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Nachhaltigkeit

Am Ende der Welt Menschenleben retten

Wie LGT Venture Philanthropy und die NGO Last Mile Health den Zugang zur Gesundheitsversorgung in abgelegenen Regionen und Dörfern verbessern.

Datum
Autor
Cecilia Waldburg-Zeil, VP
Lesezeit
5 Minuten

Drei Männer mit Rucksäcken und Arbeitskleidung gehen durch ein Dorf mit strohgedeckten Hütten, umgeben von Bäumen und Wolken.
Durch die Ausbildung von mehr als 1000 Gesundheitshelferinnen und -Helfern spielte Last Mile Health eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Ebola-Krise, die 2014 in Liberia ausbrach. © Last Mile Health

Lisha McCormick, CEO der NGO Last Mile Health, und Tom Kagerer, Partner und Global Health Lead bei LGT Venture Philanthropy (LGT VP) sprechen darüber, wie kommunale Gesundheitssysteme nachhaltig verbessert werden können - und wie die beiden Organisationen dazu beitragen, die lebensrettende Versorgung von Millionen von Menschen in abgelegenen Gemeinden in Afrika sicherzustellen.

Tom Kagerer: Lisha, Sie widmen Ihr Leben der Entwicklung und Umsetzung von Gesundheitssystemen, die ausgegrenzte und schwer zugängliche Gemeinschaften unterstützen. Wie sind Sie überhaupt zum Gesundheitsbereich gekommen?

Eine Frau mittleren Alters mit langen braunen Haaren und einem rosaroten shirt steht lächelnd im Freien.
Die Erfahrung, dass sich überhaupt jemand um ihre Erkrankung kümmert, macht für die Menschen den entscheidenden Unterschied, sagt Lisha McCormick, CEO von Last Mile Health. © Last Mile Health

Lisha McCormick: Eine meiner frühesten Erinnerungen aus der Schulzeit ist, dass ich mit einer Gruppe von Mädchen spielte und aus irgendeinem Grund beschloss, ein anderes Mädchen von unserem Spielkreis auszuschliessen. Ich kann mich noch immer an ihren Gesichtsausdruck erinnern. Damals war mir die Bedeutung dieses Moments nicht bewusst, aber ein Grossteil meiner heutigen Motivation rührt von der Überzeugung her, dass Menschen nicht ausgeschlossen werden sollten, insbesondere wenn es um so wichtige Dinge wie Gesundheit und Wohlbefinden geht.

Später, bei der Arbeit als Gesundheitshelferin in den ärmsten Vierteln von New York City, wurde mir klar, dass der grösste Unterschied für die Menschen in der Erfahrung lag, dass sie bei der Betreuung Vorrang erhielten. Sie waren es nicht gewohnt, einbezogen zu werden. Das weckte in mir den Wunsch, Gesundheitssysteme zu entwickeln, die den Bedürfnissen gefährdeter und unterversorgter Gemeinschaften Vorrang einräumen.

Welche Mission verfolgt Last Mile Health, und warum ist sie so wichtig?

Unsere Mission ist, in den entlegensten Gemeinden der Welt Leben zu retten. Wir sind der Überzeugung, dass der Ort, an dem Menschen leben, nicht darüber entscheiden sollte, ob sie überleben können oder nicht. Deshalb arbeiten wir mit Regierungen und einer Vielzahl von Partnern zusammen, um Gesundheitshelferinnen und Gesundheitshelfer auszubilden, auszurüsten und zu bezahlen, damit sie ihren Nachbarn lebensrettende Hilfe leisten können.

Zwei Männer gehen in einem dichten grünen Wald durch einen schmalen schlammigen Pfad.
Last Mile Health ist der Überzeugung, dass wo Menschen Leben nicht darüber entscheiden darf, ob sie leben. © Last Mile Health

Die Hälfte der Weltbevölkerung, darunter zwei Milliarden Menschen in abgelegenen ländlichen Gebieten, haben aufgrund grosser Distanzen keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Wenn wir dies ändern, könnten wir jedes Jahr neun Millionen unnötige Todesfälle verhindern. In Liberia zum Beispiel, wo Last Mile Health seinen Anfang nahm, haben wir dazu beigetragen, dass mehr als 4000 kommunale Gesundheitshelferinnen und -helfer eingesetzt werden konnten. Das nationale Gesundheitsprogramm ist auf kommunaler Ebene nun vollständig ausgebaut und erreicht jede abgelegene Gemeinde des Landes.

