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Beruhen Ihre Investitionsentscheidungen auf Mathematik - oder auf sozialem Druck, Psychologie, Weltanschauung und Stolz? Das neue Buch von Morgan Housel gibt inspirierende Antworten.
Wer das neue Buch von Morgan Housel auf der Suche nach praktischen Anlagetipps in die Hand nimmt, wird enttäuscht. Konkrete Anleitungen offeriert der amerikanische Schriftsteller und Risikokapitalgeber in "The Psychology of Money. Timeless lessons on wealth, greed, and happiness" nicht. Stattdessen bietet Housel so viel mehr: eine fesselnde, unterhaltsame Abhandlung darüber, was wirklich hinter Investmenterfolg steckt.
Housel ist ein begnadeter Geschichtenerzähler und flicht gekonnt Dutzende von Geschichten und Anekdoten in sein Buch ein, von denen jede für sich gelesen werden kann. All seine Geschichten sind lebendig und inspirierend und offenbaren, wie Verhalten und Emotionen die Investoren und Titanen der Industrie viel stärker leiten als Fachwissen oder kalte Rationalität.
"Ein Genie, das die Kontrolle über seine Emotionen verliert, kann finanziell zum Desaster werden", schreibt Housel. "Auch das Gegenteil ist der Fall. Gewöhnliche Leute ohne finanzielle Ausbildung können wohlhabend sein, wenn sie über eine Handvoll Verhaltensweisen verfügen, die nichts mit landläufiger Intelligenz zu tun haben."
Housel begann 2008 über Finanzen zu schreiben, als die Finanzkrise die Welt erschütterte. Wie er erklärt, war die Suche nach der Ursache der Krise nicht wie die Suche nach der Schwachstelle in einer eingestürzten Brücke: Es ging um Psychologie und Geschichte. Ein 2018 geschriebener Bericht, in dem er die 20 grössten Fehler und Vorurteile hinter schlechtem Finanzverhalten auflistete, wurde zur Grundlage für sein neues Buch.
Jedes Kapitel widmet sich einem Thema. Housel beginnt damit, dass er erklärt, warum niemand einfach verrückt ist, selbst wenn einige Mitmenschen verrückte Dinge mit ihrem Geld anstellen. Wir werden alle von den Werten, der Politik und der Wirtschaft der Gemeinschaften geprägt, in denen wir aufgewachsen sind. Wir konsultieren nicht nur Grafiken, Tabellen und Zahlen, wenn wir finanzielle Entscheidungen treffen, sondern ein Geflecht aus gesellschaftlichen und sozialen Zwängen, die sich aus Weltanschauungen, persönlicher Geschichte und Stolz zusammensetzen.
Diese Beobachtung führt zu einer Diskussion über die unberechenbare Natur von Glück und Risiko. "Die Grenze zwischen 'inspirierend kühn' und 'töricht leichtsinnig' kann millimeterdünn sein und nur rückblickend sichtbar werden", schreibt Housel, nachdem er die schieren Glücksmomente untersucht hat, welche die Weichen stellten für den Aufstieg von Wirtschaftsgiganten wie Bill Gates, der das Glück hatte, 1968 auf eine der wenigen amerikanischen Highschools mit Computern zu gehen.
Aber was die Wohlhabenden unabhängig von ihrem Hintergrund und ihrem Glück mehr als alles andere dazu bringt, verrückte Entscheidungen zu treffen, so Housel, ist ihr Credo: Viel ist nie genug.
Hier erfahren wir von Rajat Gupta, einem verwaisten, mittellosen Mann aus Indien, der später CEO von McKinsey wurde und ein persönliches Vermögen von mehr als 100 Millionen US Dollar anhäufte. Doch in seinem Streben nach noch mehr Geld, noch mehr Prestige – noch mehr Distanz von seiner ärmlichen Herkunft – riskierte Gupta alles. Und ging wegen Insiderhandels ins Gefängnis.
Housel streicht jeodch nicht alle Ratschläge. Er gibt sie in mundgerechten Häppchen weiter, auch im Kapitel "Never enough". Behalten Sie im Auge, wonach Sie streben, rät er: "Es wird gefährlich, wenn der Geschmack, mehr zu haben, den Ehrgeiz schneller steigert als die Zufriedenheit."
