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Unternehmertum

Lehren aus der Geschichte: Über die Langlebigkeit von Unternehmen

Erfolgreiche Familienunternehmen zeigen, dass der Schlüssel zu Langlebigkeit nicht in Grösse oder schnellem Wachstum liegt, sondern im Bekenntnis zu Qualität, Anpassungsfähigkeit und Familienwerten.

Datum
Autor
Jukka Väänänen, Gastautor
Lesezeit
5 Minuten

Ein älterer Mann mit Schürze sitzt auf einem Stuhl vor einem alten Lebensmittelgeschäft, neben ihm ein Kind auf einer Kiste.
Betrachtet man die fünf ältesten Unternehmen Europas, so fällt auf, dass sie nur zwei Branchen repräsentieren: Geld und Nahrungsmittel. Aber ist der Sektor das Geheimnis der Langlebigkeit von Unternehmen? © akg-images/ClassicStock

Die Lebenserwartung von Unternehmen ist nicht mehr das, was sie einmal war. Der S&P 500 Index umfasst die 500 grössten, börsenotierten Unternehmen in den USA, und laut einer Studie von McKinsey and Company betrug die durchschnittliche Lebensdauer eines im S&P 500 gelisteten Unternehmens im Jahr 1958 61 Jahre. Heute sind es weniger als 18 Jahre.

Warum ist das so? Es gibt viele mögliche Erklärungen, eine davon ist, dass Grösse der Langlebigkeit eines Unternehmens abträglich sein kann. Mit einer "Wachstum um jeden Preis"-Mentalität und einer Unternehmenskultur, die die Rendite der Aktionäre über alles andere stellt, laufen Unternehmen Gefahr, sich selbst zu ruinieren.

Das älteste Unternehmen der Welt kommt aus Japan

Um zu verstehen, was Unternehmen über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte am Leben erhält, ist es hilfreich, über die heutigen Unternehmensgiganten hinauszublicken und die ältesten noch aktiven Unternehmen der Welt zu erkunden.

Hier sticht Japan hervor, wo eine Studie der Bank of Korea ergab, dass mehr als 50'000 aktive Unternehmen vor mehr als 100 Jahren gegründet wurden und 89% von ihnen weniger als 300 Beschäftigte haben. Es überrascht daher nicht, dass das älteste noch existierende Unternehmen der Welt ein japanisches Bauunternehmen ist: Kongō Gumi, das 578 n. Chr. für den Bau eines buddhistischen Tempels gegründet wurde. Das Unternehmen baut, repariert und wartet auch heute noch buddhistische Tempel.

Ein altes Sepia-Foto zeigt eine Gruppe asiatischer Männer mit zwei kleinen Kindern vor einem Gebäude mit asiatischem Dach
Das älteste noch existierende Unternehmen der Welt ist eine japanische Baufirma, die 578 n. Chr. für den Bau eines buddhistischen Tempels gegründet wurde. © Wikipedia

Die fünf ältesten Unternehmen in Europa

Wenn wir unseren Blick auf Europa richten, sehen wir ein ähnliches Bild: Kleine Unternehmen halten sich am längsten. Die fünf ältesten Unternehmen Europas sind:

St. Peter Stiftskulinarium, Österreich

Eine Frau und ein Mann in Daunenjacken sitzen in einem Restaurant in einer Art Scheune. Sie wirken glücklich und vertraut.
© St. Peter Stiftskulinarium/Anja Koppitsch Photography

Das St. Peter Stiftskulinarium in Salzburg ist Europas ältestes Restaurant mit über 1200 Jahren Geschichte. Erstmals 803 erwähnt, diente es zunächst als Klosterkeller. Im 11. Jahrhundert wurde es zum Zentrum des Weinhandels, bevor es sich ab 1527 unter Abt Chillian Pitricher allmählich zur Gaststätte entwickelte. Anfang des 20. Jahrhunderts modernisierte Abt Willibald Hauthaler die Räume. Einige Quellen behaupten sogar Faust soll einst hier genächtigt haben.

Weingut Staffelter Hof, Deutschland

Eine buntgemischte Gruppe Menschen sitzt auf einer Mauer vor einem sonnigen Weinberg.
© Staffelter Hof/Arne Binner

Das Weingut Staffelter Hof in Kröv an der Mosel ist eines der ältesten Unternehmen weltweit. Ursprünglich gehörte es zur Abtei Stablo-Malmedy und wurde erstmals 862 erwähnt, als König Lothar II. dem Kloster Land und Weinberge schenkte. Über Jahrhunderte hinweg belieferte das Weingut die Abtei mit Wein und transportierte ihn über 140 Kilometer in die Ardennen. Nach der Säkularisierung im Jahr 1803 wurde das Anwesen privatisiert. Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts wurde das Anwesen wiederholt unter den Erben aufgeteilt, wodurch sich die Grösse der Weinberge bis 1949 auf 0,3 Hektar verringerte. Durch Erweiterungsmassnahmen wurde das Weingut wiederhergestellt, bis 2012 war der Weinberg auf neun Hektar angewachsen, und 2014 stellte der Staffelter Hof vollständig auf biologischen Weinbau um.