Last Mile Health erreicht in Zusammenarbeit mit Regierungen und NROs inzwischen jedes Jahr rund 16 Millionen Menschen. Wie ist Ihnen das gelungen?

Als wir LGT VP zum ersten Mal trafen, unterstützte Last Mile Health etwa 40 kommunale Gesundheitshelferinnen und -helfer, die 15'000 Menschen versorgten. Das ist eine verschwindend geringe Zahl im Vergleich zum tatsächlichen Ausmass der sozialen Ungerechtigkeit und des mangelnden Zugangs zur Gesundheitsversorgung. Wir erkannten, dass wir unsere Erfahrung nicht nur für die Professionalisierung von Gesundheitshelferinnen und -helfern nutzen können, sondern auch, um Einfluss auf die Politik zu nehmen und die Gesundheitssysteme auf nationaler Ebene zu stärken.

Ein Mann und zwei Frauen sitzen vor einem Lehmhaus. Eine Frau hält ein Tablett und zeigt den anderen etwas darauf.
Gemäss Last Mile Health sollen bis 2028 in Äthiopien, Liberia, Malawi und Sierra Leone 20'000 Gesundheitsfachkräfte unterstütz werden, die ihrerseits mehr als 25 Millionen Menschen betreuen. © Last Mile Health

Die Ebola-Krise im Jahr 2014 war ein entscheidender Moment für uns. Wir hatten gerade damit begonnen, einige unserer Programme in Liberia zu replizieren, und halfen dabei, mehr als 1000 kommunale Gesundheitshelferinnen und -helfer und Gemeindemitglieder auszubilden, um das Virus zu erkennen, zu versorgen und lokale Ausbrüche einzudämmen. Während die Weltgesundheitsorganisation mit zwei Millionen Fällen und Hunderttausenden von Toten rechnete, wurde die positive Wirkung der Gemeindegesundheitshelferinnen und -helfer weltweit zunehmend anerkannt. Dies eröffnete uns die Möglichkeit, unsere Arbeit auszuweiten und zum Aufbau widerstandsfähigerer Gesundheitssysteme in Liberia und darüber hinaus beizutragen.

Wie wird die Geschichte von Last Mile Health weitergehen?

In Äthiopien, Liberia, Malawi und Sierra Leone sind wir auf dem besten Weg, bis 2028 rund 20'000 kommunale Gesundheitsfachkräfte zu unterstützen, die mehr als 25 Millionen Menschen betreuen, und so auch Erfahrungen für den Aufbau von Basisgesundheitssystemen auf der ganzen Welt zu gewinnen. Die Länder, in denen wir arbeiten, sind sehr unterschiedlich, aber alle haben sich politisch dazu verpflichtet, ihre kommunale Gesundheitsversorgung zu professionalisieren.

Wo Menschen leben, darf nicht darüber entscheiden, ob sie leben.

Wir freuen uns auch sehr über Africa Frontline First, ein Joint Venture, das wir gemeinsam mit der Financing Alliance for Health und der Community Health Impact Coalition gegründet haben. Über Africa Frontline First haben wir eng mit Finanzierungspartnern zusammengearbeitet, um mehr als 100 Millionen USD an multilateralen Finanzmitteln zu mobilisieren und wir haben damit starke kommunale Gesundheitsprogramme in 20 Ländern in Subsahara-Afrika unterstützt.

Ein Kind sitzt auf dem Schoss einer Frau. Eine andere Frau mit Handschuhen kauert vor ihnen und behandelt die Hand des Kindes.
Schätzungsweise 84 % des Gesundheitspersonals in Afrika sind derzeit unbezahlt - was sich dringend ändern muss, so Lisha McCormick, CEO von Last Mile Health. © Last Mile Health

Wie Sie wissen, will LGT VP mehr sein als nur ein Geldgeber - wir wollen auch auf anderen Ebenen einen Mehrwert schaffen. Wie hat sich die Zusammenarbeit zwischen Last Mile Health und uns bewährt?

LGT VP ist für uns ein verlässlicher Partner, der seinen Geschäftssinn und sein strategisches Know-how mit uns teilt uns eine mehrjährige, nicht zweckgebundene Finanzierung bereitstellt. Zu Beginn unserer Gespräche war Last Mile Health eine bescheidene Organisation mit grossen Ambitionen. Sie haben uns entscheidend dabei unterstützt, darüber nachzudenken, wie wir am effektivsten arbeiten können. Und wenn ich eine schwierige strategische Frage oder Herausforderung hatte, waren Sie oft einer der meiner ersten Ansprechpartner.

