- Home
-
Private Banking
-
Market View & Insights
Warum Greenwashing noch immer aktuell ist, aber ein Ende in Sicht sein könnte. Die Geschichte eines Begriffs, der seit den 1980ern die Welt beschäftigt.
1983 war der junge Umweltschützer Jay Westerveld auf Forschungsreise, als er auf den Fidschi-Inseln einen Zwischenstopp einlegte. Er übernachtete in einem kleinen, einfachen Gästehaus. Auf der Suche nach einem Handtuch besuchte er das weitläufige Luxusstrandresort nebenan.
Westerveld fielen kleine Karten auf, die das Resort in den Bädern ausgelegt hatte. Darauf stand die inzwischen weitbekannte Aufforderung an die Besucher der Fidschi-Inseln, ihre gebrauchten Handtücher wiederzuverwenden - dem empfindlichen Ökosystem und den Korallenriffen der Insel zuliebe, um die sich das Resort nach eigenen Angaben sehr sorgte.
Was das Resort verschwieg, war, dass weniger Wäsche auch Kosten spart und die Gewinne erhöht. Gewinne, die das Hotel wiederum für Tonnen von Beton ausgab, mit denen es neue Bungalows an einem erstklassigen Küstenabschnitt bauen wollte, nur wenige Meter von den gefährdeten Riffen entfernt.
Westerveld erinnerte sich an die irreführenden Karten in den Bädern, als er 1986 an einem akademischen Artikel arbeitete. Er benutzte das Beispiel, um die Praxis von immer mehr Unternehmen zu illustrieren, die ihre Marketingmassnahmen einsetzten, um ihre "nachhaltigen" Projekte anzupreisen - Projekte mit wenig oder gar keiner wirklichen Auswirkung, die in Wirklichkeit dazu gedacht waren, den Profit zu steigern und von weniger nachhaltigen Praktiken abzulenken.
Westerveld war der Meinung, dass eine solche Täuschung nicht unbemerkt bleiben würde. "Es wird alles im Greenwash herauskommen", war er überzeugt. Das neue Wort "Greenwashing", das wie "Schönfärberei" klang, setzte sich schnell durch. Und es ist wahrscheinlich auch ein Armutszeugnis für den langsamen Fortschritt bei der Bekämpfung des Klimawandels, dass es auch 35 Jahre später topaktuell ist.
Aber was bedeutet Greenwashing heute, und was wird dagegen getan?
Die Hotelbranche mag den Begriff geprägt haben, aber in den 1980er Jahren gab es grössere Umweltsünder. Der Ölgigant Chevron hatte gerade eine preisgekrönte, mehrere Millionen Dollar teure Werbekampagne in Auftrag gegeben, die unter Umweltschützern immer noch das Paradebeispiel für Greenwashing ist.
Die Werbespots zeigten Chevron-Mitarbeiter, die Bären und Schmetterlinge schützten. Doch das Unternehmen gab weit mehr für die Bewerbung der Projekte aus als für die Arbeit selbst. Gleichzeitig unternahm die Firma nichts, um die Auswirkungen ihrer Haupttätigkeit zu reduzieren.
Seitdem wurde "Greenwashing" für immer mehr Unternehmen verwendet, darunter Fluggesellschaften, Autohersteller, Supermärkte, Fast-Food-Ketten, Pharmariesen und Konsumgüterhersteller.
"Greenwashing ist heute jedoch schwieriger geworden", sagt Baiyun Chen, Spezialistin für nachhaltiges Investieren bei der LGT in Zürich. "Früher konnte man behaupten, dass ein Produkt "bio" sei, es mit gutem Marketing bewerben und erfolgreich an die Leute bringen. Aber heute sind sich Konsumenten bewusster, was sich hinter Behauptungen verbergen kann, und wollen wissen, wie ein Unternehmen über die Fakten und Zahlen seiner Arbeit berichtet."
Der Aufstieg der ESG-Ratings - unter dem Begriff ESG (Environmental, Social, and Corporate Governance) werden mittlerweile auch soziale und ökologische Auswirkungen von Firmen miteinbezogen - hat dazu beigetragen, dass Unternehmen für interessierte und konsumbewusste Kunden transparenter werden. Dies, obwohl die Ratings aufgrund einer Vielzahl von Kriterien und Gremien manchmal noch verwirrend und oft uneinheitlich sind. Anleger und Konsumenten können heute die Leistung und die Nachhaltigkeitsnachweise eines Unternehmens oder Fonds genau unter die Lupe nehmen.
Gleichzeitig sind Reputationsschäden und finanzielle Kosten für Unternehmen, die wegen schlechter oder irreführender Praktiken öffentlich blossgestellt werden, so hoch wie nie zuvor. "Ich beobachte, dass die Kosten für Greenwashing heute viel höher sind, und es ist auch schwieriger, es zu verbergen", fügt Chen hinzu. "Sobald die Wahrheit ans Licht kommt, können die Konsequenzen brutal sein."