Wenn einige von Housels Weisheiten offensichtlich klingen, so ist das meiner Meinung nach Absicht. Indem er viel von der Mathematik und dem Mysteriösen wegnimmt, die unseren Blick auf das Streben nach Geld vernebeln können, liefert er überzeugende und doch grundlegende Lektionen, die sich auf unsere Entscheidungen und unser Verhalten in vielen Bereichen des Lebens anwenden lassen.
Wie jedem Anfängerbei seinem ersten Treffen mit einem Finanzberater gesagt wird: "It’s not timing the market, it’s time in the market." – in etwa: Es kommt nicht drauf an, wann man an der Börse einsteigt, sondern wie lange man investiert bleibt. Housel verwendet den Fall von Warren Buffett, um zu demonstrieren, wie der Markt Geduld belohnt. Er weist darauf hin, dass Buffett, der jetzt 90 Jahre alt und 84,5 Milliarden US Dollar schwer ist, 84,2 Milliarden Dollar nach seinem 50. Geburtstag anhäufte.
Der Schlüssel zu Buffetts Erfolg ist nicht Talent (obwohl er es natürlich hat), sondern Zeit. Er begann in seinen Teenagerjahren und hat bis in sein hohes Alter weitergemacht. "Es gibt Bücher über Konjunkturzyklen und Handelsstrategien", schreibt Housel in seiner Kritik der "schnelles Geld Mentalität" weniger eifriger Investoren. "Aber das einflussreichste und wichtigste Buch sollte schlicht "Shut Up And Wait" heissen. Es wäre nur eine Seite mit einer Langzeitgrafik des Wirtschaftswachstums."
Housel selbst schreibt kurz prägnant, wenn auch nicht ganz so kurz; sein Buch umfasst weniger als 250 Seiten. Aber als Investition bietet es eine gute Rendite – es ist ein aufschlussreiches, lebendiges, gross angelegtes Nachsinnen über Geld und Emotionen.
Das Buch endet mit einer Analyse der Psychologie von Housels eigenen Finanzen. Nach den Beispielen der Buffets und Zuckerbergs dieser Welt sind die eigenen Geld-Memoiren des Autors erfrischend alltäglich – und vielleicht gerade deshalb inspirierender. Sein Ziel war immer die finanzielle Unabhängigkeit und nicht der Reichtum. Und eine Zufriedenheit mit bescheiden wachsendem Wohlstand – und ein schönes, aber einfaches Leben – hat dem Sparen gutgetan.
Doch selbst Housel widersetzt sich rationalen Ratschlägen und finanzieller Orthodoxie, indem er zum Beispiel einen grossen Teil seiner Ersparnisse in bar hält, was er als "den Sauerstoff der Unabhängigkeit" betrachtet. Er spart nicht für ein schickes Auto oder ein grösseres Haus – sondern für die unerwarteten Ausgaben, die in jeder Familie irgendwann einmal anfallen. Das Wichtigste ist, den Verkauf von Aktien und die Unterbrechung des sich aufbauenden Vermögens zu vermeiden.
Vor allem aber, schreibt Housel, verwaltet er seine Finanzen in Hinblick auf die Nächte. Wie er in einer Liste von universellen Empfehlungen gegen Ende seines Buches sagt: "Verwalten Sie Ihr Geld so, dass Sie nachts gut schlafen können... Manche Menschen werden nicht gut schlafen, wenn sie nicht die höchst möglichen Renditen erzielen; andere werden nur dann gut schlafen, wenn sie konservativ investiert sind. Jedem das Seine." Dieses Buch auf dem Nachttisch zu haben, kann auch helfen.
Morgan Housel war ein Speaker am letzten Alumni Event der LGT Next Generation Academy (NGA). Die NGA bietet jungen Unternehmern und Investoren die Möglichkeit, ihr Wissen über Finanzen und Vermögensverwaltung zu festigen. Ausserdem ist die Academy eine Plattform für den internationalen Austausch und bietet inspirierende Vorträge und Workshops rund um die Themen Unternehmertum und Innovation.
Die Research-Publikationen der LGT zu internationalen Finanzmärkten, Branchen und Unternehmen helfen Ihnen, fundierte Anlageentscheidungen zu treffen. Mehr Informationen finden Sie hier.