Monnaie de Paris, Frankreich

Durch einen steinernen Torbogen blickt man auf einen Innenhof mit einem historischen Gebäude am Kopfende
© Monnaie de Paris, Micha Henrotte H&K

Die Monnaie de Paris wurde 864 von Karl II. durch das Edikt von Pîtres gegründet. Sie wurde zur wichtigsten Münzprägeanstalt des Königreichs Frankreich und festigte die königliche Kontrolle über die Währungsproduktion. Im Mittelalter gab es in ganz Frankreich mehrere Münzprägeanstalten, deren Zahl jedoch aufgrund wirtschaftlicher und politischer Veränderungen schwankte. Unter Ludwig XIV. wurde im späten 17. Jahrhundert die Münzprägung standardisiert, was durch die Schraubenpressentechnologie unterstützt wurde. 1870 gab es nur noch drei Münzprägeanstalten, und seit 1878 ist Monnaie de Paris die einzige aktive Münzprägeanstalt. 1973 wurde die Pessac-Einrichtung gegründet, um die Währungsproduktion zu modernisieren, sodass sich der Pariser Standort auf Medaillen, Sammlermünzen und Kunstgegenstände konzentrieren konnte.

The Royal Mint, Vereinigtes Königreich

A black and white photo shows a worker operating a mechanical press that is minting a coin.
© The Royal Mint Museum www.theroyalmintmuseum.org.uk

Die Royal Mint, gegründet 886 n. Chr., ist der offizielle Münzhersteller des Vereinigten Königreichs. Sie war über 500 Jahre lang im Tower of London untergebracht und zentralisierte die Münzproduktion unter Alfred dem Grossen. Im Laufe der Jahrhunderte passte sie sich an wirtschaftliche und technologische Veränderungen an und stellte die Zuverlässigkeit der britischen Währung sicher. 1968 zog die Münzprägeanstalt zur Unterstützung der Umstellung auf das Dezimalsystem in eine hochmoderne Anlage in Llantrisant, Wales, um, wo sie weiterhin Münzen für den britischen und internationale Märkte prägt. Heute ist sie ein staatliches Unternehmen, das über die Währung hinaus expandiert hat und Goldbarren, Gedenkmünzen und Luxusartikel herstellt und dabei Handwerkskunst mit Innovation verbindet.

Sean's Bar, Irland

Zwei weisse Säulen flankieren den Eingang zu einem benzinfarbenen Haus, in dem sich eine Bar befindet
© Wikipedia/Sharonlflynn

Sean's Bar in Athlone, Irland, wurde um 900 n. Chr. vermutlich von einem lokalen Geschäftsmann namens Luain Mac Luighdeach in der Nähe einer wichtigen Furt des River Shannon gegründet, was zum Wachstum der Siedlung Áth Luain (heute Athlone) beitrug. Historische Berichte und eine detaillierte Aufzeichnung der Besitzverhältnisse belegen die antiken Ursprünge, doch architektonische und archäologische Studien deuten darauf hin, dass das heutige Gebäude aus dem 17. oder 18. Jahrhundert stammt und möglicherweise Materialien aus früheren Bauwerken enthält. Bei Renovierungsarbeiten im Jahr 1970 wurden Mauern aus Weidengeflecht aus dem 9. Jahrhundert entdeckt, zusammen mit alten Münzen, die für Tauschgeschäfte verwendet wurden und heute im Nationalmuseum und im Pub selbst ausgestellt sind.

Bei der Betrachtung dieser Liste fällt auf: Diese fünf Unternehmen repräsentieren nur zwei Sektoren: Münzwesen sowie Nahrungs- und Genussmittel. Sowohl die Royal Mint in England als auch die Monnaie de Paris sind Münzprägeanstalten, die Münzen und Banknoten herstellen und sich heute in Staatsbesitz befinden. Bei den anderen drei handelt es sich um ein Restaurant, ein Weingut und einen Irish Pub - alles Geschäftsmodelle, die weltweit erfolgreich nachgeahmt wurden.

Aus diesen Einzelbeispielen lassen sich jedoch nur wenige allgemeingültige oder nützliche Erkenntnisse über die Langlebigkeit von Unternehmen ableiten. Statt uns auf bestimmte Branchen zu konzentrieren, können wir mehr über die Langlebigkeit von Unternehmen lernen, wenn wir die Eigentümerstruktur analysieren. Hier kommen auch Familienunternehmen in den Blick, die über Generationen hinweg erfolgreich wirtschaftliche Abschwünge, gesellschaftliche Umbrüche und technologische Umwälzungen überstanden haben.

Die Geheimnisse erfolgreicher Familienunternehmen

Die Forschung zeigt, dass der gemeinsame Nenner erfolgreicher, langlebiger Familienunternehmen die Fähigkeit ist, sich anzupassen, innovativ zu sein und hohe Qualitätsstandards aufrechtzuerhalten, während sie gleichzeitig an starken Familienwerten festhalten und eine gesunde Unternehmenskultur fördern.