Chen hat zweifelsfrei Recht, dennoch besteht das Problem weiter. Und auch weil ESG-Ratings nach wie vor komplex und relativ schwach reguliert sind, gibt es Bedenken, dass sie Greenwashing sogar eher erleichtern als bekämpfen.
Im Februar dieses Jahres stellte ein Bericht fest, dass die überwältigende Mehrheit der 250 grössten Unternehmen, die an der Londoner Börse notiert sind, "bedauerlicherweise unzureichend" sind - und zwar bei der Erfüllung der neuen gesetzlichen Pflichten in Grossbritannien, über die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Geschäftsaktivitäten und -modelle zu berichten.
Nur wenige Tage zuvor hatte eine Umfrage in Grossbritannien - Teil einer Untersuchung der Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (Competition and Markets Authority) zum Thema Greenwashing - ergeben, dass 40% von 500 Unternehmenswebsites, die Nachhaltigkeitsaussagen über ihre Produkte machten, diese übertrieben oder gar nicht belegt hatten.
Kritische Kunden sind sich dessen bewusst. Als die HSBC, Europas grösste Bank, öffentlich versprach, klimaneutral zu werden, liess die Reaktion nicht lange auf sich warten. Im Januar unterstützte eine Gruppe von 16 globalen Investoren mit einem Wert von 2,4 Billionen US Dollar eine Resolution, die HSBC dazu verpflichten wird, zu erklären, wie sie ihre milliardenschwere Finanzierung von fossilen Brennstoffen reduzieren wird. Die Bank ist bei weitem nicht die einzige, die diese Art von Drahtseilakt auf dem langen, schwierigen Weg zur Klimaneutralität vollführt.
Letztes Jahr stellte die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde in Frage, ob ESG-Ratings Unternehmen wirklich zur Verantwortung ziehen könnten. "Ihre Uneinheitlichkeit und der Mangel an klar definierten Methoden, die diesen Bewertungsmechanismen zugrunde liegen, haben zur Folge, dass Investoren nachhaltige Anlagen nicht effektiv vergleichen können. Damit vergrössert sich das Risiko des Greenwashings", sagte Steven Maijoor, Vorsitzender der Behörde, auf einer Konferenz in Dublin.
Es wird immer Firmen aus allen Branchen geben, die nach Wegen suchen, um sich der Verantwortung zu entziehen, statt zu einer besseren Zukunft beizutragen. Chen ist jedoch hoffnungsvoll, denn die zunehmende Standardisierung der Ratings - woran noch immer gearbeitet wird - werde die Ausnutzung des Systems einschränken. Aber was ihrer Meinung nach die Geschäftspläne langfristig und grundlegend verändern wird, sei nicht das moralische Argument zu mehr Nachhaltigkeit. Sondern die Erkenntnis des Managements, dass sie die wirtschaftlichen Vorteile der Nachhaltigkeit nicht ignorieren können.
Chen verweist auf eine aktuelle Investmentstudie des amerikanischen Finanzforschungsunternehmens Morningstar. Diese analysierte die Performance nachhaltiger Fonds über zehn Jahre und verglich sie mit der Performance traditioneller Fonds über den gleichen Zeitraum. Dabei wurde festgestellt, dass die Mehrheit der nachhaltigen Fonds besser abgeschnitten hat. "Es ist inzwischen bewiesen, dass nachhaltiges Handeln einen finanziellen Mehrwert bringt", sagt Chen.
In dieser vorsichtig optimistischen Zukunft werden nackte Gewinne die Unternehmen dazu bringen, wirklich nachhaltig zu werden, selbst wenn staatliche Ziele und moralische Argumente nicht ausreichen. Wenn - oder falls - das passiert, wird Greenwashing unnötig, Marketing ehrlich - und ein Begriff, der traurigerweise 35 Jahre lang aktuell war, kann endlich in die Geschichtsbücher verbannt werden.
Die LGT hat sich dem Thema Nachhaltigkeit bereits früh verschrieben. Langfristiges und nachhaltiges Denken und Handeln gehören seit jeher zu den wichtigsten Kernelementen des Unternehmens. Bereits seit vielen Jahren arbeitet die LGT deshalb daran, ihr nachhaltiges Engagement sowohl im Betrieb als auch im Kerngeschäft, dem Private Banking und Asset Management, noch zu verstärken. Der LGT ist wichtig, dass ihre Geschäftstätigkeit einen positiven Beitrag für Umwelt und Gesellschaft liefert. Wie sie das konkret erreicht, erfahren Sie hier.