Philanthropisches Engagement

Partnering locally to build resilient communities and healthy ecosystems

LGT Venture Philanthropy ist eine 2007 gegründete unabhängige gemeinnützige Stiftung mit Teams in der Schweiz, in Afrika südlich der Sahara und in Indien. Die Stiftung ist bestrebt, die Lebensqualität benachteiligter Menschen zu verbessern, zu gesunden Ökosystemen beizutragen und widerstandsfähige, integrative und prosperierende Gemeinschaften aufzubauen. LGT VP konzentriert sich auf die Stärkung der Fähigkeiten von lokal verwurzelten Organisationen, die effektive, skalierbare Lösungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Umwelt anbieten und damit direkt zu den SDGs beitragen.

Was muss noch geschehen, um die Gesundheitsversorgung zu verändern?

Eine Person mit blauen Handschuhen nimmt einem Kind Blut aus der Fingerkuppe ab. Es sitzt auf dem Schoss einer anderen Person.
Weil viele Menschen in abgelegenen Gebieten leben und keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben, bringt Last Mile Health die Versorgung zu den Menschen. © Last Mile Health

Geschätzte 84 % der Gesundheitshelferinnen und -helfer in Afrika arbeiten derzeit unbezahlt. Das muss sich ändern. Wir müssen die Zahl der professionellen Gesundheitsfachkräfte im öffentlichen Sektor erhöhen. Sie können nur erfolgreich sein, wenn sie die nötigen Fähigkeiten haben, ausserdem bezahlt, supervisorisch unterstützt und mit dem nötigen Material ausgestattet werden.

Darüber hinaus muss der philanthropische Sektor eng mit Regierungen und Umsetzungsorganisationen wie Last Mile Health zusammenarbeiten und von der reaktiven Krisenunterstützung zum Aufbau nachhaltiger Partnerschaften mit Gemeinden und Sozialunternehmen übergehen. 

Und schliesslich brauchen wir Organisationen, die sich für die Gesundheit der Bevölkerung einsetzen, die sozialen Einflussfaktoren berücksichtigen und das Gesundheitspersonal in den Gemeinden in den Mittelpunkt der Planung und Entwicklung stellen.

LGT Venture Philanthropy teilt ihren Geschäftssinn und ihr strategisches Know-how mit uns.

Lisha, was bereitet Ihnen schlaflose Nächte?

Wir haben gerade eine weltweite Pandemie überstanden, aber ich bin mir nicht sicher, dass wir die richtigen Lehren daraus gezogen haben und ob wir bei der nächsten Pandemie besser aufgestellt sein werden. Ich hoffe, die politischen Entscheidungsträger ihre Zusagen einhalten und in die medizinische Grundversorgung investieren.

Darüber hinaus brauchen Organisationen wie Last Mile Health philanthropisches und privates Kapital, das es uns ermöglicht, ein gewisses Mass an Autonomie zu bewahren, weiterhin innovativ zu sein und die Regierungen zu ermutigen, ihren Ehrgeiz zu steigern und das zu unterstützen, was funktioniert.

Und was erhoffen Sie sich für die Zukunft?

Dass es überall und für jede und jeden eine Gesundheitshelferin oder einen Gesundheitshelfer in Reichweite gibt.

Eine Frau umarmt eine andere Person, beide lachen. Drei Männer lachen hinter ihnen. Sie stehen in einer kargen Umgebung.
Der philanthropische Sektor muss sich nach Ansicht von Lisha McCormick von der reaktiven Krisenunterstützung zum Aufbau nachhaltiger Partnerschaften verlagern. © Last Mile Health

Last Mile Health (LMH)

Expanding the reach of critical healthcare in remote locations

Die 2007 in Liberia gegründete Nichtregierungsorganisation hat es sich zum Ziel gesetzt, in jeder unterversorgten Gemeinde, unabhängig davon, wie abgelegen oder schwer zugänglich sie ist, einen leistungsfähigen Gesundheitshelfer einzusetzen. LMH rekrutiert, schult, bezahlt und beaufsichtigt Dorfgesundheitshelferinnen und -helfer, die für eine umfassende häusliche Pflege ausgerüstet sind. Diese ausgebildeten Gemeindegesundheitshelfer erweisen sich als besonders hilfreich bei der Diagnose und Behandlung von 75 % der häufigsten und vermeidbaren Todesursachen in ländlichen Dörfern.

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