Um dies zu erreichen, ist eine Vision erforderlich, die langfristige Nachhaltigkeit über kurzfristige Gewinne stellt und es dem Unternehmen ermöglicht, in seine Infrastruktur und seine Mitarbeiter zu investieren. Darüber hinaus müssen jüngere Generationen gestärkt und einbezogen werden. Wenn die Mitglieder der nächsten Generation sich verantwortlich fühlen und über die entsprechenden Fähigkeiten verfügen, werden sie eher zum Erfolg und zum Fortbestand des Unternehmens beitragen.

Unternehmertum als Teil der DNA der LGT

Das Liechtensteiner Fürstenhaus als Eigentümerin der LGT hat über Jahrhunderte hinweg mit unternehmerischem Geschick Werte geschaffen und bewahrt. Erfahren Sie mehr über seine Geschichte und sein unternehmerisches Engagement.

Die Übertragung von Eigentum von einer Generation auf die nächste kann riskant sein, insbesondere wenn familiäre Bindungen Vorrang vor individuellen Fähigkeiten haben. So ergab eine Studie der Bank of Korea, dass Unternehmen in Japan, bei denen das Eigentum ausschliesslich auf der Grundlage familiärer Beziehungen, z. B. stets vom Vater auf den Sohn, übertragen wurde, eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit hatten. Umgekehrt waren Unternehmen, die professionelle CEOs aufgrund ihrer Verdienste und nicht aufgrund familiärer Beziehungen auswählten, tendenziell erfolgreicher und überlebten länger.

Avedis Zildjian - gegründet 1623

Ein Familienunternehmen, das noch heute existiert und ein Beispiel für Langlebigkeit, Anpassungsfähigkeit, Innovation und Erfolg ist, ist die Firma Avedis Zildjian. Es wurde 1623 in Konstantinopel (heute Istanbul, Türkei) gegründet und ist eines der ältesten noch existierenden Familienunternehmen der Welt.

Das Unternehmen wurde von einem armenischen Metallschmied und Alchimisten namens Avedis Zildjian gegründet, der eine einzigartige Methode zur Herstellung von Metalllegierungen und daraus hergestellten Blechen entdeckte, die beim Anschlag nicht zerbrachen, sondern Musik erzeugten. Die von Zildjian hergestellten Becken wurden im Osmanischen Reich unter Musikern berühmt und sogar am königlichen Hof geschätzt.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stieg die Nachfrage nach hochwertigen Becken in Orchestern und Militärkapellen, was die Einnahmen der Firma steigerte. 1929 zog Zildjian in die Vereinigten Staaten um, um in der wachsenden amerikanischen Musikszene nach neuen Absatzmöglichkeiten zu suchen. Jazz und Bigband-Musik wurden immer populärer, was zu einer gesteigerten Nachfrage nach hochwertigen Schlaginstrumenten führte.

Ein Schlagzeuger spielt auf einer dunklen Bühne ein grosses Schlagzeug. Im Vordergrund sieht man große Becken.
1623 von einem armenischen Metallschmied und Alchemisten gegründet, spielten hunderte von Jahren später Musiker wie Ringo Starr und Miles Davis auf dessen Zimbeln. © Zildjian/Robert Downs Photography 2024

Im Laufe des 20. Jahrhunderts, mit dem Aufkommen des Rock'n'Roll, erweiterte Zildjian seine Produktpalette und führte neue Designs ein, die den verschiedenen Stilen der sich entwickelnden Musiklandschaft entsprachen. Berühmte Schlagzeuger wie Ringo Starr von den Beatles trugen dazu bei, Zildjian als erste Beckenmarke für professionelle Musiker zu positionieren. Dieser Ruf hält bis heute an, denn Becken, Drumsticks und Mallets von Zildjian werden von einigen der besten Schlagzeuger und Perkussionisten der Welt verwendet.

Zildjian ist nach wie vor ein Familienunternehmen, heute mit Hauptsitz in Norwell, Massachusetts, und Niederlassungen in London und Singapur. Der Vorstand besteht weitgehend aus Frauen der 14. und 15. Generation der Familie Zildjian.

Anpassungsfähigkeit und Familienwerte begünstigen Langlebigkeit

Während in der Vergangenheit riesige Unternehmen über Jahrzehnte hinweg die Landschaft dominieren konnten, zeigt die kürzere Lebensdauer heutiger Unternehmen, dass Grösse und schnelles Wachstum nicht ausreichen, um Langlebigkeit oder gar Marktführerschaft zu garantieren.

Der anhaltende Erfolg von Familienunternehmen wie Zildjian zeigt, wie nachhaltige Beständigkeit gefördert werden kann. Offenbar ist eine Balance zwischen Tradition und Innovationsbereitschaft bei Familienunternehmen, der Schlüssel zur Langlebigkeit, da dies mit der Pflege einer Kultur einhergeht, die Qualität, Anpassungsfähigkeit, klare Familienwerte und eine zukunftsorientierte Vision für den Erfolg schätzt.

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