. Gleichzeitig dürften aber Effizienzsteigerungen die Kosten der Technologie senken und sie einem breiteren Nutzerkreis zugänglich machen, was ihre Verbreitung beschleunigen und zusätzliche Innovationen fördern dürfte.
Im Einklang mit dem Jevons-Paradoxon ist davon auszugehen, dass der Bedarf an Rechenleistung hoch bleiben wird, sich aber zunehmend von der Modellentwicklung zur Anwendung verlagern wird. Wir gehen davon aus, dass sich diese Entwicklung weiterhin positiv auf Halbleiterunternehmen auswirken wird. Gleichzeitig rechnen wir damit, dass das Interesse der Investierenden sich verstärkt auf Unternehmen der Kategorie Accelerators wie beispielsweise Softwareanbieter richten wird.
Im Januar 2025 sorgte das chinesische Start-up DeepSeek für Schlagzeilen, als es ein Reasoning-Modell veröffentlichte, das über ähnliche Fähigkeiten wie das o1-Modell von OpenAI verfügt, Berichten zufolge jedoch nur einen Bruchteil der Entwicklungskosten verursacht hat. Obwohl die genannten Kosten von lediglich 5.6 Millionen USD vermutlich nicht die gesamten Entwicklungskosten umfassen, ist das Modell beeindruckend und wurde von führenden US-Technologieunternehmen gelobt.
DeepSeek erhöht den Druck - Märkte fordern Rentabilitätsnachweise.
Der Durchbruch von DeepSeek hat dabei einige Fragen aufgeworfen. Unter anderem, ob die hohen Investitionen in die Infrastruktur notwendig und ob die US-Exportkontrollen wirksam sind, um China am technologischen Fortschritt im Bereich der KI zu hindern. Zudem wird es mit der Verbreitung von Open-Source-Modellen vermutlich schwieriger, KI-Modelle in Zukunft zu monetarisieren.
Vor der Einführung von DeepSeek war man sich weitgehend einig, dass das Training von grossen KI-Modellen rechenintensiv ist und eine hochmoderne IT-Infrastruktur erfordert, wie sie typischerweise in Rechenzentren zu finden ist. Infolgedessen nahmen die Hyperscaler (grosse Clouddienstanbieter) massive Infrastruktur-Investitionen vor. Diese Infrastruktur ist nicht ausschliesslich für KI bestimmt, aber die Entwicklung von KI-Modellen war bisher ein wichtiger Treiber für die hohen Investitionen.
Die Sorge, dass innovative Techniken wie die von DeepSeek den Bedarf an Rechenleistung und somit auch an Rechenzentren verringern können, treibt die Märkte derzeit um - letztendlich könnte aber auch das Gegenteil eintreten. Mit zunehmender Effizienz der Technologie könnte sich die Nachfrage vom "Pre-Training" der KI-Modelle zum "Post-Training" und der Ausgabe besserer Ergebnisse (Inferenz) verlagern, was ebenfalls sehr rechenintensiv ist. Ein Beispiel hierfür sind Techniken zur Verbesserung der Nachvollziehbarkeit von Ergebnissen.
Innovative KI-Techniken wie die von DeepSeek könnten die Kosten senken, was zusammen mit der zunehmenden Verbreitung von Open-Source-Modellen die Demokratisierung der KI-Technologie vorantreiben könnte. Unternehmen aus der Accelerator-Kategorie können derartige erschwingliche KI-Modelle nutzen, indem sie sie in ihr Kernangebot integrieren und Anwendungen entwickeln, die grössere Nutzerkreise ansprechen.
Zahlreiche Unternehmen verfügen nicht über das interne Expertenwissen oder die finanziellen Ressourcen, um KI-Applikationen in Eigenregie zu entwickeln. Sie nutzen jedoch bereits heute externe Software-Lösungen in Bereichen wie dem Customer Relationship Management (CRM) oder der Planung der Unternehmensressourcen (Enterprise Resource Planning, ERP).
Dies bedeutet, dass Softwareanbieter KI in ihre Lösungen integrieren, etwa in Form von KI-Assistenten zur Unterstützung der Mitarbeitenden und KI-Agenten, die Aufgaben selbstständig erledigen. In den Unternehmen können derartige Software-Lösungen zur Produktivitätssteigerung und zur intensiveren Nutzung wertvoller Daten eingesetzt werden.
Während Softwareanbieter bereits KI-Lösungen auf den Markt gebracht haben, die bei ihren Kundinnen und Kunden grundsätzlich gut angekommen sind, taten sie sich bisher schwer, optimale Preismodelle zu finden. Wenn die zugrundeliegende Technologie nun billiger wird, bietet dies mehr Spielraum auf der Anwendungsebene.
Dies wiederum würde es den Softwareanbietern ermöglichen, attraktivere und flexiblere Preise anzubieten und damit ein breiteres Kundenspektrum anzusprechen. Die Kundinnen und Kunden könnten dadurch schneller von den KI-Vorteilen und einem überzeugenderen Return on Investment profitieren, da die niedrigeren Kosten und attraktiveren Preismodelle die Integration von KI in ihren Betrieb erleichtern.
Zurück zu unseren PEARL-Kategorien: Wir stufen Enablers wie Halbleiterunternehmen nach wie vor als attraktiv ein, da sie die erforderliche Rechenleistung ermöglichen. Wir gehen allerdings davon aus, dass sich das Interesse der Anlegerinnen und Anleger zunehmend zu den Accelerators wie z.B. Softwareanbietern verlagern wird, wenn Effizienzgewinne die Verbreitung von KI erleichtern.
Die Expertinnen und Experten der LGT analysieren laufend die globale Markt- und Wirtschaftsentwicklung. Mit unseren Publikationen zu den internationalen Finanzmärkten, Branchen und Unternehmen treffen Sie fundierte Anlageentscheide.